Hackenholt 06 - Reichskleinodien
sich sicher?«
»Hundertprozentig.«
»Mein Vater hat recht«, mischte sich Sabine Förster schniefend ein. »Sascha hat ein Staatsgeheimnis daraus gemacht. Niemand durfte erfahren, dass er solch einen lukrativen Auftrag an Land gezogen hat. Er hatte Angst, die Konkurrenz könnte ihn uns noch im letzten Augenblick wegschnappen.«
»Waren die beiden bewaffnet?«
»Reden Sie keinen Blödsinn! Natürlich nicht.« Dippold musterte ihn, als hätte er noch nie etwas derart Abartiges gehört.
»Und warum wurde der Transport nicht mit einem gepanzerten Fahrzeug durchgeführt? Das ist doch wohl heutzutage üblich.«
»Da müssen Sie das Museum fragen, wieso die das nicht gefordert haben. Wir jedenfalls besitzen solch einen Wagen überhaupt nicht.«
»Ich nehme an, Sie müssen umgehend Ihre Versicherung informieren«, wechselte Hackenholt schließlich das Thema. »Bestehen Sie dabei auf absoluter Diskretion. Sprechen Sie am besten nur mit dem Leiter der Schadensabteilung und machen Sie ihm klar, dass einstweilen nichts an die Öffentlichkeit dringen darf. Sie können ihm meine Telefonnummer geben, er wird bestimmt Rückfragen haben.«
Hackenholt legte seine Visitenkarte vor Dippold auf den Schreibtisch. »Außerdem muss ich darauf bestehen, dass Sie über all das, worüber wir gerade gesprochen haben, absolutes Stillschweigen bewahren. Einstweilen darf nichts an die Presse gelangen.«
Mit einem Mal schien alle Energie in dem alten Mann verpufft zu sein. Müde blickte Heinrich Dippold auf. »Keine Sorge, wir werden den Anrufbeantworter einschalten und nicht mehr persönlich zu erreichen sein.«
Die beiden Kriminaler waren gerade wieder in den Dienstwagen gestiegen, als Hackenholts Handy piepte. Zu seiner Verwunderung war es Sophie, die hören wollte, ob bei ihm alles in Ordnung sei. Früher hatte sie das nie getan; wenn überhaupt, rief sie ihn allenfalls im Büro an. Und auch das bloß, wenn sie eine dringende Frage hatte.
Hackenholt zögerte einen Augenblick mit seiner Antwort, doch dann entschied er sich, ihr nicht nur von den drei Kuchen zu erzählen, die seine Kollegen für ihn gebacken hatten, sondern auch von den beiden Männern und dass er schon mitten in einer Ermittlung steckte. Die Tatsache, dass darüber hinaus mit allergrößter Wahrscheinlichkeit der Reichsapfel gestohlen worden war, erwähnte er mit keinem Wort. Bislang war davon nichts an die Öffentlichkeit gesickert – und das sollte, sofern Hackenholt es bewerkstelligen konnte, auch noch mindestens bis morgen so bleiben. Er gab Sophie durch die Leitung einen Kuss und versprach ihr, an seinem ersten Tag pünktlich Schluss zu machen.
Kaum hatte er das Gespräch beendet, piepte sein Handy erneut. Nun war es Stellfeldt, der ihm mitteilte, Frau Graef sei in der Zwischenzeit in der Klinik eingetroffen. Ihr Mann war in den OP gebracht worden; sein Leben stand auf Messers Schneide.
Hackenholt bat seinen Kollegen, lediglich in Erfahrung zu bringen, ob die Frau irgendwelche Angaben dazu machen konnte, wohin ihr Mann an dem Tag hätte fahren sollen. Alles andere konnte warten.
An der Pforte des Nürnberger Staatsmuseums wiesen sich die Ermittler aus und baten die Kassendame, den für die Sonderausstellung Reichskleinodien verantwortlichen Leiter zu rufen.
»Heute ist es ja angenehm leer hier«, füllte Wünnenberg die Wartezeit mit etwas Small Talk.
»Das wurde auch Zeit. Sie können sich gar nicht vorstellen, was die vergangenen Monate bei uns los war«, winkte die Frau ab.
»Unsere Kollegen haben von den langen Schlangen letzten Freitag berichtet.«
»Ach, geht es wieder um Felix Kurz? Dieser arme Junge! Er war unser Sonnenschein.«
Bevor sie ins Detail gehen konnte, womit der Volontär das Herz der Mitarbeiter erobert hatte, kam ein Mann in einem weißen Poloshirt und Jeans auf sie zu. Sein Gesicht wirkte kreisrund, ein Effekt, der durch die Halbglatze hervorgerufen wurde, die einen perfekt geformten Schädel zur Schau stellte. Kreisrund waren auch die beiden kleinen Brillengläser, die mitsamt ihrem minimalistischen Gestell diesen Eindruck noch verstärkten.
»Ich bin Norbert Beck. Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Sind Sie der Kurator, der für die Reichskleinodien zuständig ist?«, fragte Hackenholt, nachdem er Wünnenberg und sich vorgestellt hatte.
»Nein, die Leitung der Sonderausstellung und der vorangegangenen Forschungsarbeit hatte Herr Dr. Drosthoff. Ich bin Kustos, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, der Herrn Dr. Drosthoff
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