Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
Vom Netzwerk:
ganze Zeit hatte ich wohl den Häuptling angestarrt, vertieft in meine Überlegungen. Indes, feinfühlig, wie er war, hatte er meinem Blick standgehalten und geduldig auf Antwort gewartet.
    Erst jetzt bemerkte ich, daß unsere Pferde zwar immer noch Schritt gingen, wir aber doch bereits eine ziemliche Strecke hinter uns gebracht hatten – wie recht hatte Winnetou, als er von Schatten sprach. Wirklich hatten solche sich auf meinen Geist und auf mein Gemüt gelegt.
    Verlegen rekelte ich mich und gab mir Mühe, zurück in die Wirklichkeit zu finden.
    Winnetou kam mit Iltschi ganz nahe an mich heran. Liebevoll streckte er seine Linke zu mir herüber, welche ich in meine Rechte nahm und innig drückte.
    »Scharlih tut gut daran, seine Gedanken zu versammeln. Er wird sich weiter mit ihnen beraten und mag zu Winnetou darüber sprechen, wenn er die Zeit für gekommen hält.«
    So sprach Winnetou, und da war es auch schon vorbei mit Besinnlichkeit – Schüsse peitschten, denen wie ein verkehrtes Echo Indianergeheul folgte!
    Alarmiert, doch auch irritiert, blickte ich umher, zum einen der Schüsse wegen, von denen ich nicht wissen konnte, ob sie uns galten, zum anderen weil ich eine gänzlich veränderte Umgebung vorfand. Als ob die Prärie pausieren wollte, glich sie nun, wenn auch in ganz anderem Maßstabe, einer Gegend, die mir vertraut war, nämlich dem kroatischen Paklenica, was soviel heißt wie
»kleine Hölle«, und mit ihrem Karstfelsen nicht unähnlichen Gestein sah sie ein wenig dem Velebit-Gebirgszug gleich. Ich behaupte, hätten wir nicht auf den Green River zugehalten, es hätte auch der Zrmanja-Fluß sein können.
    Dies also war die Landschaft, in der jene Schüsse gefallen waren, denen in kurzen Abständen weitere folgten. Schnell drängte ich Hirtreiter und Everts hinter eine Baumgruppe, wies ersteren an, sein Gewehr hervorzuholen, aber tunlichst nicht zu schießen, und letzterem schärfte ich ein, sich einfach ruhig zu verhalten, was immer auch geschehe. Denn schon erklommen Winnetou und ich mit unseren Pferden eine Anhöhe, von der aus sich uns folgendes Bild bot:
    Keine Meile entfernt unter uns ereignete sich eine ziemlich ungleiche Jagd. Das Verhältnis zwischen Jägern und Gejagten hätte nicht ungünstiger sein können, weil wenigstens zwei Dutzend Rote zwei Reitern nachsetzten, deren Pferde zusehends zurückfielen. Das Vorgelände stieg merklich an, aus den Gebirgsausläufern wuchsen erste, übermannshohe Felsen. Für Winnetou und mich als Beobachter dieses Wettgaloppierens war klar, daß es sich bei den Verfolgten um die beiden Gesuchten handelte. Sie befanden sich bereits im Hintertreffen, aber fielen sie noch weiter zurück oder holten ihre Verfolger ungehindert auf, waren sie in den nächsten Minuten verloren.
    Ein Blick zwischen mir und Winnetou – der Apache hielt die Silberbüchse in Brusthöhe und setzte auf die Flanke der Indianer an.
    Und ich? Ich blieb, wo ich war, und nahm die Hand von Hatatitlas Zügel, für ihn ein gelerntes Zeichen, nun unter allen Umständen ganz ruhig zu stehen. Während Winnetou einen Ablenkungsangriff unternahm, wollte ich ebensolche Schüsse tun. Welches von meinen beiden Gewehren ich zu wählen hatte, um der beinahe sicheren Beute der Roten zu Hilfe zu kommen, war daher keine Frage. Anders als man vielleicht erwarten könnte, wählte ich gerade nicht den Henrystutzen. Diese Entscheidung mag verwirren, bot
mir mein Schnellfeuergewehr mit seinen fünfundzwanzig Patronen doch genug Gelegenheit, Mann für Mann der Indianerhorde abzuschießen. Doch was wäre mit einem solchen Gemetzel erreicht worden? Auch wollte ich nicht unnütz Munition verfeuern, weshalb mein Bärentöter genau die richtige Waffe war. Das überschwere Gewehr mit dem extragroßen Kaliber 22 Millimeter – wie der Henrystutzen ein Geschenk meines lieben Mister Henry aus St. Louis – würde den Effekt erzielen, auf den es mir ankam: Ich wollte die Indianer abschrecken, sie aber möglichst nicht töten.
    Den Zweiläufer im Anschlag, reckte ich mich im Sattel empor, so daß ich in den Steigbügeln fast stand. So konnte ich Winnetou besser sehen und seinen Abstand zu den Reitern einschätzen. Keinesfalls sollte mein erster Schuß zu früh, aber auch nicht zu spät erfolgen.
    Jetzt war der Apache auf Sichtweite zu den Feinden heran, bei welchen es sich offenbar um Schoschonen handelte. Dies war bereits der rechte Augenblick. Ich ließ mich wieder in den Sattel sinken, um mir nun möglichst festen

Weitere Kostenlose Bücher