H2O
Himmel - »nach unten abgefeuert wurden. Eine davon war tief in die Erde gedrungen.«
Edouardo hebt den Kopf zu einem imaginären ersten Stock und betrachtet dann das Foto, das ihm der Hauptmann unter die Nase hält. Eine alte verblichene Aufnahme, die ein hübsches Haus mit Veranda, Säulen und Balkon im holländischen Stil zeigt. Vor der Tür stehen zwei Männer und eine Frau, die in die Sonne lachen. Es sind Weiße in altmodischer Kleidung.
»Wo haben Sie denn das aufgetrieben?«
»Ich habe die Ermittlungen der Polizei nachvollzogen ... Dabei bin ich auf den Enkel der Besitzer in Jakarta gestoßen. Eine holländische Familie. Wohlhabend. Der Großvater hat ihnen dieses alte Haus vererbt. Aber sie wollten es nicht und haben es verfallen lassen ... Ich habe nichts Besonderes oder Verdächtiges über sie herausgefunden.«
Hauptmann Thamnir legt den Zeigefinger auf das Foto, auf eine Stelle genau unterhalb des Balkons.
»Wir befinden uns hier. Die Schüsse wurden vom Balkon abgefeuert. Es waren mindestens zwei, das hat der junge Arbeiter ausgesagt, der die Motorradspuren entdeckt hat. In den Trümmern haben wir Reste von Medikamentenschachteln entdeckt und ein Fernsehgerät neueren Datums. Auf dem Hof fanden wir Werkzeuge und einen elektrischen Zerkleinerer, ein älteres Modell, und vor allem Maschinenreste, gefüllt mit brennbaren Substanzen.«
»Welcher Art?«
Der Hauptmann zögert. Dann antwortet er ausweichend:
»Unbestimmter Art.«
»Hm, denken Sie an eine Falle? Hat man den Arzt hergelockt, um ihn zu töten? Aber dieser Wellblechschuppen da ist auf dem Foto nicht zu sehen.«
»Der Polizei zufolge hat sich später ein Mann hier niedergelassen und eine kleine Werkstatt eingerichtet.«
Thamnir geht zu dem Schuppen und deutet durch ein Loch ins Dunkle, wo es noch nach Rauch riecht. Edouardo erkennt beschädigte Maschinen, Werkzeuge, verschmorte Elektrokabel, verrostetes Metall, das in der Asche liegt. Thamnir fährt fort:
»Er hat Lastwagen, Pflüge und die Werkzeuge der Bauern hier in der Gegend repariert. Vor einigen Monaten ist er gestorben.«
»Woran?«
»Er ist in einem Reisfeld ertrunken ... Angeblich.«
»Und niemand hat die Geräte aus seiner Werkstatt gestohlen?«
»Danach war der Ort verrufen. Aberglaube ...«
»Hat die Polizei die Motorradspuren entdeckt?«
»Nein, die Polizisten sind Dummköpfe. Einer der Arbeiter hat sie bemerkt. Ein junger Bursche. Er ist früh am nächsten Morgen zurückgekehrt. Sicher um zu sehen, ob es etwas abzustauben gab, das dem Feuer entgangen war. Er ist den Reifenspuren bis zu dem Tümpel im Wald gefolgt. Davon hat er der Polizei berichtet, doch die hat ihn nicht angehört.«
Edouardo lauscht in die plötzliche Stille hinein. Das Motorengeräusch ist verstummt. In der Ferne hört er Rufe. Dann klingelt Thamnirs Handy zweimal und verstummt ebenfalls.
Thamnir sieht Edouardo an. Dieser glaubt die Spur eines Lächelns auf dem Gesicht des Asiaten zu sehen. Doch Hushni Thamnir, Offizier des nationalen indonesischen Sicherheitsdienstes, bemerkt lediglich:
»Meine Leute haben etwas gefunden. Gehen wir.«
Als sie in den Wald vordringen - der Hauptmann voran -, steigt Edouardo ein intensiver Modergeruch in die Nase. Sie gehen um einen Armeelastwagen herum, dessen Reifen halb im Schlamm versunken sind. Auf dem Anhänger dahinter stehen ein Generator und mehrere Benzinkanister. Beinahe wäre er über einen Schlauch gestolpert, der sich zwischen den Bäumen hindurchschlängelt. Dann tritt er in eine grünliche Pfütze. Die warme Brühe dringt in seine Schuhe. Scheiße! Und Zu allem Überfluss gibt es hier Hunderte von Moskitos ... Warum musste Thamnir gerade diesen Weg wählen? Wie es hier stinkt ... Verfluchtes Land!
Ein Zweig, der sein Gesicht peitscht, reißt ihn aus seinen Gedanken. Gebückt muss er sich weiter durchs Unterholz zwängen, um dem Hauptmann zu folgen. Vor ihnen hört er Männerstimmen und ein metallisches Geräusch. Etwas wird, vermutlich mit Ketten, gezogen.
Sie erreichen eine Lichtung, wo sich Soldaten mit Gummistiefeln und Sicherheitshelmen an einem schlammigen Wasserloch zu schaffen machen. Die meisten halten in den behandschuhten Händen lange schlammverkrustete Metallstöcke. Der Geruch nach Moder und Fäulnis ist unerträglich. Nervöse Insekten surren durch die Luft. Am Ufer des Tümpels steht eine Pumpe, deren dreckiger Schlauch im stinkenden Wasser hängt. An der Oberfläche treiben tote Fische und Frösche. Überall liegen Schaufeln,
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