Hackschnitzel
Landkreiskürzel wiederfanden. Jedem der Autokennzeichen waren Namen und Telefonnummern zugeordnet.
Ausnahmsweise war diesmal Oskar Lindt schneller, aus der EDV-Liste Schlussfolgerungen zu ziehen.
»Da haben wir ihn«, stieß er aus. »Gib mal her!« Er riss seinem Mitarbeiter den Kugelschreiber förmlich aus den Fingern und pochte damit so heftig auf das Monitorglas, als wolle er es durchbohren. »Ich wusste doch, dass bei dem was faul ist!«
»Der Roth!« Auch Paul Wellmann sah jetzt, worauf Lindt gezeigt hatte. »Roth heißt er, rot ist sein Porsche!«
Hinter dem Kürzel ›KA‹ für Karlsruhe stand klar und deutlich: ›Hans-Peter Roth‹, dahinter seine Karlsruher Behördennummer, eine zweite mit Bruchsaler Vorwahl und zuletzt noch eine Handyverbindung.
»Das Interessanteste sind aber diese beiden Zahlen, die ganz rechts stehen.« Sternberg hatte das Feld angeklickt und sich die Berechnungsformel anzeigen lassen. »Ganz klar die Summen der 3-Prozent-Spalte vom Blatt ›KA‹. Einmal bis einschließlich Jahr 2001 und dann von 2002 bis heute.«
»Logisch, erst Mark und dann Euro«, erkannte nun auch Paul Wellmann, was sich mit großer Wahrscheinlichkeit hinter den beiden Beträgen verbarg.
»Also jetzt noch mal ganz langsam, zum Mitschreiben und auch für ältere Kommissare verständlich«, begann Lindt zusammenzufassen. »Das wäre ja ein gewaltiger Betrag«, er begann zu addieren, »alles in Euro gerechnet weit über achthunderttausend, was in dieser Tabelle da dem ›Empfänger‹ Roth zugeordnet ist.«
»Im Durchschnitt knappe fünfzigtausend pro Jahr – Euro wohlgemerkt«, hatte Sternberg schnell überschlagen und sein Chef folgerte haarscharf: »Dann scheint es ganz so, als hätten wir jetzt gerade einen riesigen Korruptionsfall aufgedeckt.«
»Wieso denn das? Bestechung? Vorteilsnahme? Von wem? Wofür?« Wellmann zweifelte noch, aber Jan war schon felsenfest überzeugt, dass Lindt mit seiner Vermutung recht hatte: »Natürlich, Paul, Provisionen, das ist doch nur ein anderer Name für Schmiergeld. Und dann dieser Roth, früherer Arbeitskollege von Fink, seit langen Jahren Sachgebietsleiter Auftragsvergabe im s tädtischen Tiefbauamt, der schiebt ihm jetzt die lukrativen Arbeiten zu.«
»Und hält dafür die Hand auf?« Wellmann zweifelte immer noch ein wenig.
»Genau, Paul, so funktioniert das. Je besser geschmiert wird, umso glatter läuft die Schiebung. Da war Fink natürlich der ideale Mann für die Baufirma Langenbach. Durch seine alten Kontakte kam er ganz bequem an städtische Aufträge.«
»Aber Oskar, das müsste doch auffallen, wenn die ganzen Arbeiten immer nur an ein und denselben Bauunternehmer gehen.«
»Vielleicht haben wir es mit einem richtigen Netzwerk zu tun«, überlegte Jan und zeigte wieder auf den Monitor. »Natürlich, Chef, denken Sie doch an die übrigen Kollegen von Fink, die wir in den drei Baufirmen aufgesucht haben.« Seine Stimme überschlug sich fast: »Hier, die anderen Buchstabenkürzel, alles passt genau. ›OH‹ für Oberhardt-Bau, da war doch dieser dicke Falk.«
»Und ›SE‹ für die bankrotte Seebold GmbH drüben in der Pfalz.«
»Genau, auch ›BA‹ für Badische Asphalt und dann bleibt noch ›LA‹ für Langenbach.«
»Also das ist mir doch zuviel Spekulation. Sollten wir da nicht die Kollegen von der Wirtschaftskriminalität einschalten?«, meinte Paul Wellmann kopfschüttelnd. »Schließlich steht auf unserem Türschild ›Mordkommission‹.«
»Das wird sich gar nicht vermeiden lassen«, nickte Lindt. »In diesem Fall müssen wirklich Spezialisten ran – oder«, er zwinkerte seinem langjährigen Partner zu, »hast du Lust auf monatelanges Aktenwälzen?«
Abwehrend hob Wellmann die Hände und Lindt fuhr, süffisant grinsend, fort: »Ich wette, bis in einem solchen Fall alle Beweise zusammen sind, produzieren die Kollegen zwanzig volle Aktenordner. Denkt doch mal, vier Firmen, die sich den Auftragskuchen in Karlsruhe teilen. Vielleicht setzen sie auch total überhöhte Preise an und bekommen vom korrupten Roth trotzdem den Zuschlag. Gewinnmaximierung um jeden Preis! Also ich würde das richtiggehend als Kartell bezeichnen.«
Er fischte in seiner Hosentasche nach dem Feuerzeug. Vor lauter Aufregung war ihm tatsächlich seine Pfeife ausgegangen. »Und man kennt das ja«, blies er eine neue Rauchwolke in die ohnehin schon sehr dicke Büroluft, »dann sitzen in den Amtsstuben der anderen großen Städte oder Landkreise noch mal ein paar gute
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