Hämatom
da: einer passte.
Geistreich versteckt.
Dann hielt ich einen Moment inne â und zog noch mal die
erste Lade auf. Tatsächlich! Ich hatte mich nicht geirrt. Zwischen
Kugelschreibern und Tesafilm lag eine Plastikkarte, die der, mit der Svetlana
Türen öffnete, verdächtig ähnelte.
Konnte das sein?
Jedenfalls würde es nicht schwierig sein, es herauszufinden!
Ohne zu zögern, lieà ich die Karte im Ãrmel meines Pullovers
verschwinden.
In der zweiten Schublade fand ich einen Stapel Betriebsanleitungen
für PC, Drucker und das schnurlose Telefon. In der dritten eine dünne Mappe mit
der Aufschrift Beobachtungen.
Beobachtungen? Wer beobachtete denn hier was? Und warum?
Janna hatte sich wohl kaum als Detektivin ein paar Euro dazuverdient!?
Das elektronische Schloss der Stahltür klickte. Ich lieÃ
die Mappe in die Schublade fallen, als hätte mir Tarantula, die Monsterspinne,
darin entgegengegrinst, und schob mit dem Knie die Schubladen zu, während ich
auf dem Schreibtisch bereits die Urlaubsplanung aufschlug.
Beim hastigen Blättern entdeckte ich beinahe sofort den
gefalteten Kalender, auf dem verschiedene Urlaubszeiten markiert waren. Als
Svetlana mir einen dampfenden Kaffeebecher unter die Nase hielt, tippte ich auf
den Ordner.
»Ich gar nicht weiÃ, wie ich Ihnen danken soll, Lila!«,
strahlte die Putzfrau.
Ich nahm Svetlana die Tasse aus der Hand. Gerade rechtzeitig,
denn im gleichen Augenblick klingelte wieder das gefürchtete Abteilungsleitertelefon.
Svetlana zuckte so zusammen, dass ihr eigener Kaffee über den Ãrmel ihrer Bluse
schwappte.
»Mist!« Sie zerrte ihr vollgeheultes Taschentuch hervor.
»Irgendwann sollten Sie mal drangehen«, riet ich ihr und
legte meine FüÃe neben den Drucker auf den Schreibtisch.
Svetlana tupfte ihren Ãrmel ab: »Nicht, wenn sie bald
neue Leitung einstellen.«
Ich zog die Brauen hoch. Ich konnte mir nicht vorstellen,
dass Janna ersetzt sein würde, bevor die nächsten zwanzig Rechnungen eingegangen
waren. Und der neuen Leitung musste ein unbearbeiteter Stapel auffallen.
Spätestens dann war Svetlana ihren Stellvertreterposten mit ziemlicher Sicherheit
los.
»Wir werden nie wieder so gute Leitung haben wie Janna«,
jammerte Svetlana. »Ich hoffe nur, sie sagen nicht, ich soll machen.«
Eine Idee blitzte in meinem Kopf auf und nahm in Sekundenschnelle
Form an. Ich nippte an meinem Kaffee und betrachtete nachdenklich meine
Turnschuhe auf dem Schreibtisch.
Â
9.
Zurück in meinem Krankenzimmer überlegte ich, ob mein Einfall
auf einen Geistesblitz oder eine bedenkliche Art von GröÃenwahn zurückzuführen
war.
Eigentlich egal, beschloss ich dann, denn Fakt war: Wenn
ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hatte ich nichts mehr â kein Geld,
keine Wohnung und keinen Job. Und das bisher erfolgreichste Mittel gegen meine
durch Drogenmissbrauch ausgelösten Panikattacken war das Hämatom am Handgelenk
einer Putzfrau gewesen.
Wenn ich nicht durchdrehen wollte, musste ich mich weiter
ablenken. Genauso schnell, wie die Idee in meinem Gehirn aufgetaucht war, entwickelte
ich den zugehörigen Plan: Ich musste herausfinden, ob es sich bei der
Plastikkarte, die ich in Jannas Schreibtisch gefunden hatte, tatsächlich um so
eine Schlüsselkarte handelte, wie Svetlana sie benutzte.
Das Ding sah aus wie eine Bankkarte fürs Girokonto:
schlicht weià mit einer Nummer drauf und einem Loch in einer Ecke, an der ein
Schlüsselring baumelte.
Möglichst unauffällig schlenderte ich über den Flur und
zog die Karte probehalber durch das elektronische Schloss einer Tür, an der Nur für Personal stand.
Nichts passierte.
Doch nur eine goldene Kundenkarte von Douglas? Ich drehte
das Ding zwischen den Fingern. Ich fraà meinen linken Turnschuh, wenn das kein
Schlüssel war.
Das sollte sich doch herausfinden lassen!
Ich setzte mich auf meinen Beobachtungsposten am Ende der
Station, hielt mir eine Klatschzeitung vor die Nase und sah zu, wie die
Serviererinnen Tabletts mit Warmhaltehauben in den Zimmern verteilten.
Gundel stellte mir mein Mittagessen unter die Nase. Um
ihren Hals baumelte an einem Schlüsselband von der Sparkasse ebenfalls eine
weiÃe Plastikkarte.
»Sind Schlüssel jetzt aus der Mode gekommen?«, erkundigte
ich mich, während ich die Warmhaltehaube anhob.
Bohneneintopf.
Ich senkte die Abdeckung schnell wieder über
Weitere Kostenlose Bücher