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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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Nach oben drücken, klick, das Ding springt einem in die Hand, unglaublich, dieses Teil ... Ein Geruch von modrigem Laub und Pilzen steigt ihm in die Nase. Den Revolver in der Hand, dringt er lautlos weiter in den Garten vor.
    Innerhalb weniger Sekunden hat er das Tor in dem zweiten Lattenzaun ausgemacht. Edouardo kauert sich hin und öffnet es mit unendlicher Vorsicht, damit die Angeln nicht quietschen. Er stellt fest, dass sie unlängst geölt worden sind.
    Ganz langsam, Zentimeter für Zentimeter schiebt er den Kopf durch die Öffnung. Die Vorstellung, dass sich jemand im toten Winkel hinter dem Tor verbergen könnte, behagt ihm gar nicht. Mit einem Satz springt er auf die andere Seite, der Lauf seiner Waffe fegt durch die Luft. Niemand.
 
    Der Schnauzbärtige ist jetzt sicher, dass sich keine Menschenseele an diesem Ort aufhält. Dennoch befiehlt ihm sein Berufsinstinkt, die Waffe im Anschlag zu halten und sich mit beispielhafter Vorsicht voranzubewegen - so als könnte jeden Augenblick eine Horde tanzender Derwische mit scharfen Säbeln aus der morschen Hütte stürzen. Eine moosbewachsene Hütte mitten auf diesem verwilderten Grundstück, halb verborgen unter den tiefen dürren Ästen. Früher war hier sicher ein zweiter Garten neben dem, den er gerade durchquert hat. Lianen winden sich um das Dach aus sonnenverbrannten Palmwedeln und ranken sich an einem Stamm empor. Edouardo hebt den Kopf und entdeckt die halb verrostete Antenne in dem Baum. Jene Antenne, deren Schimmer er vorhin von seinem Autodach aus wahrgenommen hat - aus neunundfünfzig Metern Entfernung. Ohne sich weiter um die Geräusche zu kümmern, schiebt er die Zweige zur Seite und öffnet behutsam die wurmstichige Tür, die nicht einmal richtig geschlossen ist. Sein Arm mit der Waffe schnellt ins Innere.
    »Hände hoch und rauskommen!«, ruft er der Ordnung halber.
    Wie erwartet erhält er keine Antwort. Er späht hinein, doch er sieht nicht viel. Er betritt die Hütte und stößt sich fast den Kopf an einer Sturmlampe, die unter der Decke hängt.
    Edouardo fühlt sich nicht sicher. Mit bebendem Schnauzbart und wachsamem Auge versucht er, eine mögliche Falle zu entdecken: eine Schnur, die mit einem Zünder verbunden ist, ein in labilem Gleichgewicht gehaltenes System, das jederzeit herunterfallen kann ... Edouardo zieht aus seiner Brusttasche eine Stablampe und richtet den Lichtstrahl vor sich. Er erblickt ein staubbedecktes, durchgesessenes Sofa, niedrige Bambusmöbel mit wackeligen Beinen und auf einem mit rissigem Wachstuch bespannten Regal ein Transistorradio mit einem Akku. Daneben Kopfhörer, ein Mikro, einen Verstärker und einen Lautsprecher, dessen eine Membran beschädigt ist. Über dem Radio hat eine gelb-rote Spinne ihr Netz gewoben, das jetzt leicht vibriert. Verfluchtes Viehs Vorsicht, vielleicht gibt es Skorpione in dieser alten Hütte. Oder Schlangen. Fass bloß nichts an. Schau, wo du deine Füße hinsetzt, Edouardo!
    An den Wänden hängen halb vergilbte Poster von indonesischen Rockgruppen. Eduardo schaltet seine Stablampe aus. Je mehr sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnen, umso mehr Details nimmt er wahr: in einer Ecke leere Sodaflaschen, einen Gaskocher, einen Stapel ausgeschnittener Comics ... Er befindet sich in einem Kinderversteck. Einer Abenteuerhütte. Er schiebt seine Waffe in den Holster zurück. Klick.
    Edouardo, der Meisterdetektiv, sieht zwischen zwei Kissen auf dem Sofa ein Stück blauen Stoff. Gerade will er ihn genauer inspizieren, doch da fällt sein Blick auf eine große Holzkiste mit einem schicken, nagelneuen Schloss, das ihn förmlich anzugrinsen scheint. Edouardo hält sich für äußerst scharfsinnig: Er zieht die Kiste aus der Hütte hinaus, nimmt ein kleines Instrument aus seiner Tasche und beugt sich über das Schloss. Binnen weniger Sekunden hat er es geöffnet.
    Akten. Die Kiste ist voller Ordner. Er durchblättert den ersten. Das Symbol einer roten vierflügeligen Schraube macht ihn neugierig.
 
    Der Mann mit dem Dreiteiler, der es sich auf der Rückbank bequem gemacht hat, hat seinen Hut abgelegt. Er hat sich leicht zur Seite gewendet und liest den Koran. Seine Lippen bewegen sich.
    Der Fahrer hebt einen Finger und erklärt: »Alles klar. Der Franzose ist im Haus.« Der Mann mit dem Dreiteiler schiebt ein Lesezeichen in die Seite des Buchs mit dem blauen Schnitt, legt es neben seine Waffe und stellt seinen Kopfhörer ein. Er lauscht kurz und sagt dann zu dem Fahrer:
    »Wenn es fertig ist,

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