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Hades und das zwoelfte Maedchen

Hades und das zwoelfte Maedchen

Titel: Hades und das zwoelfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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ist sie genau?“
    „Sie ist letzte Woche sieben geworden.“
    „ Sieben? “
    „Es versteht sich von selbst, dass keine Rede davon sein kann, sie sofort zu umwerben“, fuhr sie fort. „Das muss mindestens so lange warten, bis sie volljährig ist. Aber ich dachte, wenn sie dich schon von klein auf kennt, wenn du dir irgendwie einen Platz in ihrem Leben erarbeiten kannst …“
    „Als was – als Onkel? Als Vaterfigur? In unserer Familie mag eine solche Beziehung akzeptabel sein, aber für ein sterbliches Kind …“
    „Darf ich vielleicht mal ausreden, bevor du mir ins Wort fällst?“, fuhr Diana empört dazwischen, und mit finsterer Miene hielt Henry den Mund. „Danke. Also, James wird hier unten deine Aufgaben übernehmen. Und sieh mich nicht so an – er ist der Einzige, der die Unterwelt dafür gut genug kennt. Davon abgesehen braucht er die Übung, für den Fall, dass wir scheitern.“ Aber ihr Tonfall machte offensichtlich, dass sie davon nicht ausging. „Was dich angeht, habe ich gedacht, es wäre vielleicht am besten für dich, wenn du dich nahtlos in das Waisenhaus einfügst. Als Kind.“
    Er verengte die Augen. Da verlangte sie also tatsächlich von ihm, mit einer Lüge in eine Beziehung zu starten. An sich hätte es ihn nicht wundern sollen, aber die Vorstellung, ein Kind so zu manipulieren, dass es ihn liebte, nur um es von der Oberfläche fortzuholen, sobald es im heiratsfähigen Alter war … Walter war das zuzutrauen, aber eigentlich hatte Henry geglaubt, er hätte so etwas nicht nötig. „Und was würde es schaden, zu warten, bis sie etwas älter ist?“
    „Bis dahin hat sie vielleicht einen Grund gefunden, dich abzuweisen“, bestätigte Diana seinen Verdacht. „Und so furchtbar wäre es nicht, sich mit ihr anzufreunden, um dieses Risiko zu umgehen, oder?“
    „Ich würde es lieber nicht tun“, entgegnete er ausdruckslos.
    „Du hast versprochen, du würdest es versuchen, und mehr verlange ich nicht von dir. Ich rede nicht von irgendetwas Anzüglichem oder Unmoralischem. Ich schlage einfach nur vor, du gibst ihr eine Chance, deine Freundin zu werden“, beharrte Diana. „Ich bin selbst Mutter, wenn du dich erinnerst, und ich würde es niemals billigen, dass du ein solches Interesse an einem Kind entwickelst. Aber ich weiß auch, dass du so etwas nie tun würdest. Ebenso ist mir die nicht auszuschließende Möglichkeit bewusst, dass, selbst wenn ich eine Königin für dich finde, diese Frau für dich nicht mehr sein wird als eine Freundin. Dieses Risiko gehe ich ein. Eine Königin und Vertraute ist besser als gar nichts.“
    Er seufzte. „Und du schwörst, wenn sie und ich uns als Freunde nicht verstehen, drängst du uns auch nicht zu mehr?“
    „Ich schwöre es.“ Sie drückte seine Hand. „Und jetzt komm. Lass uns gehen und sie kennenlernen.“
    Die Reise an die Oberfläche war nicht anders als sonst auch, aber als sie in den Straßen von New York ankamen, begann sich Panik in Henry auszubreiten. Sie wuchs, bis er praktisch bewegungsunfähig war. Die Wege waren überlaufen von umherhastenden Männern und Frauen, die ihren Geschäften nachgingen und dabei unbeeindruckt den Pferdekutschen auswichen, die mit halsbrecherischer Geschwindigkeit an ihnen vorbeiratterten. Und – Henry blinzelte – ebenso pferdelosen Kutschen, die sich ganz von allein zu bewegen schienen. Trotz seines Erstaunens konnte er sich nicht damit aufhalten, das näher zu erforschen, nicht heute. Er schluckte seine Nervosität herunter und nahm die Gestalt eines Jungen an, kaum älter als Ingrid, während Diana seine Hand nahm, als wäre sie seine Mutter.
    Bis zum Waisenhaus war es nicht weit, und schon bald betraten sie das schmale Gebäude. Weil es eng zwischen anderen Häusern stand, kam Tageslicht nur durch die kleinen Fenster an der Vorder- und Rückseite herein. Die restliche Helligkeit ging von einer Art von Lampen aus, wie Henry sie noch nie gesehen hatte.
    „Ah, Diana“, erklang die Stimme einer Frau vom oberen Ende einer Treppe herab. Henry reckte den Hals, als eine matronenhafte Dame die Stufen herunterkam, die ihn an seine Schwester Sofia erinnerte. „Ist das der Junge?“
    Seine Lieblingsschwester nickte. „Er heißt Henry. Mehr als das wollte er mir nicht verraten.“
    „Ach, mein Kleiner.“ Die Frau kniete sich vor ihn, und Henry beäugte sie, während er von einem Fuß auf den anderen trat, um sich an seinen neuen Körper zu gewöhnen. Natürlich hatte er seine Gestalt schon öfter

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