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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Herr Rottenhöfer hat mich zum Koch gemacht!«
    »Das freut mich«, sagte ich, angetan von so viel Zuneigung und Respekt. »Aber wie heißt nun Ihr selbst?«
    »Ja«, seufzte der kleine Riese und schrumpfte schon wieder bedenklich. »Ich besitze natürlich einen Namen, gleichzeitig habe ich noch keinen – versteht Ihr?«
    Ich verstand den gemeinten Unterschied: Der Lehrling von damals hatte sich von seinem Lehrherrn zwar gelöst, sich aber noch nicht, bildlich gesprochen, von ihm entfernt. Vor mir stand ein überaus ehrgeiziger, bescheidener Mensch, der mir durch seine Demut immer sympathischer wurde.
    »Nur zu«, ermunterte ich ihn. »Nennt mir immerhin den Namen, den Eure Eltern Euch mitgegeben haben. Ich zweifle nicht daran, daß Eure Kochkunst ihn bald überall bekannt machen wird.«
    »Mein Herr, ich danke Euch für diese großzügige Einschätzung. Wirklich habe ich es bereits zu einem Beamten Seiner Majestät, König Ludwigs von Bayern, gebracht.«
    »Ja, Ihr wart bei ihm Hofkoch.«
    »O nein, das stimmt schon zweimal nicht! Ich stehe ja nach wie vor in Diensten; Majestät höchstselbst hat mich beurlaubt und hierhergeschickt. Zum anderen gibt die von Euch gebrauchte Bezeichnung Hofkoch nicht einmal die Hälfte meiner Pflichten und auch nicht die wahren Verhältnisse wieder. Denn nicht als Hofkoch diene ich unserem Regenten, sondern als Mundkoch, sogar als Erster Mundkoch! Als Küchenknabe habe ich mich hochgedient, mein Lehrmeister und Vorgänger war der berühmte
Johann Rottenhöfer – erwähnte ich ihn schon? Gewiß kennt Ihr sein vorzügliches Buch ›Anweisung in der feineren Kochkunst‹?«
    Bedauernd schüttelte ich den Kopf – konnte man sich Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi zwischen Töpfen und Tiegeln vorstellen?
    Ganz ungezwungen setzte sich mir der Königlich Bayerische gegenüber, auf denselben Stuhl, den vorhin Pfäffle innegehabt hatte, und erklärte voll Stolz:
    »Mit Eurer Erlaubnis! Bereits der Titel Hofkoch klingt nach Höherem, und doch kommt diese Bezeichnung daher, daß ein solcher – ich bin es selbst einmal gewesen – nur für die Bediensteten kocht. Ihm zur Hand sind dabei Unter-, Neben-, Reise- und Feldköche, des weiteren Brat-, Back- und Garköche, so daß man den Begriff Koch nicht leicht nehmen darf. Schlagt nur einmal nach bei meinem großartigen Johann Rottenhöfer oder auch in der Oeconomischen Encyklopädie für Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft von Johann Georg Krünitz. Ihr werdet hier wie dort erfahren, daß sich der Hofkoch zum Mundkoch etwa so verhält wie der Geselle zum Meister oder der Graf zum König. Ähnlich steht es mit dem Unterschied zwischen Mundbäcker und Hofbäcker, nicht zu vergessen der Mundschenk, welcher häufig mit einem einfachen Sommelier verwechselt wird. Bitte nochmals, mich nicht mißzuverstehen: Unsere Hofköche sind alles fleißige, ordentliche Männer, aber keiner von ihnen – – – «
    » – – – keiner von ihnen ist ein Mundkoch, ein Erster Mundkoch!« setzte ich eine Spitze.
    »Jawohl, so ist es. Nur der Erste Mundkoch, welcher das Vergnügen zu sein ich habe, kocht für die Majestät, nur er darf die Tafel versehen, die Speisen darreichen und noch um das letzte Geschmacksgeheimnis wissen, nicht nur um die feineren. Diese Vorrechte ersehnen sämtliche Hofköche.«
    »Verstehe. Und ein jeder trachtet danach, dem Ersten Mundkoch den Rang streitig zu machen.«
    »Nein, mein Herr, da habe ich mich wohl neuerdings falsch
ausgedrückt, Verzeihung! Man ringt als Küchenniedriger natürlich um die Ehre, einmal selbst zum Mundkoch vorgeschlagen zu werden, doch ist das etwas anderes. Der König ernennt denselben nicht etwa selbst; dies geschieht auf Empfehlung seiner höchsten Hofbeamten. Mehr Gerechtigkeit wird man nirgendwo finden: Wer nicht schon für seine Kollegen aus den einfachsten Ingredienzien die besten Speisen zuzubereiten versteht, bleibt der königlichen Tafel sein Lebtag fern; der kocht vom Hofsekretär hinunter bis zum Pferdeknecht!«
    »Wenn das so ist«, legte ich interessiert mein Besteck beiseite. »Wer bekocht dann Euren König, während Ihr Euch hier, in den Vereinigten Staaten, befindet? Ihr sagtet selbst, Ihr ständet weiter in Diensten.«
    »Gewiß, aber Seine Majestät muß darum nicht darben. Natürlich hat ein Erster Mundkoch auch Stellvertreter, ich zähle sie Euch gern auf.«
    »Nein, nein, laßt nur. Ich ahne, daß es auch hier eine wohlnumerierte Folge gibt.«
    »Richtig, mein Herr, richtig.

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