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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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zeichnete sich um seinen Mund ab.
    »Seltsamerweise habe ich manchmal noch den Rhythmus der Marschmusik im Ohr, die die Alliierten spielten, als sie in mein verwüstetes Land einmarschierten. Später hätte ich Bomben produzieren können, Raketen, militärische Elektronik und was weiß ich noch. Die Takenushi Corporation besaß das nötige Know-how. Ich habe das immer abgelehnt ... Ich bin ein Anhänger des Pazifismus der Nachkriegszeit geblieben. Wir wollen so etwas nie wieder erleben. Ganz einfach.«
    Plötzlich veränderte sich sein Ton.
    »Bald beginnt mein einhundertzweites Lebensjahr ... Ich rechne also damit, demnächst in eine Welt zu wechseln, die gemeinhin als die bessere gilt. Meine Tage sind schon seit Langem gezählt. Zu lange. Zwei Söhne sind mir geblieben. Mein Ältester ist letztes Jahr im Alter von siebzig Jahren gestorben. Eine seltsame Erfahrung mitzuerleben, wie der eigene Sohn an Altersschwäche stirbt, das können Sie mir glauben. Und auch die beiden, die noch leben, sind alt. In jeder Hinsicht. Ich halte sie für Vollidioten. Aber ich habe eine Enkelin, Mitsuo, die mir sehr teuer ist. Ich tue all das für sie.«
    Sénéchal beugte sich zu dem schmächtigen Mann hinab, um ihn besser zu verstehen. Takenushi fuhr fort:
    »Ich habe schon lange begriffen, dass alles, was der Mensch seit jeher unternimmt, zur Zerstörung des Planeten führt, auf dem er lebt. Früher als andere habe ich gespürt, dass man vorausschauend für die nachfolgende Generation handeln muss. Man hinterlässt ihr nicht nur Geld oder Immobilien, sondern auch ein genetisches Erbe, das ich nach und nach aufgebaut habe, wie vor mir mein Onkel. Wussten Sie, dass die fünf Pflanzen, die auf unserem Planeten am meisten angebaut werden, Weizen, Reis, Mais, Kartoffeln und Gerste sind? Sie decken mehr als die Hälfte des weltweiten Nahrungsbedarfs ab. Sehen Sie sich noch einmal um ... Vielleicht ist irgendwo hier in diesem Gewächshaus die Pflanze der Zukunft, die Tausenden von Menschen Nahrung geben wird ...« Er lächelte melancholisch. »Sehen Sie, Monsieur Sénéchal, der Tod hat mir noch nicht gesagt, wann er mich holen kommt. Das hohe Alter ist etwas Eigenartiges, vergleichbar dem Extremsport ... Ich habe den Eindruck, dass sich nach und nach eine graue Decke über alles legt, und das ist erschreckend. Es macht mir Angst. Und darum habe ich all meine Angelegenheiten geregelt.«
    Sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzlichen Grimasse, obwohl er sichtbar um Fassung rang.
    »Kehren wir um, Monsieur Sénéchal, ja?« Er schniefte. »Ich hoffe, Sie wissen unseren Waldspaziergang gebührend zu würdigen. In weniger als fünfzig Jahren wird der Primärwald und ebenso eine Million existierender Arten von diesem Planeten verschwunden sein. Sie werden das vielleicht noch erleben, Monsieur Sénéchal. Ich habe das Glück, mich vorher verabschieden zu dürfen.«
 
    Der Rückweg gestaltete sich schwieriger als der Hinweg. Das Gehen kostete den Greis enorme Anstrengung, er atmete keuchend. Plötzlich, ohne dass er das geringste Zeichen gegeben hätte, kam einer der kleinen elektrischen Golfwagen über den Pfad geholpert. Der Fahrer half dem Greis, der mühsam einstieg. Sénéchal nahm auf der Rückbank Platz. Sie fuhren wieder zum Ausgangspunkt und hielten in einiger Entfernung von den Männern, die noch immer an den Tischen saßen. Es schien, als hätten sie sich keinen Millimeter vom Fleck gerührt.
    Mit einer müden Handbewegung schob Takenushi die getönte Brille auf die Stirn, setzte sie wieder auf und bedeutete dem Fahrer, dass er ihn nicht mehr brauchte. Mit einer Verbeugung entfernte sich der Mann.
    Der alte Japaner verschränkte die knorrigen Hände vor dem mageren Körper. Im Sitzen wirkte er noch zerbrechlicher, und die Knie zeichneten sich spitz unter der blauen Gärtnerhose ab.
    »Ohne Umschweife, wessen verdächtigen Sie mich, Monsieur Sénéchal?« Er sah dem Umweltinspektor fest in die Augen. »Ich nehme an, mein Verhalten erstaunt Sie. Sie finden mich vermutlich wenig ... japanisch. Die westliche Welt hat mich beeinflusst. Ich denke, bei Ihnen sagt man ...« Er überlegte angestrengt. »... ›Zur Sachekommen‹. Ist das korrekt?«
    Sénéchal ließ sich Zeit, ehe er antwortete:
    »Das ist völlig korrekt, Monsieur Takenushi. Ich werde übrigens genauso offen sein ... Ich weiß, dass Sie alles sammeln, was im Zusammenhang mit einem uralten Fisch steht, dem Quastenflosser.«
    »Ich war seit jeher von diesem vorsintflutlichen

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