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Habitat C (German Edition)

Habitat C (German Edition)

Titel: Habitat C (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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sich im gleichen Büro wie bei ihrer ersten Zusammenkunft und das Lächeln, das ihm diesmal von der Empfangsdame entgegengebracht wurde, war richtig echt. Daxxel blieb ein paar Augenblicke stehen, um es zu genießen, ehe er im Büro des Ministers Platz nahm.
    »Daxxel, setzen Sie sich. Ich wollte noch einmal in Ruhe mit Ihnen reden. Das haben Sie sich nach allem verdient. Eine Erfrischung?«
    Der Minister wirkte aufgeräumt und freundlich und er goss Daxxel persönlich ein, als dieser sein Interesse an einem Kaffee äußerte.
    »Ich danke Ihnen, Herr Minister.«
    Grant setzte sich ihm gegenüber und schlug die Beine übereinander. Der Minister benutzte sehr viel Gestik und Mimik, um die kleinen Zeitverzögerungen zu überbrücken, die bei der Kontrolle des Avatars auftraten. Dadurch machte dieser ferngesteuerte Körper manchmal in seiner Haltung einen übertriebenen Eindruck, als habe ein Schauspieler etwas sorgsam einstudiert und wolle nun jeden Ausdruck auch dem Publikum präsentieren, ganz unabhängig davon, ob er gerade passte oder nicht. Man merkte es aber nur, wenn man darauf achtete und ein guter Beobachter war, eine der wenigen echten Qualitäten, die Daxxel sich zuzubilligen gestattete.
    »Sie haben einiges an Staub aufgewirbelt. Das halbe Kabinett steckt in Untersuchungshaft.«
    Daxxel nickte.
    »Ich erinnere mich, dass Sie mich gewarnt hatten weiterzustochern, Herr Minister.«
    »Ja. Sind Sie mir böse? Ich habe Sie manipuliert. Ich habe Sie damit motivieren wollen. Vielleicht um eine Ecke zu viel gedacht, ja?«
    »Es hätte gereicht, wenn Sie mir einfach gesagt hätten, dass ich tiefer graben soll.«
    Grant überlegte kurz, dann aber schüttelte er langsam den Kopf.
    »Nein, es hätte Sie überheblich gemacht. Ich bin ein mächtiger Mann. Speldor ist ein gutes Beispiel für jemanden, der unter meinem persönlichen Schutz stand und irgendwann meinte, er sei unantastbar und könne treiben, was er wolle. Verstehen Sie das?«
    »Nicht richtig.«
    Grant schaute für einen Moment in das Glas Wasser, das er in der Hand hielt.
    »Macht ist eine seltsame Sache. Sie existiert eigentlich nicht, Daxxel.«
    »Ich verstehe gut, was Sie meinen. Ich komme manchmal zu Ermittlungen, wo meine Stellung und mein Einfluss überschätzt werden. Mir begegnet eine gewisse Form von Unterwürfigkeit, Angst und Abwehrbereitschaft, die mir vorher fremd war. Macht gibt es nur, insofern andere sie einem zubilligen. Sobald das nicht mehr der Fall ist, verliert sie ihre Wirkung. Und sie kann nur ausgeübt werden, solange man dem Unterdrückten etwas lässt, das er verlieren kann. Sobald man ihm das Letzte nimmt, verliert man jeden Einfluss. Ein schwieriges Phänomen, eines, das sich nicht richtig greifen lässt.«
    Grant sah Daxxel beinahe überrascht an, ehe er nickte.
    »Sie sind sehr klug, mein Freund. Wie gehen Sie damit um?«
    »Gar nicht. Ich bin ich. Ich kann wenig dafür, was andere in mir sehen. Ich spiele meist mit offenen Karten. Und ich verstecke mich nicht hinter meinem Amt oder meiner Aufgabe, zumindest versuche ich das.«
    »Das machen nicht viele so, Daxxel. Aber bei mir potenziert sich das Problem ja noch. Und jene, die mir dienen und meinen Interessen dienen, haben manchmal die Tendenz, ihre eigentliche Rolle zu vergessen. Speldor war ein ungemein talentierter und intelligenter Mann. Er arbeitete aber Jahre in einer Umgebung, die ihm jede Möglichkeit einer kritischen Selbstbetrachtung nahm. Er erkannte gar nicht mehr, was er da eigentlich tat. Und er wurde gierig. Wissen Sie, wer am meisten nach Reichtum strebt?«
    »Es sind oft nicht die Ärmsten«, antwortete Daxxel sofort.
    »So ist es. Es sind jene, denen es bereits ganz gut geht und die eine Ahnung haben, was echter Reichtum bedeuten könnte. Das sind die Schlimmsten. Und jemand wie Speldor hat erkannt, was echte Macht bedeuten kann, als ein Agent mit Sondervollmachten, der über beachtliche Ressourcen verfügt und der dann ein Angebot bekam, das er nicht ablehnen konnte. So verlor ich ihn.«
    »Nicht alle haben sich so einwickeln lassen. Die Agentin … sie hat uns geholfen, ohne dass ich mich jemals bei ihr bedanken konnte.«
    »Es gibt auch Leute, die verstehen, was sie tun und wohin manche Handlung führt. Die zu finden, fällt mir jedoch immer schwer. Wie unterscheidet man scheinbare Loyalität von echter? Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir sicher, dass es diejenigen mit echter Loyalität sind, die uns alle am Ende immer wieder aus der Patsche helfen

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