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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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verstehen muß, wenn man in die Rocky Mountains gehen und lebend aus ihnen zurückkehren will. Euch, Mister Washburn, zieht es mit einer ganzen Armee in die Berge, als ob es dort feste Straßen oder gestampfte Pfade gäbe. Aber wartet nur ab. Wenn ihr erst die Eisenbahn hinter euch gelassen habt, erwartet euch nur noch Wildnis – diese und natürlich die Schoschonen. Geratet ihr an sie,
bezahlt ein jeder von euch seine Unwissenheit mit der Kopfhaut; niemand behaupte später, ich hätte euch dies nicht auseinandergesetzt. Wie steht es also, glaubt ihr weiter an Märchen, oder glaubt ihr einem Manne, der es gut mit euch meint?«
    Ich sah Washburn an, daß er in Verlegenheit geraten war. Nicht nur hatte Hayes seiner Großsprecherei die Tat folgen lassen; Washburn als Expeditionsleiter mußte sich fragen, ob von Fertigkeiten wie der eben gezeigten nicht das Gelingen seines Vorhabens abhing. Trotzig gab er zurück:
    »Ich danke für diese Vorstellung, Mister Hayes. Wenn Ihr Euch damit im Varieté oder im Zirkus sehen laßt, werdet Ihr viel Geld verdienen. Nur nehmt bitte anstatt des Äpfelchens lieber eine Pflaume oder eine Rosine, damit Euer Hut sich noch schneller füllt. Was Ihr uns auch sagt, meine Männer und ich werden den Yellowstone sehen, auch ohne solcher Kabinettstückchen fähig zu sein. Die Tage solcher Demonstrationen sind gezählt. Mit der Dampfmaschine, mit der Eisenbahn, mit dem Telegraphen und der Elektrizität kommen weitere Segnungen ins Land. Wir werden für eine ordnungsgemäße Verwaltung sorgen, für ein Schul- und Sozialwesen, für Justiz und Finanzen, auf daß alle Waffen dorthin gelangen, wohin sie gehören: in den Schrank!«
    Hayes verzog keine Miene. Er setzte auf die Neugier der anderen sowie auf den nachfolgenden Durchgang in dem Wettbewerb. Denn nun war es an Hirtreiter, mit Hayes gleichzuziehen und seinerseits das Bärenmesser zu schleudern.
    Nichts wollte ich lieber, als daß ich das Weitere beobachten könnte. Ein starkes Gefühl aber befahl mir, mich nun doch mit meinen Waffen zu versehen. In der Zwischenzeit hatte ich nämlich auch ein Auge auf Kilmer und seine Begleiter gehabt. Ihre Unruhe verriet nicht nur Teilnahme für Hayes, sondern auch eine immer stärker werdende Ungeduld hinsichtlich ihrer zu erwartenden Mitwirkung – wollte Hayes etwa ausbüxen, bevor er sich Hirtreiter zur Verfügung stellen mußte, sollte Kilmer seine Flucht decken? Nach Washburns Rede war kaum noch zu vermuten, daß
dieser, selbst nach einem zweiten oder dritten Durchgange, seine Meinung ändern werde.
    Es mußte gehandelt werden.
    »Herr Pfäffle, ich glaube, die Herrschaften verlangt es nach einer Stärkung, ehe das nächste Werfen beginnt«, raunte ich dem Wirt auf deutsch zu. »Wir werden, fürchte ich, keine drei Runden sehen, so viel gibt der Apfel nicht mehr her. Seien Sie so gut, und liefern Sie noch eine Lage; falls Herrn Hirtreiters König nicht dafür aufkommt, bezahle ich. Verschaffen Sie mir ein paar Minuten, damit in Ihrem Hause kein Blut fließt!«
    Pfäffle blickte verwundert auf mich, folgte aber meiner Bitte. Durch die Menge drängte er sich zurück an die Theke, wo er eine Kuhglocke zog, die dort von der Decke an einem Kälberstrick hing: »Gentlemen! Wir alle freuen uns auf die Fortsetzung dieser spannenden Darbietung. Doch nehmt erst ein weiteres Bier zu euch, es kostet nichts!«
    Die lautstarke Zustimmung der Stube im Rücken, entschlüpfte ich zu der Treppe, die hinauf ins Obergeschoß, zu meinem Zimmer führte.
    Wie immer, wenn ich reise, hatte ich auch hier am Türgriff ein feines, kaum sichtbares Roßhaar angebracht. Verschaffte sich jemand Zutritt, konnte ich dies bei meiner Rückkehr bemerken. Ich sah nach dem Haar – es befand sich noch an der ursprünglichen Stelle.
    Schnell trat ich ein und schloß die Tür.
    Ohne Licht zu machen, auf meinen Tastsinn vertrauend, holte ich aus dem Schrank die beiden Revolver hervor. Eines besonderen Verstecks hatten sie nicht bedurft, weil doch niemand in einer solchen Gegend auf solches »Werkzeug« zu verzichten pflegte, man also bei einer Entdeckung nicht darüber verwundert sein konnte. Dennoch betastete ich die Remingtons und prüfte, ob sie schußfertig waren. Schließlich steckte ich sie mir in den Gürtel. Sie unter der Weste zu verbergen war ja nutzlos, sogar gefährlich; die zünftige Apfelprobe unter meinen Füßen würde nicht lange
dauern, davon war ich überzeugt, und dann mußten sie mir zur Hand sein.
    Ich ging weiter zum

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