HABE MUTTER, BRAUCHE VATER - Mallery, S: HABE MUTTER, BRAUCHE VATER
Reserve-Coach für den Fall, dass Cal umkippt. Aber er hat es durchgestanden. Nachher hat er allerdings erzählt, dass er ein paarmal tatsächlich fast in Ohnmacht gefallen wäre.“ Reid verzog das Gesicht. „Bis jetzt habe ich nie ernsthaft darüber nachgedacht, ob ich Kinder will. Jetzt glaube ich, eher nicht.“
„Wegen dieser einen Erfahrung, die Cal gerade gemacht hat?“, fragte Walker. „Du solltest dir einen triftigeren Grund einfallen lassen.“
Sie betraten den Aufzug. „Brauche ich denn einen?“, fragte Reid. „Brauchst du einen?“ Plötzlich sah er seinen Bruder scharf an. „Es ist Elissa, stimmt’s? Dir ist ihre Tochter ganz schön ans Herz gewachsen.“
Das wollte Walker nun auch wieder nicht zugeben. „Zoe ist ein liebes Kind, aber das bedeutet nicht, dass ich bereit bin, Vater zu sein.“
Da er sich bereits vor langer Zeit entschieden hatte, nie zu heiraten, war eine eigene Familie nie ein Thema für ihn gewesen. Bindungen waren nichts für ihn, denn er war kein Mann, auf den man sich verlassen konnte.
Obwohl … er musste zugeben, dass dieses Thema in letzter Zeit etwas in den Hintergrund zu rücken begann. War er bereit, die Vergangenheit nach all den Jahren ruhen zu lassen? War er bereit, sich selbst zu verzeihen?
Sie stiegen aus dem Aufzug. Auf dem Gang der Geburtsstation war es hell und freundlich, doch der typische Krankenhausgeruch war trotzdem allgegenwärtig. Walker fiel sofort die provisorische Krankenstation ein, auf der er verwundete Soldaten besucht hatte. Und er erinnerte sich an seinen Besuch bei Charlotte, nachdem sie das erste Mal operiert worden war, daran, wie viel Angst sie gehabt hatte und dass er ihr versprochen hatte, alles würde wieder gut.
Er hatte nicht recht behalten. Und er hatte sich feige aus dem Staub gemacht. Walker fluchte leise, als er ihre Tränen wieder vor sich sah, als sie gespürt hatte, dass er nicht bei ihr sein würde, wenn sie starb.
Er hätte bleiben müssen. Er hätte für sie da sein müssen. Sie hatten sich doch geliebt, und als ihr Schicksal seinen Lauf genommen hatte, hätte er …
Hatte er das Recht, sich zu verzeihen? Hatte er das Recht, seinen Fehler zu akzeptieren und die Vergangenheit ruhen zu lassen? Charlotte hatte ihm verziehen. Vielleicht war gerade das der Grund, warum alles so schwierig war – dass sie gesehen hatte, wozu kein anderer in der Lage gewesen war: dass er ein Feigling war.
Im Krieg war er ständig mit dem Tod konfrontiert gewesen. Er hatte Männer in den Kampf geschickt, er war selbst verwundet worden und drei Wochen lang in Gefangenschaft gewesen. Und er hatte überlebt. Doch hatten ihn diese Erfahrungen innerlich verändert? Ihm bereitete es viel weniger Sorgen, ob er jemandem trauen konnte, als die Frage, ob er sich auf sich selbst verlassen konnte.
„Hallo, schöner Mann.“
Walker erkannte die vertraute Stimme sofort und drehte sich um. Doch die Frau, die auf ihn zukam, war nicht mehr die große dunkelhaarige Femme fatale, die er von früher kannte. Zwar trug sie noch immer eine Lederhose und aufreizend hohe Stiefel, aber ihr Gang, ihr Lächeln und ihre ganze Ausstrahlung hatten sich verändert. Sie wirkte weicher, glücklicher.
„Naomi …“
Sie lächelte und umarmte ihn. „Naomi, wie sie leibt und lebt, sozusagen.“
„Du siehst gut aus“, sagte er.
„Es geht mir auch gut.“
„Du bist immer noch verdammt sexy.“
„Ich kann nicht klagen.“ Sie hakte sich bei ihm unter. „Hast du das Baby schon gesehen?“
„Nein.“
„Dann zeige ich es dir. Die Kleine ist wunderschön.“ Sie ging mit ihm den Flur entlang. „Wie geht es dir? Penny hat erzählt, dass du die Leitung von ‚Buchanan Enterprises‘ übernommen hast. Das hätte ich im Traum nicht für möglich gehalten.“
„Ich auch nicht, aber es gab niemand anderen.“
„Es gibt immer jemand anderen. Aber ich bin mir sicher, dass alle froh sind, dass du Gloria vertrittst und nicht einer von ihnen den Job machen muss.“
Sie blieben vor dem Zimmer stehen, in dem die Neugeborenen lagen. Naomi sah durch die Scheibe hinein. „Oh, offenbar machen sie noch irgendwelche Untersuchungen mit ihr. Aber in ein paar Minuten bringen sie sie bestimmt. Also, bist du glücklich?“
„Du?“, fragte er ausweichend. Es war typisch Naomi, eine so direkte Frage zu stellen.
Sie lächelte. „Ja, Gott sei Dank. Mein Mann und ich sind wieder zusammen. Der Kerl hat merkwürdigerweise nie aufgehört, mich zu lieben. Ich kann es nicht verstehen,
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