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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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mitgenommenen Anzug und als Kopfbedeckung einen Stetson. Auch er wehrte sich beharrlich, gegen die nun zu Fuß über die Felsen vorrückenden Indianer, vielleicht sogar mit noch mehr Vehemenz. Jener Verteidiger war, wenn nicht groß zu nennen, so doch höher gewachsen als Halef. Anstatt eines Revolvers sah ich in seinen behandschuhten Händen eine ordentliche Büchse, die er zu handhaben wußte und aus welcher er, wie Halef um eine ständig veränderte Position bemüht, Schuß um Schuß feuerte und blitzschnell nachlud.

    Bei diesem Umherspringen auf engstem Raume geschah es, daß die beiden zusammenrempelten. Der Hut des Unbekannten rutschte in den Nacken, und da! Wie hellster Weizen quoll und lockte es über Gesicht und Schultern, und ich sah – ich sah – eine Frau, ein Fräulein, ein Mädchen: Alma!
    Ja, sie war es. Es war die Alleinreisende, die im Boarding House zu Cheyenne für Tumult gesorgt hatte, der resolute junge Gast von »Mister Faffle«. Zum Spähen blieb keine weitere Zeit, der ungleiche Kampf spitzte sich zu. Hinüberzueilen, dafür war es zu spät. Abermals nahm ich eines meiner Gewehre zur Hand, diesmal jedoch den Henrystutzen.
    Wieder stand Hatatitla wie aus Stein gemeißelt da – ich legte auf eine Gruppe von Schoschonen an, die sich bereits so weit an Halef und das Fräulein herangewagt hatten, daß es jeden Augenblick zum Handgemenge kommen mußte. Bisher hatte es, soweit ich sehen konnte, weder Tote noch Verletzte gegeben. So faßte ich als meine Ziele in der Sonne blitzende Gewehrläufe ins Auge sowie die Steinblätter mehrerer zum Schlage erhobener Tomahawks.
    Sieben Mal schoß ich, ohne Unterbrechung. Um noch deutlicher als Verstärkung wahrgenommen zu werden, drehte ich mich um einen Winkel von ungefähr fünfundvierzig Grad, wählte mir ein paar weitere Indianer und gab eine zweite Salve jeweils auch auf deren Waffen ab, nochmals sieben Schüsse.
    Es fiel ein zusätzlicher Schuß, aber aus einer anderen, ebenso bekannten Waffe: Die Silberbüchse hatte sich in die freundliche Konversation gemengt! Wie so oft hegte Winnetou zur selben Zeit denselben Gedanken wie ich. Auch er zog es vor, die Angreifer lieber abzuschrecken, anstatt sofort ihr Blut zu fordern.
    Denn schon hatten unsere Schüsse die Situation verändert. Als deren direkte Folge standen zahlreiche Schoschonen ohne Waffen da und mußten Schlimmeres gewärtigen. Notgedrungen ließen sie von Halef und Alma ab; langgezogene, enttäuschte Indianerrufe flirrten durch die Luft. Im Nu zogen die Angreifer sich zurück,
und mit dem Ausrollen des letzten Echos unseres Gewehrfeuers verebbte der Kampf in den Schründen der Felsen.
    In jenem Augenblick, ich will es nicht leugnen, vergaß ich darauf, zu Hirtreiter und Everts zurückzukehren und die beiden nachzuholen. Zu groß war meine Freude, Halef, meinen Gefährten aus unzähligen Wüstenabenteuern, wiederzusehen: Der Mexikaner hatte sich endgültig als ein Beduine erwiesen, und auch sein grüner Sombrero durfte endlich sein, was er war: ein prachtvoller, obgleich ziemlich ramponierter Turban, welcher die Ausdehnung der Sahara, aber auch die strahlende Farbe des Islams besaß. Wer beschreibt die Freude, mit der ich Halef entgegeneilte, wer den Jubel, mit dem wir uns in die Arme fielen:
    »Sihdi!«
    »Halef!«
    »Hamdulillah!«
    »Gott sei Dank!«
    Er war aus seinem steinigen Versteck hervorgekommen, sobald er mich auf Hatatitla hatte heranpreschen sehen. Die Besonderheiten meines Rappens im Vergleich zu Rih hatte ich ihm so oft beschrieben, daß für ihn eindeutig war, wer jener Reiter sei. O wie herzten und drückten wir uns:
    »Der Friede sei mit dir und die Gnade Allahs!«
    »Und Friede sei mit dir und ebenso Gottes Gnade und Segen!«
    Wir schämten uns unserer Freudentränen nicht, obgleich ich wußte, daß Winnetou uns beobachtete, mit dem ich mich auf gemessenere Weise wiederzusehen pflegte.
    »Allah akbar, Gott ist groß!« sprudelte Halef, in seinem recht ordentlichen Englisch weiter. »Daß du lebst, Sihdi, und gesund bist, läßt mein Herz hüpfen. Viel zu lange mußtest du meines Schutzes entbehren, aber du hast alle Gefahren überstanden. Wiewohl du ein Ungläubiger bist, stehst du doch in Allahs Huld!«
    »Und ich, Halef, danke dem Himmel, daß weder ein Pfeil noch eine Kugel dich verletzen konnte. Wie Löwen habt ihr euch
gewehrt, und wie Berserker sind wir unter die Indianer gefahren, hast du es gesehen?«
    »Ja, Sihdi, ich habe es gesehen; alle miteinander sind wir

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