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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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bavarois ist der Rote nicht zu haben. Kunstfertigkeit im Kochen nützt hier draußen nichts.«
    »Ihr meint – – – ?«
    »Das Glacieren, Desossieren, Filetieren – – – «
    » – – – auch das Degorgieren, Panieren, Legieren?«
    »Alles, lieber Freund. Wir werden schlicht geschunden und gequält. Danach kommt nicht ein Réveillon, sondern der Tod.«
    »Schrecklich!«
    »Ja, auf Raffinesse ist bei unserer Zubereitung nicht zu hoffen.«
    »Entsetzlich!«
    »Wir sterben als Geierfraß, als Hundemahl, als Hasenfutter, als Fischmehl – – – «
    »Degoutant!«
    » – – – als Knochenspende für die Wölfe, für die Kojoten, für – was ist, Sie sagen gar nichts mehr?«
    »Nein, Master, ich sage nichts mehr. Es hat mir die Sprache verschlagen. Uns hinterrücks zu überfallen, das gehört sich nicht, uns derart zu behandeln, noch viel weniger. Fragt nur den Eduard Peter Apollonius von Bomhard.«
    »Ein weiterer Mundkoch?«
    »Ich spreche von unserem ehemaligen Justizminister! Er wird Euch bestätigen, daß Gewalt nicht verstattet ist, denn diese Schoschonen – einstecken würde er sie, der Bomhard, dieses ganze Geschwerl 72 , dieses mistige, diese Hundsbuben, diese miserabligen!«
    »Aber Herr Hirtreiter, Sie wollten mich doch unbedingt begleiten. Wollen Sie immer noch die hiesigen Bräuche kennenlernen?«
    »Nein, leben will ich, frei will ich sein. Und heim will ich, zurück zu meinem König, in seine Schlösser, in die Berge und Täler und in mein Ebersberg. Den Schnee will ich rieseln sehen aus dem
weißblauen, bayerischen Himmel, nicht aus diesem Wildwestgrau. Noch nie in meinem Leben war ich gebunden. Alles, was mir zu diesem Begriffe einfällt, sind überhaupt nur Saucen oder Suppen, aber nicht derart ungustiöse Vorkommnisse. Bei jeder Küchenschlacht bin ich ganz vorn dabei, aber für Gemütserschütterungen wie diese bin ich nicht gemacht: Master, bei nächster Gelegenheit reise ich!«
    »Und das, obwohl von den Indianern noch niemand zu sagen weiß, ob Sie ein Bayer sind oder ein Preuße?« versuchte ich einen Scherz.
    Doch es war vergebens. Es gelang mir nicht, Hirtreiter aufzuheitern. Also drehte ich mich in meinen Fesseln zu Halef, der kaum einen halben Meter von mir entfernt lag und ganz still war. Auf arabisch flüsterte ich:
    »Halef, suchst du Trost im Gebet?«
    »Sihdi«, kam es matt zurück. »Nun ist mir mein Gebetsteppich abermals verlorengegangen. Zwar vermag ich Allah auch ohne diesen anzurufen, selbst wenn ich gefesselt bin, aber was ist mit den vorgeschriebenen Verneigungen, den rituellen Waschungen? Haben die Ungläubigen, die uns gefangen haben, kein Herz?«
    »Es steht zu befürchten, daß dem so ist. Aber ungläubig sind sie deshalb nicht. Du sprichst von Allah, ich spreche von Gott, sie glauben an Manitou.«
    »Sihdi, es gibt nur einen Gott, und der heißt Allah! Was für ein schreckliches Land ist dieses Amerika, was für Menschen leben hier! Effendi Hirtreiter hat mir erzählt, daß du es warst, der Effendi Everts das Augenlicht rettete. Dennoch hintergeht er dich und bringt uns alle in eine solch mißliche Lage. Und Amerika ist noch viel schlimmer: Anstatt Kamele hat man hier nur Mustangs, für meine Piaster will mir niemand Dollars geben, keiner verneigt sich gen Osten, aber alles strebt gen Westen. Und siehst du über uns Sterne? Ich sehe nur Wolken, sie können jeden Moment niederregnen. Wir bekommen nichts zu essen, man schlägt uns, niemand bietet uns Schutz. Trotzdem, Sihdi, bin ich gelassen, da du bei mir
bist. Wie alles weitergeht, brauche ich nicht zu wissen; es steht geschrieben. Ich erinnere mich der Geschichten, wie du sie mir in unseren Nächten immer erzähltest. Stets war es in vergleichbarer Lage so, daß man dich ins Lager der Indianer schaffte. Dort bedrohte man dich mit einem grausamen Tode, doch jedesmal fandest du Wege, den Feinden zu entrinnen.«
    »Halef, erinnere dich bitte vollständig: Zwar kam ich frei, doch zuvor mußte ich jedesmal um mein Leben kämpfen.«
    »Das tut nichts zur Sache. Immer waren deine Gegner Häuptlinge, die sich zu wichtig nahmen. Kein Wunder, daß du sie besiegtest, einen wie den anderen.«
    »Na, ganz so einfach war es nicht. Es gehörte schon etwas mehr dazu.«
    »Denkst du, man wird dich wieder kämpfen lassen?«
    »Es scheint so Brauch zu sein, wenn man Old Shatterhand heißt.«
    »Beim Allmächtigen und Erbarmer, du besiegst einen jeden! Da ich mit dir gefangen bin, wird Allah auch mich retten, weil du sein

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