Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)
den man nur als zottelig beschreiben konnte, zückte eine Geldklammer und zählte erst, hörte dann aber kopfschüttelnd auf und drückte mir grinsend das komplette Bündel in die Hand.
Ich war wie elektrisiert; von diese m Geld habe ich dir allerdings N ichts erzählt.
Das war zwar unaufrichtig von mir, aber ich habe feststellen müssen, da s s wir uns in diesen Dingen ziemlich in der Waage halten, mein Herz.
Jedenfalls verschaffte ich ihnen wieder Einlass, diesmal in ein Bürogebäude nahe des Bahnhofs.
Ich vermutete, dass sie irgendwelche Händler waren und späte Termine wahrnahmen. Freundlichkeit und Geld: Die Schnit t menge daraus ließ keinen anderen Schluss zu.
Seitdem traf ich sie jeden Abend.
Ich habe inzwischen eine ansehnliche Summe gespart, aber ironischerweise benötige ich nun kein Geld mehr.
Zurück zum Eigentlichen, mein Herz.
Ich weiß alles.
»Dass ich dich verlasse, heißt nicht, dass ich dich nicht liebe.«
Mann.
Ein paar Stunden und etliche Cognacs, nachdem Du gegangen warst, später, schickte ich dir einen von Ivors Jungs hinterher – ich wusste schließlich, wo ich sie finde. Er kam eine Stunde später zurück.
Ich wünschte mir so sehr, er hätte mir berichtet, du würdest weinend in einem Cafe sitzen .
Zum anderen hätte ich mir etwas mehr Sensibilität von ihm gewünscht, aber Ivor und seine Jungs besitzen davon keinen Funken, das kann ich dir sagen.
»Sie macht es mit einem Bauarbeiter, mein Freund. Ich habe es eine ganze Zeit durchs Fenster beobachtet. War technisch nicht übel, obwohl diese Verschwendung von Körpersäften beden k lich ist«, sagte er mit einem kleinen Lächeln und einigen rolle n den r’ s.
Ich war außer mir.
Er führte mich zu eurem kleinen Versteck am Hafen, und ich war einigermaßen überrascht; weniger darüber, dass Du dir einen Typen aus einer nicht besonders vornehmen Gegend ausgesucht hattest.
Letztlich ist ein Mann wie der andere.
Ich staunte eher, weil das Fenster, durch das Ivors Junge euch beobachtet hatte, im achten Stock lag.
Ivor muss mir angesehen haben, was ich fühlte.
Ich wollte sterben.
Mein Leben, wie es war, verwandelte sich in einen Haufen Müll, und dieser schwappte über meinem Kopf zusammen.
»Und nun?«, fragte Ivor lächelnd. Es klang wie das Knurren eines Hundes.
Ich sagte ihm, ich wüsste es nicht. Ich weinte, vermutlich ebe n falls eine Verschwendung von Körpersäften, aber ich konnte nicht aufhören.
Die Jungs lachten dröhnend, aber Ivor brachte sie mit einer Geste zum Schweigen und legte mir seine kalte Hand in den Nacken.
Dann unterbreitete er mir ein Angebot.
Ich grüble noch immer, ob ich besser hätte ablehnen sollen, aber ich nahm an.
Vermutlich ein Moment jener Schwäche, die Du mir so gern unterstellst.
Aber es war das letzte Mal. Jede Art von Schwäche, alle Zwe i fel, das ganze Zaudern, die Unentschlossenheit: Schnee von gestern.
Die Jungs führten mich in eine Gasse, die mit jedem Schritt finsterer wurde, bis ich das Gefühl hatte, in der Dunkelheit an eine Art Klippe oder Kante geführt worden zu sein.
Das war natürlich nicht möglich: ich roch den Gestank von Fischöl und Urin nach wie vor, und ich hörte ihre Stimmen von den Wänden widerhallen, aber trotzdem kam es mir vor, als befände ich mich am Anfang eines Weges, der nur nach unten führt.
In eine unbekannte, nie endende Tiefe.
Ivor sagte etwas in einer fremden, kakophonischen Sprache; sein Tonfall war herrisch und schneidend, und seine Stimme löste ein Gefühl in meinem Kopf aus, als wäre er voller Sche r ben.
»Du spukst in den Gemäuern deiner eigenen Existenz, mein Freund«, flüsterte er.
Dann empfing ich Schmerzen und Dunkelheit in einer Qual i tät, die Du nicht für möglich halten würdest.
Du müsstest es schon erleben, und ich finde, allein schon w e gen »Dass ich dich verlasse, heißt nicht, dass ich dich nicht liebe« hast Du dir ein Anrecht darauf verdient.
Danach fühlte ich mich besser, viel besser.
Ich bin nun eine Kerze, die nicht mehr ab brennen kann, weil ihr Docht erloschen ist.
Ich nehme an, Du bist nur hergekommen, um deinen Schrank leer zu räumen, weil Du denkst, ich wäre unterwegs, um mich zu betrinken.
Das tue ich ganz sicher, mein Herz. Später.
Mit meinen Manieren steht es übrigens nicht mehr so zum Besten.
Schau mal rüber zu deinem Schminktisch.
Interessant, oder?
Dass Du mich nicht im Spiegel siehst, heißt nicht, dass ich nicht hinter dir stehe.
Mr. Daniels und ich an
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