Hackschnitzel
Freunde, die den ›Tango-Korrupti‹ gerne mittanzen. Kleine Gefälligkeiten gegen unauffällig überreichte Briefumschläge. Drei Prozent vom Auftragswert, da kommt ganz schön was zusammen. Ich werd’ gleich mal anrufen.«
Keine zehn Minuten später stand ein Kripo-Beamter der Abteilung für Wirtschaftsdelikte staunend vor den Tabellen, die Jan Sternberg in Finks Online-Speicher gefunden hatte. Immer wieder schüttelte er den Kopf: »Nicht zu fassen, wie ein Sechser im Lotto, unglaublich, diese riesigen Beträge, das gibt auf jeden Fall eine Sonderkommission, ach was sage ich denn, länderüberschreitend und gleichzeitig müssen wir zuschlagen, durchsuchen und verhaften. Akute Flucht- und Verdunkelungsgefahr, da werden uns die Handschellen ausgehen!«
Beruhigend klopfte Lindt dem Kollegen auf die Schulter: »Nur nichts überstürzen. Im Moment weiß noch niemand, dass wir die ganzen Dateien haben. Aber bringt uns diese Kerle ruhig her. Wir müssen sie auch noch gründlich in die Mangel nehmen, denn warum Konrad Fink wirklich sterben musste, das wissen wir leider immer noch nicht.«
»Ich denke, wir sollten Jans Entdeckung gehörig feiern! Die Kollegen machen jetzt erst mal die Arbeit für uns.« Oskar Lindts Stimme hatte den leicht depressiven Klang vom Morgen nun ganz und gar verloren. »Italien? Griechenland? Türkei? Pizza? Gyros? Döner? Wo wollt ihr hin?«
Sie entschieden sich wie fast immer für die italienische Küche und saßen eine knappe halbe Stunde später schon gemütlich in ihrem Stamm-Ristorante.
»Jan, da hast du einen richtigen Glücksgriff getan!« Schon zum dritten Mal lobte Lindt jetzt seinen Mitarbeiter, während er eine köstlich nach Knoblauch duftende Pizza mit Spinat und Gorgonzola in Angriff nahm.
»Wohl eher ein ›Glücks-Klick‹, Chef, denn wenn ich nicht ziellos auf dieser Website rumgesucht hätte, säßen wir jetzt immer noch trübsinnig im Präsidium und würden einen Weg suchen, Langenbach möglichst elegant zur Strecke zu bringen.«
»Ha, ein guter Vergleich, den Jäger zur Strecke bringen«, lachte Paul Wellmann, den Mund noch halb voll ›Spaghetti Carbonara‹ und sog geräuschvoll den Rest einer Nudel ein. Seine Aussprache war immer noch etwas undeutlich, doch fern jeder Tischsitte fuhr er fort: »Jetzt werden ihn die Kollegen von der Wirtschaft jedenfalls erstmal festsetzen und wir können in aller Ruhe weiter ermitteln.«
Lindt wurde nachdenklich: »Und wenn wir den Falschen im Auge haben?«
Seine beiden Mitarbeiter schauten verwirrt, sodass er schnell erklärte: »Es geht mir schon die ganze Zeit durch den Kopf. Offensichtlich saß Fink doch wie eine Spinne im Zentrum dieses Korruptions-Netzwerks. Der findige Kopf, der geniale Finanzjongleur, der alles mit größter Akribie plant, das Baukartell steuert und mit reich schenkender Hand dafür sorgt, dass genügend Aufträge ordentliche Gewinne abwerfen. Der hat seinen Chef bestimmt nicht erpresst. Das hatte er gar nicht nötig. Nein, Langenbach musste doch daran gelegen sein, ihn bei Laune zu halten. Deshalb auch diese Transaktionen in Österreich. Warum hätte er ihn also derart brutal umbringen sollen? Das will mir einfach nicht in den Kopf. Aus diesen ganzen Tabellen kann ich jedenfalls auf Anhieb kein Mordmotiv ableiten.«
»Du denkst, wir sollten mehr im privaten Bereich suchen? In Bludenz, bei der unehelichen Tochter oder bei seinen drei Schwestern?« Auch Paul Wellmann war ins Grübeln gekommen.
»Ja, vielleicht, obwohl bei Langenbach sicherlich was faul ist. Alleine schon der Schuss auf Barbara Steinle. Schade, dass wir ihm das bisher nicht nachweisen konnten. Andererseits kann ich mir auch nicht erklären, woher er von unserem Treffen an der Fähre hätte wissen sollen. Er stand sicherlich nicht neben ihr, als sie mich auf dem Handy angerufen hat.«
Sternberg warf ein: »In diesem Korruptionsbrei finden sich aber sicherlich genügend Mordmotive. Ganz so toll läuft das Kartell nun auch wieder nicht. Bei den vier Baufirmen gibt es doch gewaltige Unterschiede. Seebold zum Beispiel geht es überhaupt nicht gut, der muss bestimmt bald dicht machen und von den anderen steht eigentlich nur Langenbach wirklich blendend da. Ich denke, wir müssen auf jeden Fall auch in diesem Bereich weiter nachbohren.«
»Eines steht auf jeden Fall fest. Die Dateien waren nicht nur im Online-Speicher, sondern bestimmt auch auf der tragbaren Festplatte und sie hätten jedem im Schmiergeld-Sumpf gefährlich werden können.
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