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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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zu kurz gekommen zu sein? Nun, ich kam in letzter Zeit gar nicht, oder?
    Ich bin keiner von den Typen, die sagen »Frauen kommen und gehen, aber echte Freunde bleiben das ganze Leben«, und das weißt Du, aber die Jungs sind schon was B esonderes.
     
    »Dass ich dich verlasse, heißt nicht, dass ich dich nicht liebe.«
    Ich kriege es nicht aus dem Schädel.
    Kannst du denn zwei Menschen gleich stark, auf die gleiche Art lieben?
    Mich und noch einen anderen Mann?
    Ich sehe dich noch immer, wie du es sagst: Ein bisschen billige Tünche des Zorns über der Unsicherheit, wie ich wohl reagiere. Dein Versuch, ein Tränchen raus zu drücken ehrt dich, aber das war gar nichts gegen die Wucht deiner Worte.
     
    Bevor ich mich gleich in die Schatten davon mache, möchte ich dir zw ei Dinge sagen:
    Was ich dir zu sagen habe, ist längst nicht so ein Kracher wie »Dass ich dich verlasse, heißt nicht, dass ich dich nicht liebe«, ein Satz, der in der Tradition von »mir tut das viel mehr weh als dir« und »der Scheck ist in der Post« steht.
    Ich will nur erklären, warum ich sterben wollte.
     
    Ich bin gestern zusammengeklappt, wie dir klar sein dürfte.
    Als du gingst, folgte ich dir nicht , aber einer meiner neuen Freunde tat es, wenn auch später in der Nacht.
    Du weißt schon, diese – wie nanntest du sie noch? – Paselacken , mit denen ich abends etwas plauschte.
    Die Jungs, die du schon allein durch meine Beschreibungen verurteiltest, obwohl sich herausgestellt hat, dass du selbst längst nicht so wählerisch bist, wie ich dachte.
    Wenn ich mal ehrlich bin – und ich finde, diese Fähigkeit ist eher meine Stärke als deine – tat ich mehr, als nur mit ihnen zu reden.
    Weißt du, wie ich sie kennen lernte? Erwähnte ich das?
     
    Ich ging spätabends von der Videothek heim, und sie standen einfach so auf der Straße.
    Sie sahen ziemlich wild aus: Schwarzes Lederzeug, ungekäm m te Haare, schmutzige Hände, Gesichter wie eine nachlässige Schnitzerei.
    Aber sie sprachen ziemlich kultiviert, wenn auch nicht gerade akzentfrei, und ihre Worte waren von neutraler Freundlichkeit . K ann man nicht anders sagen.
    Trotzdem dünsteten sie etwas leicht W ildes aus, so als müssten sie sich in ihrem Verhalten beschränken. Sie erinnerten mich an Fußball-Fans, kurz bevor sie ins Stadion gelassen werden.
    Sie nahmen den Asphalt des Gehsteigs in lockerer Formation ein, so dass ich gezwungen war, mich hindurchzuschlängeln.
    Einer von ihnen griff meinen Ärmel und fragte mich, ob ich ihnen »behilflich sein könnte«.
    Klang wie »bähiiilflich.«
    Sie wären momentan nicht besonders V ertrauen erweckend anzusehen, hätten aber einen Termin im Schwesternwohnheim, und ob ich den Nachtportier ersuchen würde, uns kurz Einlass zu gewähren.
    Es wäre »von Wichtigkeit«. Kein Scherz. Genau so sagten sie es.
    Ich tat es, weil sie höflich waren – und ein bisschen bedrohlich. Sie trugen merkwürdige, ausgefranste Bärte, unter denen sie etwas zur Schau stellten, das einem aufmunternden Lächeln recht nahe kam.
    Außerdem gaben sie mir einfach so Geld.
    Ich habe dir davon dieses blaue Kostüm gekauft, und ich schätze, dir ist ziemlich gleichgültig, woher das Geld kam, nicht wahr?
    Jedenfalls ließ man uns ein, wohl, weil ich immer noch meine Bürokluft trug und mich richtig ins Zeug legte. Die Videothek hätte zehn Minuten später geschlossen.
    Als wir drin waren, nickten sie mir noch mal freundlich zu und nahmen den Fahrstuhl nach oben. Ich blieb im gekachelten Halbdunkel des Treppenhauses zurück, lächelte dumm und trollte mich dann.
    »Was sind das für Typen?«, fragtest du am selben Abend.
    »Ein bisschen Abgerissen, aber ganz nett, echt.«
    »Du redest mit Pennern? «, fragtest du.
    »Das sind keine Penner. Sie sind okay, scheinen ziemlich clever zu sein. Geschäftsleute oder so. Wir haben geredet.«
     
    Am nächsten Abend traf ich die Kerle erneut, und sie sahen bedeutend besser aus.
    Sie flößten mir noch immer kein Vertrauen ein, aber sie waren jetzt sauber und wirkten recht aufgeräumt.
    Der größte aus der Gruppe klatschte mir eine lange, blasse Hand auf die Schulter und stellte sich als Ivor vor, bedankte sich nochmals überschwänglich und sagte, sie wären gestern erst angekommen, und wie schön diese Stadt sei und wie hil f reich ich gewesen wäre.
    Eigentlich wollte ich nichts weiter als nett danke sagen und mich wieder auf den Weg machen, aber sie baten mich erneut um einen Gefallen. Einer der Männer, ein Kerl,

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