Hackschnitzel
Grau der Bodenfliesen passte zum Metallton des Edelstahls und auch der Computer auf dem Schreibtisch war samt Monitor und Drucker im selben Silberglanz gehalten.
»Eigentlich hätte er die Bücher da hinten im Regal noch in passendes Papier einschlagen müssen.« Lindt drehte sich zur Rückwand. Dicke Regalbauteile, selbstverständlich in strahlendem Weiß, waren passgenau eingebaut und tatsächlich milderten nur die verschiedenfarbigen Bücherrücken die Kälte des Raumes. Mehrere Reihen von Aktenordnern, natürlich in glänzend schwarzem Kunststoff und sauber gedruckter Rückenbeschriftung, füllten die untersten Etagen der Regalwand aus.
Die Kommissare nahmen sich noch Küche, Bad und Schlafzimmer vor und fanden überall dieselbe Farb- und Formgebung.
»Möchtest du hier wohnen, Paul?«
»Schön ruhig scheint es ja zu sein und die Aussicht ist auch nicht schlecht.« Wellmann zeigte durch die großen Glasfenster der Giebelwand nach draußen. »Da drüben der kleine Bach und dahinter der Wald.«
»Wenn die Bäume dort in zwei Monaten grün werden, stört das die Farbkomposition in der Wohnung aber gewaltig.« Lindt schüttelte sich schaudernd. »Ich finde es hier drin richtig ungemütlich.«
»Wenn Conny wenigstens eine Holzdecke hätte einbauen lassen. Das habe ich ihm so oft gesagt«, mischte sich Langenbach in die Unterhaltung der Kommissare.
»Ach, wir hatten Sie ja ganz vergessen vor der Tür«, entschuldigte sich Lindt schnell. »Sie kennen sich aus hier?«
»Das wäre zuviel gesagt, aber ein paar Mal im Jahr habe ich ihn schon besucht in seiner Designerwohnung. Klare Formen und klare Farben, das ist so ein Tick von ihm. Im Büro übrigens auch ... kein Schriftstück zuviel auf dem Schreibtisch. Telefon, Computer, Bleistifte, Füller ... alles hat seinen genau festgelegten Platz.«
»Scheint ein sehr penibler Mitarbeiter zu sein. Sind Sie mit ihm zufrieden?«
»Mein Bester! Denken Sie, ich hätte ihn sonst zum Prokuristen gemacht? Der findet jeden noch so kleinen Fehler in den Abrechnungen und auch, was juristische Fragen anbelangt ist er fit wie kein anderer. Hat meinem Betrieb schon viel Geld eingebracht.«
»Dann ist er wohl weniger auf dem bautechnischen Gebiet tätig, eher als Buchhalter?«
»In der Buchhaltung hat ihn mein Vater vor zwanzig Jahren eingestellt, aber mittlerweile ist er unser kaufmännischer Direktor. Auf Conny ist wirklich hundert Prozent Verlass.«
Lindt schluckte: »Oder es war Verlass auf ihn. Die ganzen Indizien mit dem fertig gepackten Wagen in der Garage ... ich habe gar kein gutes Gefühl.«
Man konnte dem Bauunternehmer ansehen, dass er ähnliche Befürchtungen hatte. Mit sorgenvoller Miene schaute er sich in dem fast steril wirkenden Raum um: »Allerdings scheint hier nichts durchsucht worden zu sein. So hat es schon immer ausgesehen, so lange ich mich zurückerinnern kann.«
Der Kommissar schwieg und begann, bedächtig in der Wohnung umherzugehen. Vorsichtig setzte er einen Schritt vor den anderen, als wenn er aufpassen wollte, die wie geleckt wirkenden Räume bloß nicht schmutzig zu machen.
Aus allen möglichen Perspektiven ließ er die Atmosphäre auf sich wirken. In der schmalen Küche nahm er auf einem Barhocker an dem thekenartigen Essbereich Platz und betrachtete die hochpreisigen Küchengeräte, die aber nur wenig benutzt zu sein schienen. Eine Ceranplatte mit Induktionskochfeldern, Edelstahl-Designer-Esse als Dunstabzug, Schweizer Nobelfabrikat eines Kaffeeautomaten und ... Lindts Herz schlug schneller ... sogar einen Einbauherd als Kombination von Backofen und Dampfgarer!
Ein derartiges Gerät hatte er sich zusammen mit Carla erst vor wenigen Wochen in einer Küchenausstellung angesehen. Ein Traum für jeden Hobbykoch! Die Worte des Verkäufers klangen Lindt noch im Ohr: ›unvergleichliches Geschmackserlebnis‹ – ›vitaminschonend zubereitete Gemüsegerichte‹ – ›alle Inhaltsstoffe bleiben erhalten‹ – ›die Profis garen nur mit Dampf‹ – aber knapp sechstausend Euro auf dem verschämt seitlich angeklebten Preisschild ließen die Wünsche wie eine Seifenblase zerplatzen.
Auf Gäste schien weder Finks Küche noch die restliche Wohnungseinrichtung zugeschnitten zu sein. An der Theke gab es nur drei Sitzplätze und ein großer Esstisch fehlte vollständig.
Das Schlafzimmer verstärkte diesen Eindruck noch. Lindt schätzte die Breite des Bettes, mit silbergrauer Seide bezogen, auf maximal einen Meter zwanzig – viel zu schmal, als dass
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