Habgier: Roman (German Edition)
gestohlen wurde, kann das sofort an die Versicherung gemeldet werden.«
»Bin schon unterwegs.«
»Danke, Marge.«
»Bleibt deine Tür offen?«
»Sowieso.«
Nachdem Marge gegangen war, blickte sich Decker in seinem Reich um. Es war klein und das Inventar abgenutzt, aber die Trennwände reichten bis zur Decke, und er hatte eine Tür, was aus dem Raum ein richtiges Büro machte im Unterschied zu den Arbeitstischen der anderen. Er durfte sich sogar glücklich schätzen, ein Außenfenster zu besitzen, auch wenn es sich nicht öffnen ließ. Das Fenster war winzig, doch durch das bisschen Tageslicht wirkte der Raum viel freundlicher. Heute rahmten die Fensterstreben einen stahlgrauen Himmel ein, und Asche lag auf dem Sims. Mit beiden Händen fuhr er sich durch sein laut Marge immer noch eher rötliches als graues Haar. Er war müde, aber angesichts der vielen Nachrichten auf seinem Schreibtisch verkniff er es sich, darüber zu meckern.
Er wählte die erste Nummer auf der Liste. Eine junge männliche Stimme meldete sich. Decker stellte sich vor und fragte nach Estelle Greenberg. Die Stimme bat ihn, einen Moment zu warten, und rief: »Ma, es ist die Polizei.«
Die Frau, die ans Telefon kam, sprach bereits, bevor Decker ein Wort sagen konnte. »Sie haben sie gefunden!«
»Mrs. Greenberg, Lieutenant Decker von der Los Angeles Polizei am Apparat...«
»Ja, ja... haben Sie meine Tochter gefunden?«
»Und Ihre Tochter heißt...«
»Herrgott noch mal, warum melden Sie sich, wenn Sie nicht mal wissen, warum ich angerufen habe?«
Ihre Wut galt nicht ihm, und er ließ sie gewähren. »Man hat mir Ihre Nummer hinterlassen. Es tut mir leid, wenn mein Anruf Sie verärgert. Glauben Sie mir, das wollte ich nicht.«
»Haben Sie meine Tochter gefunden!?« Die Frau schrie ihn jetzt durchs Telefon an.
»Wir können noch keine Opfer bergen«, erklärte Decker ihr. »Es ist zu heiß und gefährlich, um die Absturzstelle zu durchsuchen.«
»Und warum verschwenden Sie dann meine Zeit?« Die Wut in ihrer Stimme konnte ihre Verzweiflung kaum verbergen.
»Erst einmal möchte ich Ihnen sagen, wie leid es mir tut. Zweitens möchte ich Ihnen gerne erklären, warum ich anrufe. Ich versuche, so viele Informationen wie möglich zu sammeln, damit die Rechtsmediziner wissen, nach wem sie suchen müssen. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihre Tochter in dem betroffenen Gebäude gewohnt hat?«
Es dauerte eine Weile, bis die Antwort kam. Als es so weit war, wurden die Worte von Tränen untermalt. »Ja.«
»Und wie heißt Ihre Tochter?«
»Delia Greenberg. Apartment 3C.«
»Ich weiß, die nächsten Fragen werden auf Sie idiotisch und geschmacklos wirken, aber ich muss sie dennoch stellen. Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich Ihre Gefühle verletzen sollte. Wenn ich es recht verstehe, haben Sie seit dem Vorfall nichts mehr von Delia gehört?«
»Nein.«
»Hat sie ein Handy?«
»Ich habe es tausendmal versucht...« Delias Mutter weinte jetzt richtig. »Ich erreiche immer nur die Mailbox.«
»Wohnte Delia denn mit jemandem zusammen?«
»Nein, allein.«
»Also war niemand bei ihr, als es passierte?«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht schon, sie hatte oft Besuch.«
»Gut. Können Sie mir Namen ihrer Freunde nennen?«
»Nein, was soll das allles? Ich kann jetzt nicht über so was nachdenken!«
»Sie haben mir wirklich weitergeholfen, Mrs. Greenberg. Eine letzte Frage: Glauben Sie, es wäre Ihnen möglich, für die Identifizierung Röntgenbilder von Delias Zähnen zu besorgen?«
Auf diese Frage folgte ein langes, sehr langes Schweigen. »Wahrscheinlich schon«, flüsterte Mrs. Greenberg endlich.
»Lassen Sie alles direkt an mich schicken, oder bringen Sie es vorbei. Kommen Sie, wann immer Sie möchten, auf unsere Dienststelle, um mit einem von uns zu reden. Es wird immer jemand da sein, der über Ihre Situation Bescheid weiß. Ich gebe Ihnen jetzt meine Handynummer. Sie können mich wirklich jederzeit anrufen.«
»Danke«, sagte sie tonlos.
Decker leierte seine Nummer herunter, aber ob die Frau mitschrieb, wusste er nicht. »Gibt es noch etwas, was Sie mich gerne fragen möchten?«
»Wie war Ihr Name?«
»Lieutenant Peter Decker.«
»Sie sind Lieutenant?«
»Genau, Ma’am.«
»Ihr Vorgesetzter konnte mich wohl nicht anrufen?«
»Er wird sich sicherlich gerne bei Ihnen melden.«
»Aber er hat es nicht getan. Sie haben angerufen.«
»Das stimmt. Wenn Sie jedoch mit Captain Strapp einen Telefontermin möchten...«
»Warum
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