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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Fenster, wo ich eine Seite der Gardinen zurückschlug. Dahinter hatte ich, wie man sich erinnern wird, das Futteral mit dem Henrystutzen verborgen. Niemand hatte es entdeckt oder berührt.
    Seiner eigenwilligen Form und Größe entsprechend, verwahrte ich das Gewehr meist in einer Hülle, welche aus hellem, speziell zugerichtetem Wapitileder bestand, zugerichtet nach bester Indianerart. Darin war eine jede Waffe auf das beste geschützt, gegen Staub ohnehin, am wirkungsvollsten gegen Wasser. Es ist leider ein Irrtum zu denken, der Westmann halte seine Büchse allzeit in Händen. Gewiß tut er das, aber doch nur unmittelbar vor einem Kampfe oder wenn er auf die Jagd geht. Die meiste Zeit ist es angebracht, einen so schweren als auch empfindlichen Gegenstand füglich unter Verschluß zu halten – wer möchte schon, wenn es darauf ankommt, einen Fehlschuß tun oder sich über Ladehemmung ärgern, weil Schmutz oder Feuchtigkeit in den Mechanismus geraten sind?
    Mir war bewußt, daß der Moment meiner Enttarnung ganz nahe war; der Fremde mit dem deutschen Namen mußte dem überall bekannten Old Shatterhand weichen. Aber nicht sogleich. Den letzten Teil des Wettstreits wollte ich nicht unten, im Gewühl, sondern von hier oben, von der Empore aus verfolgen. Dort überblickte ich alles am besten und hatte zudem ein gutes Schußfeld, denn etwas sagte mir, daß es mit Stichwaffen bald nicht mehr getan sein würde.
    Vor meinem Zimmer, auf dem Korridor und auch entlang der Treppe sah ich niemand. Kilmer hatte die Leichtsinnigkeit begangen, sich mit seinem Gesindel gerade nicht auf der Etage zu postieren. Diese Torheit konnte ich mir nur mit der Sensationslust dieser Kerle erklären; sie wollten dem Geschehen so nahe wie möglich sein und vernachlässigten darum ihre Deckung. Man soll sich jedoch nicht über die Dummheit seiner Gegner beschweren.

    Dem wieder aufkommenden Gejohle zufolge war das Freibier weggeschäumt, die Partie an Hirtreiter gegangen. Ich nahm den Henrystutzen auf, beließ ihn aber bis auf weiteres im Futteral. Hinter dem Übergang von der Wand zum Geländer kauerte ich nieder, um von unten nicht gesehen zu werden. So konnte ich alles gut überschauen, ohne den Kopf vorzustrecken. Übrigens war der Schein der tief hängenden Petroleumlampen in dem Gastraume so stark, daß man mich selbst bei einem zufälligen Heraufsehen schwerlich hätte bemerken können.
    Unten, unweit des Messerfangs, stand Hayes.
    Mit der ihm eigenen Verzinktheit hatte er bisher ruhiges Blut bewahrt. Jetzt schien er mir unruhig zu sein. Während Hirtreiter Gelassenheit zeigte, mochte Hayes sich vergegenwärtigen, daß nun er selbst an der Reihe war, die Zähne zu blecken, was kein kleiner Unterschied war.
    Es gab aber noch einen weiteren Grund für seine Nervosität.
    Washburn hatte sich als zäher Brocken erwiesen. Nach außen wirkte er zwar bieder, schien aber dennoch über viel innere Stärke zu verfügen. Bestimmt war er deshalb zum Leiter der Expedition ernannt worden. Die Argumente von Hayes hatten ihm zugesetzt, doch abbringen von seinem Vorhaben vermochten sie ihn nicht. Wozu, schien Hayes zu denken, sollte er sich dem Risiko auch nur des ersten von drei beabsichtigten Würfen auf ihn aussetzen.
    Anders konnte ich mir seine Unruhe nicht erklären. Ich war darum gespannt, wie er sich herauswinden wollte. Daß ich mich nicht irrte, zeigte sich sogleich.
    Hayes, sich ungezwungen gebend, reichte jenen Teil des von ihm selbst gespaltenen Apfels umher. Dieser sollte längst in seinem Munde stecken und Hirtreiters Geschicklichkeit ausgesetzt sein, doch noch einmal tönte es groß:
    »Gentlemen, gebt mir nun den Apfel zurück. Was es zu sehen gibt, hat schon vorhin ein jeder gesehen; ein echter Westmann muß eine Klinge zu handhaben wissen! Dies war bestimmt auch unserem verehrten Mister Hirtreiter bewußt; nur deshalb hat er
sich doch zur Verfügung gestellt. Es kann aber niemand wollen, daß er, der kein Westmann, sondern nur ein Küchenmann ist, Schaden anrichtet – was anderes könnte durch seinen Wurf geschehen? Deshalb, Gents, trinkt die nächsten beiden Runden auf mich. Milton Hayes lädt euch ein und wünscht eine gute Reise nach dem Yellowstone!«
    Schon drehte Hayes sich auf dem Absatz um, weg von den Zuschauern, die für einen Augenblick nicht zu begreifen schienen, daß das Duell vorbei sein sollte, kaum daß es begonnen hatte.
    Aber dann: »Schiebung!« wurde skandiert, auch »Feigling!« und »Weitermachen!«.
    Mit seinem

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