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Hacken

Hacken

Titel: Hacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Braun
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Buchenwäldern, aber außerdem mit radioaktivem Müll.
     
    Deshalb wird jeden Monat die Erde im näheren Umkreis kontrolliert, auch auf radioaktive Belastung hin. Wenn es tatsächlich einmal soweit kommen und man erhöhte Werte messen sollte, wäre Eilum sehr schnell sehr verlassen. Außer einem Reiterhof gibt es hier nur Athene Bio, dazu den Lindenhof mit seinem Laden als einzigem Geschäft; ein paar konventionell bewirtschaftete Höfe obendrein. In welche Himmelsrichtung man sich auch bewegt: Die ganze Region ist landwirtschaftlich geprägt. Der Garten von Athene Bio gehört dabei zu den kleinsten Betrieben überhaupt. Nur ein Hektar bebauen Norbert und Bianca, die Weideflächen der Schafe natürlich nicht mitgerechnet. Die Tiere gehören Norbert nicht. Er spricht gerne von seinen »Umweltschutzschafen«, denn die Stiftungen von NABU oder BUND engagieren ihn, ihren Pachtbesitz zu beweiden. Von der Seite des Wohnhauses aus schlupfen immer wieder die Hühner durch den Maschendrahtzaun und stolzieren über den Grasstreifen, der den Garten im Südosten begrenzt.
     
    Dort enden die langen Beete, auf denen Kartoffeln wachsen, Kohl und Salate. Richtung Norden führt ein von Gras bewachsener Weg entlang der Reihen, die Norbert im Frühjahr einmal mit einem Grubber auflockert. Dieser Traktoreneinsatz ist die einzige Maßnahme, die Athene Bio mithilfe von Maschinen erledigt. Der Rest ist Handarbeit. Zwei Personen, ein Hektar: Das hört sich machbar an, doch ohne systematischen Maschineneinsatz bedeutet das sehr viel Arbeit.
     
    Nach Eilum fahre ich über die Feldwege mit dem Rad. Denn entlang der Landstraße von Braunschweig in Richtung Osten, Ex-DDR, gibt es ab Evessen keine Gehwege mehr, und die Straße ist das Reich der Motoren. Die Pendler rasen aus Helmstedt über diese Piste, sie kommen aus der Magdeburger Börde und dem Harz. BÖ-SE 666, HE-XE 88, mit 150 Kilometern die Stunde den Eilumer Hang runter, scharf abbremsen zur Todeskurve zu. Die Freiwilligen Feuerwehren müssen alle zwei Wochen ausrücken und jemanden rausschneiden. Seit einigen Wochen ziehe ich meine Arbeitskleidung an, bringe unsere Tochter in den Kindergarten, fahre über die Felder nach Eilum und klopfe an die Tür, die ohne Klingel ist.
     
    Keine Ahnung hatte ich, dass sich mir hier eine neue Welt auftun wird. Schon der erste Handgriff im Garten von Athene Bio war ein
moment merveilleux
, ein besonderer Augenblick. Er dauert an, seither.
    DIE HÖFE VON EILUM
    Das erste Hacken also löst Enthusiasmus in mir aus. Die neuartige Arbeit vermag ein Hochgefühl in mir zu erzeugen, und die Müdigkeit, die meinen Körper hinterher befällt, gehört zu dieser Erfahrung dazu. Schreiben ermüdet nur den Geist, hinterlässt jedoch einen trägen, sedierten Körper. Die Tätigkeiten im Gartendagegen lassen jeden Arbeitsschritt nachwirken, noch in jedem winzigen Muskel in der Hand und im Pochen der Schläfen. Da sitzt ein Typ auf dem Rad. Boah, Alter, voll verschwitzt und verdreckt, und was der da hinten alles drauf hat auf dem Gepäckträger, da schaut ja ein Riesensalat raus, ey. Zuhause müssen dicke Schichten Erdkruste von Beinen und Armen abgewaschen werden. Der Körper, das ganze System glüht nach.
     
    Dass der Dorf-Hang-Berg-Rhythmus nun um den Garten von Norbert und Bianca erweitert wird, bringt eine Unwucht in mein Leben. Liegt der Garten doch nicht in Evessen, sondern ein paar Kilometer weiter in Richtung Südosten. In Evessen haben wir bisher auch gerne eingekauft, die Äpfel oben bei Deuses, die Milch auf dem Lowes-Hof. Doch erst verkaufte die nachkommende Lowes-Generation die Milchkühe. Brachte nichts mehr, lieber mochte es die Familie nun mit Ziegen und Wasserbüffeln versuchen. Bei Deuses habe ich mich immer willkommen gefühlt. Doch nach und nach wollten wir hier alles, was zu haben ist, aus vertretbarem Anbau haben, und so wurden die Einkäufe in Eilum mit der Zeit allumfassend.
     
    Eilum, Enklave der ersten Öko-Bewegung. Erst vor wenigen Jahren haben Norbert und Bianca ihren Betrieb gegründet. Beide hatten sie zuvor auf dem Lindenhof, gelebt, einem gemeinschaftlich betriebenen Biolandhof. Dort hatte überhaupt alles begonnen. Mehr als 30 Jahre ist das nun her. 1976 hatte der englische Bauer JohnSeymour ein Buch von nachhaltiger Wirkung veröffentlicht:
Das neue Buch vom Leben auf dem Lande.
In den Jahren danach entwickelte sich dieser Band zu einer praktischen Anleitung für das tägliche Leben eines ganzen Milieus. In der

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