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Hades und das zwoelfte Maedchen

Hades und das zwoelfte Maedchen

Titel: Hades und das zwoelfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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seine Ohren bestimmt. Mit den Lippen streifte sie seine Wange, während er den Kopf senkte, den Blick auf den Sonnenuntergang zu seinen Füßen gerichtet. „Ich habe in meiner Existenz viele Fehler begangen, aber ich verspreche dir, das wird keiner davon. Ich werde jemanden für dich finden. Nicht bloß irgendjemanden – sondern die Person, die du schon immer verdient hast.“
    Er brachte ein winziges Lächeln zustande. Es war kein Geheimnis, dass sie sich die Schuld an dem gab, was mit Persephone geschehen war. Wenn dies für sie eine Chance war, ihre Schuldgefühle loszuwerden, würde er sie ihr nicht verweigern. Doch den Schmerz in seinem Innern, ein ewiges Feuer, das jeden Fetzen seines Glücks zu Asche verbrannte, würde eine Fremde nicht auslöschen können. Selbst wenn Diana recht hatte, selbst wenn es da draußen eine gab, die in jeder Hinsicht perfekt für ihn war, die auf irgendeine Weise eine noch engere Seelenverwandte für ihn war als Persephone – sie könnte ihn nicht heilen. Das konnte niemand.
    Doch er würde Diana diese Chance geben. Weil er sie liebte und weil sie schon genug durchgemacht hatte. Sie verdiente das hier genauso sehr, wie er es verdiente, seine eigenen Entscheidungen treffen zu dürfen. Das war das Mindeste, was er für sie tun konnte, bevor er sich dem Vergessen anheimgab.

INGRID
    Drei Jahre lang wartete Henry.
    Er wusste, dass es ein Mädchen geben würde; unablässig durchkämmte Diana die Erde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie jemanden für ihn fand. Und während er wartete, fragte er sich in seinen Träumen, wie sie wohl sein mochte. Jung, alt, lustig, stoisch, fröhlich oder so elend, wie er sich fühlte – alles war möglich. Doch wann immer er versuchte, sich ihr Gesicht vorzustellen, sah er nur Persephone.
    War es überhaupt ethisch vertretbar, eine Sterbliche zu bitten, seine Königin zu werden? Sie den Prüfungen zu unterziehen und von ihr zu verlangen, die Hälfte der Ewigkeit aufzugeben, wenn sie sie bestand? Und was würde geschehen, wenn sie versagte? Diana hatte ihm versprochen, dass er sich über all das keine Sorgen machen musste. Aber natürlich tat er es trotzdem. Wenn er der Grund sein sollte, aus dem dieses Mädchen, diese Frau, alles hinter sich ließ, was sie kannte, dann blieb ihm keine andere Wahl, als ihr ein Happy End zu schenken, egal auf welche Weise.
    Schließlich kam Diana eines Abends zu ihm, als nur noch ein paar wenige Seelen von der Gruppe im Thronsaal warteten, die James zuletzt hergebracht hatte. Ganze drei Tage hatte er gebraucht, um über sie alle zu richten – zwei Tage länger als noch vor tausend Jahren. Und er wollte gar nicht daran denken, wie viele Seelen noch vor den Toren des Palasts darauf warteten, dass sie an die Reihe kamen. Natürlich bestand kein Grund zur Eile, aber er war beschämend weit im Rückstand. Und sie hatten ihre Ewigkeit verdient.
    „Bruder“, murmelte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Du siehst gut aus.“
    Das war eine Lüge, und sie wussten es beide. Aber er ließ sie ihr durchgehen, als er ihren Wangenkuss erwiderte. „Genau wie du. Ich nehme an, du bringst Neuigkeiten?“
    „Oh ja.“ Sie trat weit genug zurück, um ihm in die Augen sehen zu können, und ein schelmisches Lächeln spielte um ihre Lippen. „Ich hab sie gefunden.“
    Einen langen Augenblick schwieg Henry. Natürlich hatte er gewusst, dass es irgendwann so kommen würde, aber es jetzt aus ihrem Mund zu hören – anzuerkennen, dass es da draußen ein Mädchen gab, von dem Diana glaubte, es würde zu ihm passen …
    „Wer ist es?“, fragte Henry schließlich, und Diana drückte seine Hand.
    „Sie heißt Ingrid, und sie ist wunderschön. Sie ist unbeschwert, liebevoll, fröhlich … und Theo ist sich sicher, dass sie die Richtige ist.“
    Theo – Apollo –, der auf alle Orakel dieser Welt zugreifen konnte. Wenn Theo sie für die Richtige hielt, konnten nicht einmal die Moiren etwas dagegen einwenden.
    „Also dann“, sagte Henry. „Bringst du sie hier herunter?“
    „Du wirst sie an der Oberfläche treffen“, entgegnete Diana. „In einem Waisenhaus in New York.“
    Seine Augenbrauen schossen nach oben. „Ein Waisenhaus? Ist sie eine Schirmherrin?“
    „Nein, eine Bewohnerin“, erklärte Diana ihm so geduldig wie eine Mutter einem Kleinkind. „Und sie hat keine Ahnung, dass du zu ihr kommst.“
    Eine Bewohnerin, also eine Waise – ein Kind. Seine Schwester wollte ihn mit einem Kind verkuppeln. „Wie alt

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