Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal

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Halt zu verschaffen; der Rückstoß des Bärentöters kann einen Mann sogar im Stehen umwerfen.
    Hatatitla aber stand ehern wie ein Denkmal. Feuer!
    Der Hall dieses Doppelschusses brach sich an den Felswänden. Seiner Wirkung gewiß, lud ich unverzüglich nach.
    Und wirklich, die Indianer zeigten sich zutiefst erschrocken. Verstört blickten sie in die Richtung, aus der überraschend auf sie gefeuert worden war, zudem sahen sie einen einzelnen Reiter auf sie zuhalten. Über seine Person brauchten und sollten sie nicht raten; wo eines von Old Shatterhands Gewehren sprach, mußte sich auch Winnetous Silberbüchse zu Wort melden.
    Der vorderste Reiter der Schoschonen, ein massiger, großgebauter Mensch, riß den Arm in die Höhe – war das Donnerwolke, ihr Häuptling? Unverzüglich folgte man seinem Befehle. Die Roten ließen sich zurückfallen, fielen ab zur Seite, fort von den Felsen und wieder der Ebene zu. Schließlich verschwanden sie in die
Richtung des Horizonts, kurz bevor Winnetou zu dem Gestein aufgeschlossen hatte und sein Pferd anhielt.
    Wie aber stand es um die beiden Verfolgten?
    Jenen unerwarteten Schuß hatten sie, wie ich bemerkte, wahrgenommen, nicht jedoch den zusätzlichen Reiter, also Winnetou. Ihn konnten sie nicht erkennen, da ihre Aufmerksamkeit ganz auf ihr Entkommen gerichtet war. Um so mehr wurde ihnen nun bewußt, daß die Gefahr fürs erste abgewendet war. Ihre Feinde verschwanden in der Weite der Prärie.
    Ich gab den Bärentöter beiseite und faßte in eine meiner Satteltaschen. Das Reisefernrohr herausgenommen und ans Auge gesetzt, wollte ich mir nun doch die Gesichter jener knapp dem Tode Entronnenen besehen. Allein, in diesem Moment erreichten sie eine von Geröll umschlossene Anhöhe, so daß sie meinem Blicke schon wieder entzogen waren.
    Ein Schwenk, und ich sah Winnetou, der sich immer noch im Schutze des Felsengezacks hielt. Auch er spähte erst eine Weile, ehe er Iltschi, anstatt zu traben, munter tänzeln ließ – aus ihrer Deckung sollten unsere Schutzbefohlenen sehen, daß sich ihnen zwar ein weiterer Indianer näherte, doch in einer für deren Pferde ganz unüblichen Gangart. Sobald der Häuptling auf Rufweite heran wäre, würde er sich zu erkennen geben – wer wurde nicht gern von Winnetou und Old Shatterhand gerettet?
    Doch es kam anders. Gerade als ich gleichfalls Hatatitla vorantreiben wollte, brach zwischen den Felsen, genau über den beiden just Geretteten, neues Unheil hervor. Wieder waren es Schoschonen, wie der Angriffsschrei verriet, ein zweiter Trupp, der gleichzeitig mit dem ersten, aber von der anderen Seite her vorgerückt war. Die Schüsse hatten sie gehört, sich das Ihre gedacht oder erhofft, aber wegen der Felsen den unerwarteten Verlauf nicht beobachten können.
    Seitens ihrer Gegner schlug ihnen heftiges Gewehrfeuer entgegen – ich ritt noch nicht los, sondern setzte abermals das Fernrohr ans Auge.

    Es war etwas in mir, was man Eingebung nennen kann, etwas, was mich zwang, mir inmitten des Schußwechsels endlich die Gesichter der Verteidiger anzusehen. Jedoch nicht eine, gleich zwei Überraschungen waren es, die mich erwarteten. Noch heute fühle ich jene Starre, die mich damals ergriff und für eine Weile lähmte.
    Was ich sah, war in doppelter Hinsicht unglaublich.
    Da war zunächst ein kleiner, ein wenig rundlicher Mann, von dem kaum der Oberkörper, mithin kaum seine Kleidung zu erkennen war. Doch einen Revolver in der einen, einen Krummsäbel in der anderen Hand, sprang er quick in dem Felsenverstecke hin und her, um den mit Pfeilen und Gewehren schießenden Indianern kein festes Ziel zu bieten. Auf seinem Kopfe aber prangte ein riesiges grünes Etwas, dem man durchaus Ähnlichkeit mit einem mexikanischen Sombrero nachsagen konnte, und weil der wackere Kämpfer sich fortwährend drehte und wendete, konnte ich nun deutlich sein Gesicht erkennen. Trotz der Anspannung durch das Gefecht wies es die mir allzu bekannten, so pfiffigen wie gutmütigen Züge auf, daß ich einfach keinen Zweifel mehr haben konnte: Ja, hier focht Halef, mein lieber, lieber Freund! Er befand sich hier, in Nordamerika, an einem Orte, wie er verwegener und gefährlicher gar nicht sein konnte: Hadschi Halef Omar war in den Wilden Westen gekommen!
    Sogleich richtete ich das Fernrohr auf den anderen Schützen, der allerdings kein Mädchen, wie erwartet, sondern ein Mann zu sein schien oder vielleicht, ob seiner zarten Gestalt, ein Jüngling. Er trug einen schon reichlich