Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln
wie viel Kraft es erforderte. Wer so schneidet, macht das nicht zum ersten Mal. Außerdem braucht man dafür eine gewisse Nervenstärke. Mehr gibt es im Moment nicht zu sagen.«
Hackenholt dankte ihm, auch wenn es nur wenig Neues war, was er erfahren hatte.
»Wegen des Obduktionstermins hörst du noch von mir.« Damit ging der kleine vierschrötige Mann davon und überließ den Hauptkommissar wieder seinen Gedanken.
Plötzlich schallten von der Absperrung laute Rufe herüber. Hackenholt drehte sich erstaunt um. Ein Mann versuchte an den die Zufahrt bewachenden Polizisten vorbei auf den Hof zu kommen. Hackenholt gab dem inzwischen eingetroffenen Stellfeldt ein Zeichen, sich um den Eindringling kümmern. Er selbst wollte Christine Mur nach ersten Erkenntnissen fragen und ging durch die Lagerhalle zum Kühlraum zurück. Die Kollegin kniete gerade auf dem Fliesenboden und tupfte mit Hilfe eines Wattestäbchens mit sterilem Wasser gelöste Blutspuren aus einer Ecke des Raumes. Als sie Hackenholt bemerkte, stand sie auf und kam herüber.
»Kannst du mir schon Anhaltspunkte zum Tatablauf geben?«
Sie nickte und wollte sich, wie sie es oft tat, wenn ihr etwas nicht schnell genug ging, mit der Hand die Haare aus dem Gesicht streichen, bis sie merkte, dass sie unter ihrer weißen Schutzkleidung versteckt waren. Etwas linkisch dirigierte sie die bereits erhobene Hand mitten in der Bewegung um und deutete auf die mit getrockneten Blutspritzern übersäten Wände.
»Kork wurde in diesem Raum ermordet. Das ist ganz eindeutig. Den Spuren an Wand und Decke nach zu urteilen, befand er sich irgendwo dort drüben bei der anderen Tür. Die Verteilung der Blutspritzer beweist, dass er stand, als er getötet wurde, und nicht zuvor schon niedergeschlagen worden war.«
»Dann kannte er die Person also, die bei ihm war, und vertraute ihr, sonst hätte er sie nicht so nah an sich herangelassen.«
Mur nickte zustimmend. »Wahrscheinlich war er einen Moment lang abgelenkt. Vielleicht hat ihn auch der Anblick der toten Tiere überrascht, oder er wollte sich einen der Veterinärstempel auf dem Fleisch näher besehen. Währenddessen bemerkte er nicht, dass sein Begleiter das Messer zückte. Und als der ihn schließlich von hinten packte, war Kork viel zu erstaunt, um sich noch zur Wehr setzen zu können. Es muss alles sehr schnell gegangen sein.«
Die Vorstellung ließ Hackenholt erschaudern. »Bei Annika Dorn hat der Täter einfach nur zugestochen. Ludwig Kork jedoch wurde die Kehle durchgeschnitten. Glaubst du, das hat eine besondere Bedeutung?«
Mur schüttelte ungeduldig den Kopf. »Sie ist auf ihren Mörder zugelaufen, wollte mit ihm sprechen. Kork hingegen hat ihm den Rücken zugekehrt und trug außerdem noch eine dicke Winterjacke. Da wäre es unmöglich gewesen zu sehen, wohin man sticht. Es war also sicherer, auf den Hals zu zielen als auf den Körper. Das anschließende Aufhängen geschah meiner Meinung nach ebenfalls aus praktischen Gründen. Alles war voller Blut. Boden, Wände und mindestens die Hand, wahrscheinlich sogar der ganze Arm des Täters. Um zum Wasseranschluss hier drüben zu gelangen«, sie deutete in eine Ecke der Kühlhalle, »musste er quer durch den Raum laufen. Dabei hinterließen seine Schuhe natürlich Abdrücke auf dem Boden. Die musste er unbedingt wieder beseitigen. Also hat er den Toten aufgehängt. Somit konnte er ganz bequem mit dem Hochdruckreiniger alle verräterischen Spuren entfernen.«
Erst jetzt bemerkte Hackenholt, dass der Fußboden im Gegensatz zu den über und über mit Blut befleckten Wänden absolut sauber war.
»Er wollte also deiner Meinung nach durch das nachträgliche Aufhängen keine bestimmte Botschaft kommunizieren?«
»Nein. Ich kann mir sogar vorstellen, dass er es mehr aus Gewohnheit als aus einem anderen Grund getan hat.«
Hackenholt starrte Mur an.
»Das mag jetzt ein schlechtes Beispiel sein, aber wenn du als Straßenfeger tagein, tagaus herumliegenden Müll einsammelst, wirfst du selbst keine Papierchen auf den Boden. Und so wird es wohl auch bei einem Schlachter sein. Er tötet die Tiere und hängt sie dann auf.«
»Willst du damit sagen, der Täter ist jemand aus der Firma?«
Mur zählte an ihren Fingern ab: »Erstens: Wer immer es war, er hatte einen Schlüssel, um hier hereinzukommen. Zweitens wusste er, wo er einen Strick findet, den er brauchte, um die Füße des Opfers zusammenzubinden, dasselbe gilt für den Fleischerhaken, und schließlich«, damit reckte sie
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