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Fehler.«
»Welchen - seine Blähungen ausgenommen?«
»Seine Eingeweide enthalten ein starkes Gift, ein Nervengift namens Tetrodotoxin. Es ist fünfhundert mal wirksamer als Blausäure und hunderttausend mal stärker als Heroin - nur um dir einen Anhaltspunkt zu geben.«
»Verstehe. Daher findet man ihn auch nicht auf den Speisekarten von Restaurants, die japanischen ausgenommen.«
»Japanische?«
»Die Japaner haben Köche, die auf die Zubereitung von Kugelfischen spezialisiert sind. Sie bereiten diese Viecher für eingeweihte Gäste zu, nachdem sie die giftigen Organe entfernt haben. Wahre Künstler!«
»Es gibt nur ein einziges Gegengift, das von den Kanaken benutzt wird: eine Pflanze namens Duboisia.«
»Faszinierend. Und weiter?«
»Nun, dein Monsieur Mahakam wurde auf äußerst perfide Art vergiftet. Gewissermaßen mit einem Nessoshemd.«
»Womit? «
»Ich habe Spuren von Tetrodotoxin in Mahakams Schuhen und auf dem Bezug seines Stuhls gefunden. Es befand sich sicher auch an seiner Kleidung ...«
»Kannst du mir das etwas genauer erklären? In einfachen Worten?«
»Nessos war ein Kentaur, eine jener mythologischen Gestalten, halb Mensch, halb Pferd, der von Herakles getötet wurde, nachdem er versucht hatte, seine Frau Deianeira zu rauben. Im Sterben riet Nessos Deianeira, sein Blut aufzufangen, als ein unfehlbares Mittel, um die Treue ihres Gatten zu gewährleisten. Als Herakles sie betrügen wollte, bestrich sie sein Gewand mit dem Blut. Nachdem er es angelegt hatte, litt er so unerträgliche Qualen, dass er seinem Leben ein Ende setzte.«
»Bei Zeus! Gibt es eine Verbindung zwischen diesem Kentaur und den Chimären - ebenfalls mythologische Ungeheuer?«
»Ich weiß nicht. Warum?«
»Nur so ... Die Schuhe also ... Eine Vergiftung über die Haut. Scheiße!«
»Du sagst es. Ich habe meine Datenbank, die, wie du weißt, mehr als zweihundert Gifte und Gegengifte umfasst, ausführlich konsultiert. Ich habe die in dem Stoff gefundenen Moleküle mit denen in meinem Fundus verglichen. Natürlich ohne Erfolg, denn es handelt sich um ein eher ... exotisches Gift. Im Westen so gut wie unbekannt.«
»Gibt es in Indonesien Kugelfische?«
»Ja. Interessant ist, dass dieses Toxin langsam in den Organismus des armen Kerls eingedrungen ist - erst durch die Haut und dann jeden Tag etwas tiefer. Es gibt sicher Millionen Arten, einen Menschen auf wesentlich einfachere Art zu töten, doch diese besitzt den Vorzug äußerster Diskretion. Ich habe Erkundigungen eingezogen: Diese Methode ist keineswegs typisch für Indonesien.«
»Wenn Mahakam vergiftet worden ist und sein Arzt nichts bemerkt hat, dann war er doch wohl an dem Komplott beteiligt, was?«
»Durchaus möglich.«
»Wir müssen die Exhumierung von Mahakams Leiche beantragen.«
»Davon musst du die örtlichen Behörden überzeugen, und meiner Meinung nach ...«
»Diese Art der Tötung ist nicht typisch für Indonesien, sagst du, aber vielleicht für Japan? Einen Mann zu töten, der einen Fisch schützen will - den Quastenflosser -, und zwar mit dem Gift eines anderen Fisches, des Tetraodon ... Hm. Könnte man darin nicht eine Art symbolische Rache sehen? Immerhin hat Mahakam den japanischen Delegierten, diesen Saito, vor dem UNEP bloßgestellt.«
»Vielleicht.«
»Andere Überlegung ... Hat dieses Gift nur eine tödliche Wirkung?«
»In der Medizin wird Tetrodotoxin auch zur Behandlung des zentralen Nervensystems eingesetzt - unter größten Vorsichtsmaßnahmen, versteht sich ... Ich werde weiter in pharmakologischen und auch in ethnologischen Werken recherchieren, um herauszufinden, ob es bei Medizinmännern Anwendung findet. Oder in der Magie. Auf jeden Fall ist das Gift des Tetraodontidae, wenn es über die Haut in den Körper gelangt, im Gegensatz zum Nessoshemd schmerzlos. Bisweilen kann es unter bestimmten Bedingungen zu allergischen Reaktionen der Epidermis kommen.«
»Allerdings begreife ich nicht, warum Mahakam - schleichende Vergiftung hin oder her - offensichtlich durchgedreht ist, bevor er sich in die Tiefe stürzte. Könnte das eine Wirkung des Gifts gewesen sein?«
»Nein. Was seinen Wahnsinn betrifft, stehen wir vor einem Rätsel. Außer es handelt sich, sagen wir, um eine natürliche Veranlagung.«
»Erzähl mir doch bitte von den anderen Überraschungen, ja? Was hat es mit deinem Pto ... Ptomain auf sich?«
»Ptomain, mein lieber Inspektor, wird durch die Verwesung von Leichen freigesetzt. Bestimmte Ptomaine bezeichnet man
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