Habitat C (German Edition)
unausweichliche dritte Frage. Er nahm einen Schluck Tee, während ihr Raumschiff mit majestätischer Gelassenheit auf die unförmige, dem Genie eines Wahnsinnigen entsprungene Konstruktion zuglitt.
»Ja.« Zant konnte ihre Augen nicht von dem Anblick vor sich lösen. Es hatte eine widerwärtige Faszination. Man wollte wegsehen und dann doch wieder nicht. Es war wie bei einem Unfall, der besonders schrecklich ausgegangen war. Nur hier konnte niemand mehr helfen, die Katastrophe war gleichsam ewiger Natur.
»Wie gesagt, sie sind praktisch. Furchtbar hässlich von außen, aber innen sehr praktisch. Wir müssten gigantische Ressourcen aufwenden, um derlei zu errichten. Die Niib haben dafür ganze Sonnensysteme leer geplündert. Wir wissen, dass sie dabei auch keinerlei Rücksicht auf andere Zivilisationen genommen haben. Heute sind diese Habitate in leeren, unbewohnten Systemen zu finden. Alles weist darauf hin, dass dies vor mehreren Tausend Jahren anders war. All diese Grausamkeiten, so könnte man zynisch sagen, haben sie uns abgenommen. Wir benutzen das, was sie geschaffen haben, und die meisten ohne schlechtes Gewissen. Es ist alles so lange her und wir wissen so wenig. Ist vielleicht auch besser so.«
Er sah Zant lächelnd an.
»Innen haben wir umdekoriert. Da kann man es aushalten. Und die Bodaren … sie helfen.«
Daxxel hatte vor dem letzten Satz unmerklich gezögert, was Josefine Zant keinesfalls entgangen war. Die Marinesoldatin fixierte den Diplomaten fragend. Er seufzte.
»Sie werden die Bodaren kennenlernen«, sagte er mit so etwas wie Bedauern in der Stimme. »Ich sage nicht, dass wir ihretwegen ein schlechtes Gewissen haben sollten, denn es geht ihnen eigentlich ganz gut. Aber … es gibt Wissenschaftler, die meinen, wir würden uns nicht genug anstrengen, um sie von ihrem Schicksal zu erlösen.«
Zants Augenbrauen zogen sich zusammen.
»Diese Formulierung gefällt mir nicht.«
Ihre Stimme hatte etwas Lauerndes, das Daxxel gut kannte. Er hob die Schultern und stellte seine geleerte Tasse ab.
»Sie müssen es selbst sehen, mit ihnen reden, dann begreifen Sie es vielleicht besser«, wich Daxxel aus. Die Soldatin merkte bestimmt, dass ihm das Thema unangenehm war. Aber nur, weil es Daxxel nicht passte, würde sie noch lange keine übertriebene Rücksicht nehmen. Dafür kannte sie ihn lange genug, wie Daxxel sehr wohl wusste.
Und dafür suchte sie auch viel zu sehr nach jemandem, an dem sie ihren Frust ablassen konnte.
Drei Jahre war es nun her, dass sie auf Eobal hinter einen Ring von Drogenhändlern gekommen waren, obgleich sie eigentlich nur den Mord an einem anderen Diplomaten hatten aufklären wollen – und selbst dazu hatten sie im Grunde keinerlei Auftrag gehabt. Danach waren sie mit zwei ähnlich gelagerten Fällen beauftragt worden, die glücklicherweise weniger gefährlich abgelaufen waren. Seitdem schien der Diplomatische Dienst sie beide endgültig als eine Art Feuerwehr einsetzen zu wollen, wenn es irgendwo im Umkreis von Botschaften und Delegationen brannte.
Josefine Zant war damit grundsätzlich durchaus zufrieden. Sie mochte Reisen und erweiterte ihren Horizont sehr gerne. Daxxel aber hatte eigentlich andere Karrierepläne gehabt. Es war nicht so, als hätte man ihn ernsthaft um seine Meinung gefragt. Immerhin nahm man sie beide überall ernst, wo sie auftauchten. Man musste auch für die kleinen Freuden des Lebens dankbar sein …
Ihr aktueller Auftrag hingegen sah danach aus, als hätte man für Daxxel und Zant derzeit keine richtige Arbeit und suchte nach Beschäftigungstherapie für sie. Eigentlich war dies eine Aufgabe für die Innere Revision. Es ging um Unterschlagungsvorwürfe gegen einen Mitarbeiter der Aktenadministration, einen hochrangigen Bürokraten, der Geld aus der Konzilskasse entwendet haben sollte, um Spielschulden zu bezahlen. An seinen Fingern klebte kein Blut, sondern höchstens alte Schuldscheine, falls überhaupt etwas an der Sache dran war. Es war sicher peinlich und einige der nichtterranischen Delegationen würden daraus Kapital schlagen wollen, da es sich bei dem Beschuldigten um einen Menschen handelte. Das war auch schon das Spannendste an der ganzen Sache.
Zant seufzte. Daxxel sah sie an und verstand sie gut.
Sie war vielleicht etwas verwöhnt, dachte er dann bei sich. Nach Eobal hatten sie den Fall eines teilweise während eines Erstkontaktes von seinem Gegenüber verdauten Botschafters aufgeklärt. Danach waren sie in eine langwierige
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