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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Gerade als Erster Mundkoch bedarf man würdiger Vertretung. Denkt Euch, man könnte erkranken, sich verletzen oder versterben; es soll vorkommen. Niemals darf durch einen solchen Lapsus der Gaumen Seiner Majestät betroffen sein!«
    »Niemals!« pflichtete ich bei.
    »Und dennoch, mein Herr, muß ich mich sputen. Länger als sechs Monate darf meine Abwesenheit nicht währen. Die Königlich Bayerische Küche ist schon jetzt eine delikate, doch soll sie weiter aufrücken. Zur ersten und besten Europas muß sie werden! Dann ist mein Name gemacht und mir nicht nur gegeben. Aus diesem Grunde habe ich alle Vorkehrungen getroffen, heute selbst hier, in Cheyenne, den Geburtstag Seiner Majestät zu zelebrieren, und doch quittiere ich noch heute abend meinen Dienst bei Herrn Pfäffle, denn, mein Herr, ich ziehe in den Wilden Westen! Der König wünscht, daß ich die Kochgewohnheiten der Indianer
erkunde. Darüber werde ich ein Buch zu verfassen haben, welches hoffentlich im gleichen Maße Anklang und Verbreitung finden wird wie dasjenige Johann Rottenhöfers – sagt Euch dieser Name etwas?«
    »Inzwischen wohl, nur der Eure ist mir weiter fremd«, lächelte ich. »Mir scheint, er köchelt in irgendeinem vergessenen Topfe – – – «
    »Sakrament!« fuhr der Verdutzte hoch. »Schon wieder ein Fehler von mir, ein ganz unverzeihlicher dummer Fehler. Mein Herr, ich heiße Theobald Hirtreiter, bin i a Bayer, oder bin i a Preiß!«
    Ich kam nicht umhin, mich ebenfalls zu erheben und dem Mann mit dem schwergeborenen Namen die Hand zu schütteln. Wie zuvor der bürgerlich-schwäbische Wirt mich, so besah nun ich mir diesen Herrn Hirtreiter sehr genau, welcher kaum Zweifel zu hegen brauchte, ob er nun bayerischer oder preußischer Herkunft war. Kaum jemals war mir mehr Harmlosigkeit in Verbindung mit Gewitztheit und Schläue als in diesem Kraftwort begegnet. Dieser Erste Mundkoch mochte leichtfertig sein, aber er besaß Schalk und Hintersinn. Meine Inaugenscheinnahme seiner Person ließ er sich gefallen, als ob ich sein Meister Rottenhöfer wäre oder gar sein geliebter König. Er wartete einfach, bis ich eine entsprechende Geste machte, und wir setzten uns wieder.
    »Herr Hirtreiter, ich wundere mich. Ein in Küchengeheimnissen firmer Mensch wie Ihr glaubt, er könnte genausogut in die Geheimnisse der Prärie eintauchen? Ich enthülle Euch gleich das erste: Schon am ersten Tag im Sattel würdet Ihr Euch einen entsetzlichen Wolf zuziehen!«
    »Verzeihung, da ist mir neuerlich ein Irrtum unterlaufen; es ist ja immer das Gesinde, das sich irrt. Falls Ihr nämlich auf das Reiten oder das Lenken eines Planwagens anspielt, mit Pferden bin ich aufgewachsen. So schnell wirft mich nichts vom Bock oder aus dem Sattel. Die Beinkleider, die ich trage, bestehen nicht etwa aus weichem Atlas oder Samt. Sie sind genäht aus dickstem, festestem
Hirschleder, von einem kapitalen Zwölfender unserer bayerischen Wälder – von dort kommen Jäger und Wilderer, aber keine Hänflinge und Memmen. Daher ich und mir einen Wolf reiten? Den Klepper will ich sehen! Ich kann auch schießen, habe Dienst getan im Vierten Regiment der Chevauxlegers, der Leichten Bayerischen Kavallerie Seiner Majestät. Bevor ich zum Ersten Mundkoch avancierte, stand ich im Felde. Die Ebersberger Schilddragoner habe ich mit Gulasch versorgt, und den Feind mit Blei. Darum Pulverdampf und den ganzen Tag reiten – nein, das macht mir nichts aus.«
    »Und doch ist die Prärie keine Heidelandschaft, und die Menschen darin sind keine Unschuldslämmer«, sagte ich. »Wenn Ihr an Indianer geratet oder Banditen, werden bei Hofe ganz andere avancieren.«
    »Daß Gefahr bei meinem Vorhaben ist, weiß ich. Viel lieber würde ich nicht allein, sondern mit Kapazitäten wie Old Shatterhand oder Winnetou reisen; sofort würde ich sie engagieren, meine Börse reicht hin. Aber wann kommen solche Leute schon einmal hier vorbei?«
    »Ja«, stimmte ich zu. »So etwas kommt wohl nur einmal im Leben vor.«
    »Eben, mein Herr! Und nur deshalb habe ich mich bei Herrn Pfäffle verdingt, in der Hoffnung, mein Küchenruf möge bis zu diesen beiden Helden schallen. Ihnen wäre es ein leichtes, mich zu den Indianern zu führen, mir wenigstens Brief und Siegel auszustellen. Als Echo zweier solcher Majestäten der Wildnis würde ich doch überall mit offenen Armen empfangen, und in kürzester Zeit wäre mein Auftrag erfüllt. Aber so? Im Boarding House? Herr Pfäffle zürnt mir, weil ich Mister Washburn und

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