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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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große Helden und Krieger! Aber sage mir, vermißt du nicht die Wüste, fehlt dir nicht ihr Wind? Beobachtest du das Fasten, den Verzicht auf Alkohol? Rauchst du mäßig, doch nie zuviel? Sind deine Tage glücklich, deine Nächte friedlich? Grünen deine Weiden, lohnt dein Schreiben? Entrichtest du die Armenspende, und zollst du genug deinem Herrscher? Lebst du frei, und wirst du geachtet, und bist du – – – ?«
    »Ja, Halef, ja und abermals ja«, beantwortete ich summarisch alle diese sehr orientalischen Fragen.
    »Und wie steht es um dein Heim, deinen Herd, deine Zelte? Reift die Hirse, trägt deine Kuh? Schere das Schaf nur bei Vollmond, und kupiere den Hammel, sobald er zu häufig springt!«
    »Alles reift und trägt, Halef, und es wird kupiert, wo nötig. Ob Pflanze oder Tier, es ist alles wohlauf!«
    Welch morgenländische Seufzer und welche abendländische Schluchzer erhoben sich da zwischen den nordamerikanischen Felsen! Und wie Halef aussah, wie er sich zurechtgemacht hatte!
    Man stelle sich den kleinen und doch recht muskulös gebauten Manne in einem schwarzen Gesellschaftsanzug letzter Façon vor, das Ganze aber aus grobem Stoffe gewirkt, daß er noch den härtesten Beanspruchungen genüge. Gleichzeitig war dieser Anzug so eng geschnitten, daß ein Mann von Eitelkeit sich darin vorteilhaft auszunehmen vermochte. Als Leibriemen hatte sich Halef durch die Schlaufen seiner Hose, welche ihm beinahe bis an die Brust reichte, die rot-weiß gewürfelte Stoffbahn eines Keffije, der traditionellen Kopfbedeckung der Beduinen, gezogen. Darin steckten nun wieder zwei Revolver, welche jenen glichen, die ich ihm einst geschenkt hatte. Aus der Mitte dieses Arsenals blinkte ein reich verzierter Krummdolch, welcher in einer ebensolchen Metallscheide ruhte. Um die Schultern trug der Scheik einen Burnus, den Kapuzenmantel der Wüstennomaden, auf den zu verzichten er
auch in Amerika keinen Anlaß sah. Dieser Mantel war gleichfalls als ein schwarzer gewählt, was ihn von der Seite oder rückwärtig wie einen Opernbesucher aussehen ließ, kaum noch wie einen Araber.
    Auf dem Kopfe jenes Scheibenrad von einem Turban, der schon so vielen Menschen in diesem Lande zu denken gegeben hatte. Von vielerlei Schmauchspuren mehr geschmückt als beschmutzt, sah man immer noch, daß er vor noch gar nicht langer Zeit neu gewesen war und jedenfalls nicht billig.
    Aber das Schuhwerk! Anstatt sich mit einem ordentlichen Paar Lederstiefel zu versehen, am besten mit gehärteten Spitzen, der Klapperschlangen, Vipern und Ottern wegen, trug Halef seine üblichen Sandalen. In ihnen steckten seine nackten Füße ohne jeden Schutz; ein Bild von Unbekümmertheit!
    Kaum hatte ich Halef gemustert, wurde mir dieselbe Widmung zuteil. Unablässig die schwarzen Äuglein rollend, klatschte er, nach Wüstenart, in die Hände, was bei den Beduinen Erstaunen ausdrückte.
    »Aber Sihdi, in welche Kostümierung hast du dich geworfen! Bist du es, bist du Kara Ben Nemsi, der Züchtiger des Reïs Effendina, der Retter Mohammed Achmeds, des Fakirs el Fukara, sowie der Sieger über Ibn Asl, den grausamsten Menschenjäger des Sudans 59 ? Deinen wundervollen Körper sehe ich gegürtet und geschnürt mit Fransen und Tierborsten, mit schwerem Leder und dicker Wolle. Was hat erst dieser Strick um deine Brust zu bedeuten? Wozu die Krallen und Zähne, die deinen Hals umkränzen, all diese Gegenstände in deinem Gürtel, die dir doch zum Schießen nicht notwendig sind? Und wo ist dein Fez, Sihdi, wo dein schönes türkisches Gewand, wie ein Bey oder Aga 60 es nicht feiner tragen könnte?«
    »Dies alles, Halef, wird dir deutlich werden, wenn ich einen Schritt zurücktrete«, lachte ich und tat es. Dabei sah ich an mir
hinab: das tiefbraune Elkleder mit seinen roten Fransen, das Leinen, der Filz, dies alles bildete meinen Trapperanzug und verlieh mir allerdings ein ganz anderes Gepräge als die Wüstenkleidung, welche Halef an mir gewohnt war. Würdevoll, wie ich meinte, streckte ich darum die Arme aus, drehte mich einmal um die eigene Achse und sprach:
    »Sieh mich an, Scheik der Haddedihn, vor dir steht nicht Kara Ben Nemsi, sondern Old Shatterhand. Mein Gewand ist von feinster, haltbarster indianischer Machart. Das Leder etwa stammt von Tieren, die ich selbst erjagt habe, nicht weniger diese Zähne und Krallen eines Bären. Der Strick ist kein Strick, wie du glaubst, sondern ein Lasso. Mit ihm fängt man zwei- oder vierbeinige Störenfriede. Die vielen Dinge an meinem

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