H2O
funktionieren wie ein plötzlicher, frischer Luftzug, und er reißt sich mühsam aus seinem Dämmerzustand. Die Baumstämme ... Sankaran hat etwas Unglaubliches getan. Jetzt fällt es ihm wieder ein. Angesichts der Stämme, die den Hang herabstürzten, hat er Vollgas gegeben. Er hat wütend den Gashebel durchgetreten und den Geländewagen im letzten Moment ins Unterholz gesteuert. Edouardo erinnert sich an den Schatten eines Stammes, der mit einem Satz quasi über sie hinweggeflogen ist. An die plötzliche Dunkelheit, die sie verschlungen hat, an die Bäume, gegen die sie geprallt sind, an das Auto, das sich überschlagen hat ... Mit einem Mal riecht es nach Benzin, etwas verschmort, die Klimaanlage ... Das ist ganz und gar nicht gut.
Er streckt den Arm in die Luft und sucht den Verschluss seines Sicherheitsgurts. Plötzlich ertönt eine Detonation im Wageninneren, ein so furchtbarer Krach, dass er um sein Trommelfell fürchtet. Er spürt ein Brennen im Nacken und erstarrt. Etwas fällt klirrend auf eine Metallfläche. Pulvergeruch breitet sich aus. Jemand hat im Innern des Wagens einen Schuss abgegeben. Glas splittert. Ein Geräusch, das sich wiederholt. Thamnir auf dem Rücksitz hat die Scheibe seiner Tür zerschossen, da sie vermutlich blockiert ist. Jetzt sprengt er mit wütenden Fußtritten die Reste heraus.
Edouardo streicht sich über den Nacken. Er ist beruhigt ... Es war nur die Patronenhülse aus dem Gewehr des Hauptmanns, die ihn gestreift und verbrannt hat. Er horcht: In der Ferne hat er das Knacken von Zweigen ausgemacht. Da kommt jemand. Ich muss verschwinden ... schnell!
Er wird nervös, findet aber schließlich den Verschluss des Sicherheitsgurts, befreit sich und fällt auf die Innenseite des verbeulten Dachs. Er sieht Sankaran, der kopfüber, von seinem Sicherheitsgurt am Sitz gehalten, in der Luft hängt. Sein Gesicht ist blutüberströmt, als würde er eine rote Maske tragen, die Knie sind unter das Lenkrad geklemmt, die Arme hängen schlaff herab. Das war nicht gerade das Schlauste, aber der Typ hat Mut bewiesen.
Edouardo streckt sich auf den Glassplittern aus und versucht das Handschuhfach zu öffnen, doch das Schloss ist verklemmt. Er hebt den Kopf, und sein Blick fällt auf die Automatikwaffe am Gürtel des Oberleutnants, der über ihm hängt. Eine .38 Spezial. Ihm nutzt sie nichts mehr ... Ungeschickt öffnet er den Riemen, der die schwere Pistole in dem verkehrt herum baumelnden Etui hält. Er packt sie, ehe sie herunterfallen kann. Dann gleitet seine freie Hand zu seinem Herzen. Sie umschließt den Kolben seiner Lieblingswaffe, die noch immer unverändert in ihrem Holster steckt. Er drückt: Klick!
Und schon kann es losgehen.
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Der Mann dreht sich zu der Kabine des Holztransporters um und greift nach einer der beiden Maschinenpistolen, die unter den Fahrersitz gerollt sind. Er hängt sie sich um und betätigt den Verschluss. Dann wirft er einen Blick auf das Funkgerät am Boden der Kabine, greift nach dem Hörer, zögert und überlegt es sich anders. Die beiden haben ihm gesagt, er solle in Deckung bleiben, aber in Deckung vor was? ... Der Coup ist misslungen, der »Unfall« danebengegangen. Diese Typen haben etwas völlig Irres gemacht ... Haben im Angesicht der Gefahr Gas gegeben ... Unglaublich!
Die Staubwolke hat sich verflüchtigt, und so sieht er jetzt die Verwüstung, die die hinunterrollenden Stämme angerichtet haben. Der Boden des Weges ist wie umgepflügt, Berge von Zweigen häufen sich darauf, überall liegen heruntergefallene Blätter am Boden. Einer der gewaltigen Stämme wurde zwischen zwei Bäumen eingekeilt und ragt in prekärem Gleichgewicht in den Himmel. Die anderen haben sich am Ende des Hangs zu einem gewaltigen Scheiterhaufen aufgetürmt und blockieren somit völlig den Pfad. Perfekt. Zumal die als Arbeiter verkleideten Burschen mit ihren Schildern schon eine ganze Weile am Zugang der Straße postiert sind. Dieser Weg endet nach tausend Metern in einer Sackgasse. Er hat seine Ruhe ... Er hat noch Zeit bis zum Einbruch der Nacht ... Plötzlich runzelt er die Stirn: Eben hat er im Wald den gedämpften Laut eines Schusses gehört. Mit gezogener Waffe rennt er los.
Er wird diese Schweine von hinten angreifen.
Thamnir hockt im Gestrüpp versteckt auf dem feuchten Boden. Mit beiden Händen hält er seine Desert Eagle .357, seine Augen sind auf das Korn des Laufes gerichtet. Langsam schwenkt er die Pistole. Er hat seine Brille verloren, seine Ohren
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