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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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hierherführen. Dann konnte der Vorteil, direkt am Wasser anstatt nahe den Felsen zu lagern, in einen Nachteil umschlagen, in eine taktische Katastrophe.
    Doch erst einmal empfing die Heimkehrer nicht Kriegs-, sondern Triumphgeheul. Von überall zwischen den Zelten quoll das rote Volk hervor und strömte seinen neuerdings siegreichen Kriegern entgegen. Daß diese keinerlei unberittene Tiere, folglich keinerlei Beute mit sich führten, schien niemand zu irritieren; wir Weiße fielen ja bereits durch unsere Hüte und unsere Kleidung auf, somit gab es wenigstens Gefangene.
    Mindestens ein dutzendmal war es mir schon vergönnt gewesen, unter stärkster Bedeckung und, so wie jetzt, gefesselt einer Horde von Feinden vorgeführt zu werden. Alle wollten mich begaffen und berühren, denn natürlich war die Kunde von meiner Ergreifung durch die vorausreitenden Krieger verbreitet worden, und an Donnerwolkes Pferd hingen, weithin sichtbar, meine Gewehre, diese ehrfürchtig beflüsterten Waffen. Ein Jubelgeschrei brach los. Im spitzesten Tone gellten Hunderte Indianerstimmen, lauter begeisterte Menschenkinder, die das höchst erbauliche Bild meiner Marterung bereits vor Augen hatten.
    Aber dann, Alma!
    Als die Männer und Weiber der Schoschonen das Mädchen bemerkten, schlug die Euphorie in Scheu um. Das Geschrei brach ab, die Menge riß auseinander. Ehrfürchtig bestaunte man das blondlockige Fräulein, die Goldene Squaw. Nunmehr umrahmt von Donnerwolke und Ma-ta-weh, ritt in das Indianerlager ein: die Leipziger Professorentochter Alma Grüner!
    Die Gefangennahme eines solch berühmten Westmannes und eines solch schönen Wesens, dies zusammen verschlug den Indianern die Sprache. Wie Potentaten sahen wir über alle Köpfe hinweg,
mußten es sogar, denn hätte man in unseren Augen Angst erkannt, wäre es um uns geschehen gewesen.
    Nachdem wir einmal das ganze Dorf durchquert und wieder von vorn Einzug gehalten hatten, brachte Donnerwolke sein Pferd vor einem reich geschmückten Tipi zum Stillstand. Es war jedenfalls sein eigener, denn wortlos eilten zwei junge Krieger herbei, ließen sich meine Gewehre reichen und brachten diese in das Zelt.
    Seinem versammelten Volke verkündete der Häuptling:
    »Old Shatterhand wurde gefangengenommen von Ma-ta-weh. Unser weißer Bruder hat schwere Vorwürfe gegen ihn vorzubringen. Darüber wird der Rat unserer weisen Männer urteilen. Noch ist Old Shatterhand kein Haar gekrümmt worden, doch muß er in Erwartung der Schmerzen zittern, die ihm bereitet werden, falls sie ihn für schuldig befinden. Noch heute abend werden sie entscheiden, welche Martern er zu erleiden hat, denn noch heute abend wird die Beratung stattfinden.«
    Oh – man wollte sich erst über mich beraten, wußte aber schon das Urteil?
    Das durfte ich nicht unwidersprochen hinnehmen. Zwar war einem Gefangenen das Wort nicht erlaubt, aber was kümmerte mich das?
    Ich befahl Hatatitla mit einem leichten Schenkeldruck, die Pferde meiner Bewacher zur Seite zu drängen. Diese waren zu verdutzt, als daß sie mich gehindert hätten. Als wäre ich Donnerwolkes Kampfgenosse und nicht Ma-ta-weh, schob ich mich zwischen diesen und Alma.
    Auch dieses Manöver unternahm ich mit Vorbedacht – Old Shatterhand neben der Schönen, das würde ein unvergleichliches Bild geben.
    Meine Vermutung bestätigte sich. »Uff, uff, uff!« rief es ringsumher. Ich sagte:
    »Old Shatterhand ist glücklich, das ruhmreiche Volk der Schoschonen besuchen zu dürfen. Nicht als ihr Feind kommt er zu ihnen, und doch wird er von ihnen so behandelt. Wer von ihnen
hat seine Tapferkeit an Old Shatterhand erproben können? Kein einziger Krieger hat ihn zum Kampfe gestellt, keiner hat ihn besiegt. Sie bedurften der Hinterlist eines Bleichgesichts, um ihn zu betäuben. Dies geschah hinterrücks, mit dem Gewehrkolben – freuen sich die tapferen Schoschonen solcher Siege?«
    Peinliche Stille lag über dem Dorfe. Schnell fuhr ich fort:
    »Eure Weisen bedürfen keiner Beratung, wenn sie ihr Urteil bereits kennen. Einen Mann, dem seine Richter nicht zuhören wollen, soll man lieber gleich töten. Allerdings werden die Schoschonen dann die eigentlichen Absichten Old Shatterhands nie erfahren. Er sagt sie ihnen als freier Mann, nicht aber als ihr Gefangener. Weil er zuversichtlich ist, daß man ihn als Freund aller Menschen, gleich welcher Hautfarbe, erkennen wird, wehrt er sich nicht gegen seine Fesseln. Führt mich vor eure Weisen, laßt mich zu ihnen sprechen! Ich bringe

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