Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
grässlichen Bleiglasfenstern. Hier und da standen ein paar blinde Vitrinen mit vergammelten Blechstücken, die angeblich Teile von mindestens siebenhundert Jahre alten Ritterrüstungen waren.
Mein Vorschlag, die Dinger für die Dauer der Feier im Keller zu verstauen, hatte bei Klaus’ Vater, dem vormaligen Inhaber des Restaurants, fast einen Herzinfarkt hervorgerufen, und weil ich nicht für das vorzeitige Ableben des künftigen Schwiegervaters meiner besten Freundin verantwortlich sein wollte, blieben die Rüstungsvitrinen, wo sie waren. Stattdessen begnügte ich mich damit, lange Bahnen aus fröhlicher, heller Seide vor die Fenster zu hängen, was den ganzen Raum in ein geheimnisvolles, mildes Licht tauchte und sogar den Blechvitrinen ein gewisses romantisch-morbides Flair verlieh. Die kleine Bühne für die Band hatte ich ebenfalls mit Seidenbahnen dekoriert. Dafür hatte ich den scheußlichen Kronleuchter als Haltevorrichtung zweckentfremdet und einen luftigen Baldachin aus Seidenstreifen angefertigt, der locker von der Decke fiel und sich glockig bis zu den Holzpfosten wölbte, wo ich die unteren Enden als kunstvolle Schleifen in Arrangements aus Schleierkraut und Buchsbaum integriert hatte.
Die Stimmung war bestens. Die Band, die ich engagiert hatte, war nicht ganz billig gewesen, aber dafür waren die Leute unschlagbar, was Routine und Musikalität anging. Es brachte für eine gelungene Feier überhaupt nichts, wenn man für die Livemusik nur die Hälfte ausgab und dann einen Sound ertragen musste, bei dem einem die Ohren wegflogen. Die vier Burschen spielten fetzige Tanzmusik, sie hatten alles drauf, von A wie Abba bis Z wie ZZT op.
Auch das Büfett war erstklassig. Klar, dass wir auch das nicht dem Zufall oder, genauer gesagt, irgendeinem popeligen Caterer überlassen hatten. Die Beköstigung der Hochzeitsgäste hatte natürlich Klaus selbst übernommen, schließlich war er als erfolgreicher Fleischermeister sozusagen vom Fach.
Alles lief bestens an diesem Abend. Die Stimmung war ausgelassen und der Rittersaal verwandelte sich binnen zweier Stunden in eine Art Hochzeitsdisco. Die Luft schwirrte nur so vor guter Laune. Überall standen Leute in Grüppchen und unterhielten sich. Andere umlagerten die Büfetttische oder saßen im benachbarten Gastraum, um zu essen und zu trinken, und die Tanzfläche wurde niemals leer.
»Es ist einfach toll«, sagte Klaus. Er kam mit deutlicher Schlagseite an mir vorbeigewankt. »Eine super Feier! Das hast du toll hingekriegt!«
»Danke«, sagte ich. »He, warte mal!«
Gehorsam blieb er stehen und drehte sich zu mir um. »Ja, was is’n?«
Er hatte schon ziemlich getankt, was eigentlich nicht Sinn der Sache war, weil er uns morgen beim Umzug helfen sollte.
»Wo ist Annabel?«, fragte ich.
Er gab keine Antwort. Sein Blick fiel über meine rechte Schulter und fixierte jemanden, der hinter mir stand. Sein Gesicht leuchtete plötzlich wie die aufgehende Sonne.
»Da bist du ja«, sagte er.
Ich drehte mich um in der Erwartung, seine frisch gebackene Ehefrau dort stehen zu sehen. Im nächsten Augenblick zuckte ich entsetzt zusammen, denn dort stand niemand anderer als Serena Busenberg alias Busena. Sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd, wobei ihre Freundlichkeit keineswegs mir galt, denn sie würdigte mich keines Blickes. Ihre gesamte Aufmerksamkeit richtete sich auf Klaus.
»Hi«, sagte sie mit rauchiger Stimme. »Du hast dich kein bisschen verändert! Du bist noch derselbe charmante Halunke wie früher! Dein Lächeln, deine breiten Schultern … Alles genau wie damals!«
»F-findest du?«, stammelte Klaus. Er warf sich in die Brust, als könnte er so die fünf Kilo Übergewicht, die er seit dem Abi zugelegt hatte, zum Verschwinden bringen. »Du siehst aber auch ganz toll aus!«
Das bildete er sich natürlich nur ein, denn Männer dachten ja bekanntlich ganz anders über solche Dinge wie Stil und Geschmack. Sie kamen für gewöhnlich gar nicht erst auf die Idee, knallenge Minikleidchen mit Ausschnitt bis zum Bauchnabel in irgendeiner Form beanstandenswert zu finden. Serena trug einen Fummel, bei dem bestimmt kein Männerauge trocken blieb. Ihr Kleid verdiente die Bezeichnung gar nicht, es war eher eine Art zu kurz geratener Körperstrumpf. Und zwar nicht nur unten zu kurz, sondern auch oben. Vor allem oben.
Ich sah Klaus’ Adamsapfel rauf- und runterhüpfen, während er versuchte, Serenas Vorderfront mit seinen Blicken zu bewältigen. Was äußerst schwierig war,
Weitere Kostenlose Bücher