Habe ich dich schon mal geküsst?
nur seine engsten Freunde benutzten, kam ihr über die Lippen, als hätte sie sie schon Tausende von Malen ausgesprochen. Es klang so … richtig. Als hätte er es schon früher gehört oder sie vielleicht sogar dazu ermutigt, ihn so zu nennen.
Er rieb sich den Nacken und wandte den Blick ab. Warum konnte er sich nicht erinnern? Wenn er sich wirklich mit dieser Frau eingelassen und eine romantische Beziehung mit ihr gehabt hatte – von Liebe mochte er nicht sprechen –, warum hatte er sie dann aus seinem Gedächtnis verbannt?
Bryony schlüpfte aus ihren Schuhen und zog die Beine unter sich. Ihm fiel ein, dass er, wenn sie ein Paar wären, sich jetzt neben sie setzen und mit ihr … kuscheln würde.
Was ein weiterer Beweis dafür war, dass die Vorstellung, sich verliebt und vier Wochen mit einer Frau verbracht zu haben, einfach lächerlich war. Er verabredete sich. Manchmal hatte er sogar Beziehungen, aber nur zu seinen Bedingungen. Das bedeutete, dass keine der Frauen hier in sein Penthouse kam – dafür hatte er Hotels. Auf jeden Fall war er niemand, der mit einer Frau kuschelte.
Dann schaute er auf und begegnete Bryonys Blick. Sie sah müde und verletzlich aus, und das weckte Gefühle in ihm, mit denen er nicht vertraut war. Sie sah aus, als würde sie jemanden brauchen, der sie tröstete.
Verdammt.
„Rafe, er hat mir meine Handtasche geklaut.“
Er nickte. Die Polizei war ins Krankenhaus gekommen, um ihre Aussage aufzunehmen, aber es war unwahrscheinlich, dass sie den Kerl schnappen würden.
„Ich habe noch gar nicht darüber nachgedacht … Ich meine, alles ist so schnell passiert, und dann im Krankenhaus …“ Sie machte eine hilflose Geste, die seinen Wunsch, sie zu trösten, noch verstärkte.
„Was bereitet dir Sorgen, Bryony?“
„Ich muss meine Kreditkarten sperren lassen. Mist, vermutlich hat er schon alle meine Konten leer geräumt. Mein Führerschein war auch darin. Wie soll ich denn jetzt nach Hause kommen? Ohne Ausweis kann ich nicht fliegen.“
Je länger sie redete, desto aufgeregter wurde sie. Rafael rutschte zu ihr und schlang ein wenig unbeholfen einen Arm um sie.
„Du brauchst nicht in Panik zu geraten. Hast du die Telefonnummern, die du brauchst?“
Sie schüttelte den Kopf, bevor sie ihn an Rafaels Schulter lehnte.
„Ich kann sie im Internet nachschauen, wenn du einen Computer hier hast.“
Er schnaubte. „Wenn ich einen Computer habe … Ich bin nie ohne eine Internetverbindung.“
Sie hob den Kopf. „Auf der Insel schon.“
„Das ist unmöglich. Ich wäre nicht einfach so von der Bildfläche verschwunden. Ich muss mich um meine Firma kümmern.“
„Oh, natürlich bist du mit deinen Leuten in Verbindung geblieben“, meinte sie. „Aber meistens hast du deine Anrufe oder E-Mails morgens oder spät abends erledigt. Während des Tages, wenn wir die Insel erkundet haben, hast du deinen Blackberry im Haus gelassen.“
Er seufzte. „Genau deshalb fällt es mir so schwer, deine Geschichte zu glauben. So etwas würde ich niemals tun.“
Enttäuscht wandte sie sich ab.
Um die peinliche Situation zu überspielen, stand Rafael auf und nahm seinen Laptop aus der Aktentasche. Eine ganze Weile stand er mit dem Rücken zu Bryony, damit er sich wieder sammeln konnte und nicht Gefahr lief, sich bei ihr zu entschuldigen. Er wollte ihr nicht wehtun, verdammt.
Schließlich drehte er sich wieder um, öffnete den Laptop und stellte ihn auf ein Kissen neben Bryony. „Ich gebe dir am besten meine Adresse, damit man die neuen Karten per Express hierher schicken kann.“
„Und was ist mit meinem Führerschein?“, fragte sie frustriert. „Wie soll ich denn jetzt nach Hause kommen?“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, sodass das blaue Auge sichtbar wurde.
„Ich bringe dich schon nach Hause, Bryony. Mach dir darüber keine Gedanken. Kannst du deine Großmutter anrufen, damit sie dir eine Kopie deiner Geburtsurkunde schickt? Soweit ich weiß, kann man die benutzen, wenn man am Flughafen eincheckt, aber man wird genauer überprüft.“
Sie nickte und wandte sich dem Computer zu.
Rafael dachte über die Aufregungen der letzten Tage nach. Wenn man Bryony glauben konnte, dann war ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt worden. Von ihm.
Mehr und mehr gelangte er zu der Überzeugung, dass sie vielleicht wirklich die Wahrheit sagte. So verrückt und unglaublich das Ganze auch klang. Und wenn sie die Wahrheit sagte, musste er sich überlegen, was zum Teufel er mit der Frau
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