Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
denen es Spaß machte, sich dem Hochzeitsmotto angemessen zu kleiden.
Ich kam wieder in die Gegenwart zurück und bediente die Musikanlage. Aus den zwischen den Felsen verstauten Lautsprechern erklang der Song, der zur Dekoration und zum Motto der ganzen Hochzeitskulisse passte: Fools rush in …
Elvis’ schmelzender Tenor lag wie ein Schleier aus Liebe und Harmonie über der grünen Berglandschaft und machte das Herz weit.
Bald, sang es in mir, während ich mich frohlockend zu Thomas umdrehte. Bald sind wir beide dran mit dem ganz großen Glück, dem Tag aller Tage im Leben zweier Liebenden!
»Ach, übrigens«, sagte er, »ich soll dir ausrichten, dass Serena auch zur Feier mitkommt.«
Beim Klang des Namens Serena fuhr ich wie von der Tarantel gestochen zusammen. »Welche Serena?«, wollte ich argwöhnisch wissen. Ich war völlig sicher, keine einzige Serena eingeladen zu haben.
»Ich kenne nur eine Serena«, mischte Pauline sich ein.
»Sag, dass das nicht wahr ist!«, rief ich entsetzt aus. »Du kannst nicht Serena Busenberg meinen!«
Thomas zuckte die Achseln. »Soweit ich informiert bin, heißt sie jetzt Serena Busena.«
»Mein Gott, was für ein Name«, sagte Pauline verblüfft. »Als ob Busenberg nicht schon schlimm genug wäre! Erinnert ihr euch, wie wir früher immer gelacht haben, weil sie genauso heißt wie der Ort? Und jetzt Busena? Nicht gerade eine Verbesserung, oder was meint ihr dazu?«
»Hat sie geheiratet?«, fragte ich hoffnungsvoll.
Thomas schüttelte den Kopf. »Sie ist geschieden oder verwitwet, soweit ich weiß.« Er wandte sich zum Gehen, die Videokamera auf der Schulter. »Ich muss los, sonst verläuft sich die ganze Meute, bevor ich alle im Kasten habe.«
»Warte!«, rief ich. »Sie kann doch nicht einfach zur Hochzeit kommen!«
Doch Thomas war schon im Gewühl der übrigen Gäste verschwunden.
»Wo ist sie überhaupt?« Ich drehte mich auf der Suche nach einem schwarzhaarigen, grünäugigen Monster in Frauengestalt um.
Pauline zeigte dezent mit dem Finger. »Ich glaube, da drüben.«
Ich peilte an ihrer Fingerspitze entlang und entdeckte eine Wasserstoffbombe auf zwei Beinen. Sie trug einen hautengen Fummel und Stilettos, und in diesem Moment drehte sie den Kopf und sah mich. Ihre Zähne blinkten wie eine lebendige Zahnarztreklame, als sie mich angrinste. Ich kenne dich noch, sagten ihre funkelnden Augen. Und ich bin noch ganz dieselbe, auch wenn ich jetzt blond bin!
Dann wandte sie sich wieder ihren Gesprächspartnern zu, ein paar Leuten, die mit uns gemeinsam zur Schule gegangen waren. Irgendwer sagte etwas Komisches, denn sie warf in filmreifer Attitüde den Kopf zurück und kicherte. Ihr Lachen war genau so schrill wie früher. Sie war wieder da. Der Teufel in Person. Und in diesem Augenblick ahnte ich, dass der Tag im Unheil enden würde.
*
»Sie hat ganz schön zugelegt«, befand Pauline. »Vor allem an bestimmten Stellen. Das sind gut und gerne D-Körbchen, was meinst du?«
»Es ist widerlich«, flüsterte ich, in einer Mischung aus Abscheu und Neid.
»Manchen gefällt’s«, erklärte Pauline.
»Was macht sie überhaupt jetzt?«, fragte ich.
»Keine Ahnung«, meinte Pauline. »Ich habe sie genauso lange nicht gesehen wie du.«
Der letzte Stand unserer Informationen war der, dass sie ein Jahr nach dem Abi nach Frankreich gegangen war, um ihre Sprachkenntnisse aufzupolieren, weil sie vorhatte, eventuell später in die Haute Couture einzusteigen. Natürlich nicht etwa als popelige Näh- und Zuschneideassistentin, sondern als Top-Model. Danach hatten wir nie wieder etwas von ihr gehört. Nicht, dass sie uns gefehlt hätte, im Gegenteil. Wir hätten nichts dagegen gehabt, wenn Serena Busenberg ans Ende der Welt ausgewandert wäre, möglichst für immer. Doch jetzt war sie wieder da, nach fast acht Jahren. Ausgerechnet zu Annabels Hochzeit.
Die Gäste begannen sich zu zerstreuen und hangwärts zu den Parkplätzen zu wandern. Der Zeitplan war ziemlich eng, denn bei einer Hochzeitsfeier gibt es nur wenige Dinge, die so nervtötend sind wie langweiliger Leerlauf zwischen den einzelnen Stationen.
Unruhig ließ ich meine Blicke schweifen, bis ich endlich die Braut entdeckte. Sie stand mit dem frisch gebackenen Ehemann zusammen im Kreis von ein paar Leuten, die in Klaus’ Metzgerei arbeiteten.
Ob sie nun meine beschwörenden Blicke aufgefangen hatte oder doch eher durch Paulines hektisches Winken aufmerksam geworden war, ließ sich nicht sagen. Es spielte auch keine
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