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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Stück weiter offen als
gewöhnlich, bot sich ihm doch ein Anblick, der auch den wüstenkundigsten Manne bezaubert hätte, wie erst den stadtgewohnten Engländer.
    Vor den beiden Männern breitete sich ein steinernes Paradies aus. Geschaffen von einem Baumeister, den man Allah nennen mag oder Jahwe, Buddha, Shiva, Manitou oder am besten Gott, so wand sich ein ehemaliger Flußlauf geradewegs durch jenen Teil des Tassili-Gebirges. Dessen einstiges Bett wäre ob seiner Größe, Tiefe und Breite mit dem Begriffe »Wadi« nur unzureichend benannt gewesen. Weil nun einmal Sir Edward das Gespräch auf die Landschaften Nordamerikas gebracht hatte, war an die dort übliche Bezeichnung »Cañon« zu denken. Zu Dutzenden spannten sich Steinbogen über die steinige Ebene, keiner niedriger als wenigstens fünf Manneslängen, dabei breit genug für mindestens zehn Berittene nebeneinander. Verstreut gelegen und oftmals versetzt, machte diese Abfolge von Portalen und Kuppeln den Eindruck, als hätte eine übermenschliche Hand sie aufgereiht, als wären sie Kulissen für einen Triumphzug griechischen oder römischen Ausmaßes, eine Ausstellung nicht der geringsten Wunder unserer Erde: Die Urmeere, welche einst die Wüste durchzogen, hatten hier die bizarrsten Formen und Bauten hinterlassen.
    Ohne Sir Edwards Begeisterung zu kommentieren, lenkte Halef sein Kamel vom bisherigen Wege ab. Zielstrebig hielt er auf den ersten der Bogen zu. Vor Jahrmillionen mochte dieser Teil eines wasserumtosten Riffs gewesen sein, jetzt warf er Schatten über den Boden, und diese waren so lang, daß sie den eines gewissen kleinen Haddedihn-Scheiks ins Gigantische vergrößerten.
    Wiewohl diese Eskapade einen kräftezehrenden Umweg erforderte, widerstand Halef nicht, dieses Tor und selbstverständlich jedes weitere zu passieren, wiewohl sein Interesse schwerlich der Geologie galt. Mitten hindurch durch eine jede dieser Ehrenpforten dirigierte er jeweils sein Kamel und sein Dromedar, wobei auf seinem Gesicht die Vorstellung von einem siegreichen Heimkehrer glänzte, dem groß und klein, jung und alt von Herzen huldigte.

    Sir Edward blieb nichts anderes übrig, als jede dieser immer gleichen Szenen zu beobachten. Sein Mund zeigte jenes eigentümliche Lächeln, wie es eben nur Engländern zu eigen ist.
    » Go on, Sir, go on, reitet nur immer weiter! Man könnte denken, Ihr wärt ein Held, so stolz durchquert Ihr dieses Gekrümm. Vergeßt aber nicht haltzumachen, sobald wir an die versprochenen Höhlen gelangen, ja? Gern verkünde ich Eure Glorie aller Ewigkeit, doch erst in Gegenwart gewisser Zeichnungen, erinnert Ihr Euch?«
    Halefs Gefühle waren viel zu himmlisch, als daß er sich an solch irdischen Anzüglichkeiten störte.
    »Wirklich, Effendi, ich fühle mich wie ein Sieger. Mit Allahs Hilfe liegen nun schon viele Abenteuer glücklich hinter mir, so daß ich, um ihn zu preisen, noch den größten Umweg in Kauf nehme. Denke nur, wenn der Erbarmer bequem sein wollte, wenn der Barmherzige nur aus der Ferne auf mich blickte, anstatt mir ganz nahe zu sein wie stets – verloren wäre ich! Allein ihm zu Ehren passiere ich jedes seiner Zeichen, eines nach dem anderen.«
    »Zumal Ihr dabei einzig wirkt, verehrter kleiner Sir. Terrific, irresistible, gorgeous  – hervorragend, unwiderstehlich, hinreißend.«
    »Wirklich, Effendi, ist das so? Aber dafür kann ich nichts. Es liegt in meiner Natur, überlegen zu wirken. Wie schade, daß dein Apparat neulich, bei dem Sandsturme, zerstört wurde. Sicherlich würdest du jetzt gern einige Platten unter deine Kamera legen und Photographien von mir anfertigen.«
    »Sir, ich zweifle, daß das sinnvoll wäre. Nun wir einen Bogen nach dem anderen hinter uns bringen, finde ich sie allmählich langweilig, auch brennt mir die Sonne zu heiß. Nein, wenn überhaupt, so lichtete ich Euch nahe dem Felsmassiv ab. Unter seinem überhängenden Gestein wirkt Ihr noch kleiner, als Ihr es ohnehin seid. Goodness me, das gäbe eine Aufnahme!«
    »Effendi, lache nicht. Beachte lieber den Unterschied zwischen klein und wohlgewachsen. Blicke auf dich selbst – empfindest du
dich nicht zuweilen als zu lang, zu dürr? Selbst wenn du mich photographiertest, auf keinem der Bilder wärst du selbst zu sehen. Wie wolltest du, nach Hause zurückgekehrt, Beweis führen, daß du hiergewesen bist, an wessen Seite du reisen durftest? Deine Freunde, deine Verwandten, wer wollte dir Glauben schenken? Erst recht deine Brüder, deine Schwestern,

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