Hackschnitzel
selbstverständlich«, stotterte der ansonsten so selbstsicher wirkende, imposante Bauunternehmer.
»Ach, Paul«, warf Lindt seinem Kollegen in einer plötzlichen Eingebung die Schlüssel des Dienstwagens zu. »Bleib du doch hier, bestelle Jan zur Firmenzentrale und versiegle nachher die Wohnung.«
Er sah Langenbach direkt in die Augen. »Sie nehmen mich doch sicherlich gerne mit.«
4
Der Kommissar versuchte mit einer unverfänglichen Plauderei die Fahrt in den bequemen Lederpolstern des großen Achtzylinder-Audi aufzulockern. Es war ihm durchaus nicht entgangen, dass der Gedanke an Ermittlungen in seiner Firma dem Bauunternehmer unbehaglich zu sein schien.
Lindts Interesse für den Werdegang des Betriebes war aber so überzeugend, dass sich Langenbach nach und nach wieder entspannte und mit wachsendem Stolz die Firmengeschichte zum Besten gab.
Ein typischer Wirtschaftswunder-Fall, sein Vater hatte das alles nach dem letzten Krieg quasi aus dem Nichts aufgebaut. Die erste Planierraupe, dann der erste Seilzugbagger, ein Allrad-Lastwagen mit Dreiseitenkipper, später der Einzug der Hydraulik im Baumaschinenbereich – gerne berichtete Langenbach von der Pionierarbeit des Seniors.
Er selbst hatte sich die ersten Sporen als frischgebackener Bauingenieur bei mehreren großen, namhaften Baukonzernen im In-und Ausland verdient. Straßen-, Brücken-, Staudammbau – knapp fünfzehn Jahre lang berufliches Zigeunerleben in der halben Welt, bis ihn ein schwerer Herzinfarkt seines Vaters quasi über Nacht in die Nachfolger-Rolle zwang.
Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens zu erzählen, das sich in den beiden Jahrzehnten seiner Geschäftsführung von der Fünfundzwanzig-Mann-Firma zum Großbetrieb mit über fünfhundert Beschäftigten entwickelt hatte, erfüllte Langenbach mit Stolz. Autobahnen, ICE-Schnellbahntrassen – kaum ein namhaftes Bauprojekt im Südwesten, bei dem er nicht mitgemischt hätte. Unzählige Ortsumgehungen, Ausbaustrecken, Erschließungen für Industrie- und Wohngebiete – Oskar Lindt spürte die Zufriedenheit des knapp Sechzigjährigen mit seinem Lebenswerk.
Der Hauptkommissar war immer seltener zu Wort gekommen und wunderte sich nun, wie schnell trotz geschlossener Bahnschranken und einiger roter Ampeln die Fahrt bis zur Firmenzentrale von Langenbach im Ettlinger Industriegebiet vergangen war.
Ein Blick auf das dreistöckige Bürogebäude genügte, um auch hier die Handschrift des vermissten Konrad Fink zu erkennen. Glas und Edelstahl in einer schlichten geradlinigen Architektur zeichnete den imposanten, breiten Bau aus.
Langenbach erriet die Gedanken des Kommissars: »Sie haben richtig bemerkt. Auch hier sehen sie Connys Spuren. Als wir vor siebzehn Jahren diese neue Zentrale geplant haben, hat er sich mächtig ins Zeug gelegt. Es war wirklich bemerkenswert, wie er als Nichtfachmann, als gelernter Buchhalter, eine Skizze nach der anderen anbrachte. Ich glaube, er hat damals die Nächte durchgearbeitet. Jeden Morgen kam er mit einem verfeinerten Entwurf zu mir ins Büro.«
»Ihr Bester«, meinte Lindt nachdenklich beim Aussteigen, »so haben Sie ihn vorhin genannt. Aber kennen Sie denn auch etwas Privates von ihm?«
»Wenig, eigentlich fast gar nichts«, antwortete der Unternehmer und das Unbehagen war ihm anzusehen. »Sport, ja, da ist er ziemlich aktiv. Radfahren, Laufen, Skifahren ..., aber eigentlich wird mir jetzt erst klar, wie beschämend es ist, mit seinem engsten Mitarbeiter immer nur über Geschäftliches zu sprechen.«
»Diese Sportarten ...« Lindt wusste nicht, wie er es formulieren sollte. »... alles Disziplinen, die man alleine betreibt. Lebt er auch sonst ganz für sich?«
»Als Einzelgänger, meinen s ie? Hm«, Langenbach zögerte. »Da hält er sich immer sehr bedeckt, aber soweit ich weiß, gab es in den letzten Jahren niemanden, mit dem er irgendwie näher ... er scheint jedenfalls ganz zufrieden zu sein.«
Den letzten Satz sprach der Unternehmer sehr zögernd aus. Eigentlich hatte er noch nie richtig darüber nachgedacht, dass er so lange und so nahe mit einem Menschen zusammenarbeitete und dennoch fast nichts Privates über ihn wusste.
»Also vor Jahren«, schien sich Langenbach jetzt doch langsam zu erinnern, »zehn, nein eher fünfzehn oder noch mehr, da wohnte Conny noch in der Stadt. Aber wo das damals war?«
»Sie meinen hier in Ettlingen?«, versuchte ihm der Kommissar auf die Sprünge zu helfen.
»Nein, nein, in Karlsruhe, ich glaube ... ja, es war in der
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