Hände weg vom Abendschatten!
die Terrasse schneller fertig wird...“
Markus beobachtete mit einer Mischung aus Neid und Überraschung, wie Michi auf dem Steinzeitrad voranradelte. Ein kräftiger Wind wehte ihnen entgegen, er roch nach Erde und Laub. Links und rechts der Straße breiteten sich Weingärten aus. Ein Fasan stob auf. Weit oben im Himmel kreiste ein Bussard.
„Schön ist’s da!“, rief Markus.
Sie bogen in einen Feldweg und radelten an Äckern mit Sonnenblumen und Mais vorbei. Hohlwege zogen sich durch das Gelände, plötzliche Einschnitte, in denen Brombeeren wucherten, Himbeerbüsche, Heckenrosen und Holunder. Markus sah Mulden und Rinnen, in denen Wasser stand. An seinem Rand wuchsen Binsen und Schilfrohr. Ein Reiher breitete die Flügel aus und strich davon, über die welligen Hügel zum Ufer des Rheins hinunter.
„Dort drüben, in dieser Einbuchtung, ist mein spezielles Brombeerversteck“, sagte Michi. „Da kann ich in aller Ruhe Vögel beobachten. Ich habe entdeckt, dass hier Haubenlerchen brüten. Und einmal, im Herbst, hab ich einen Waschbären gesehen. Der ist ganz frech in einen Weingarten marschiert und hat Trauben genascht.“
Er stieg vom Rad, lehnte es an den Stamm eines Haselbäumchens und wollte in die trichterförmige Senke hinunterspringen, als aus dem Gestrüpp eine dünner, blonder Junge auftauchte. „He, he, der Michi“, rief er mit einer Stimme, die Markus an den keckernden Ruf eines Hähers erinnerte. „Und noch zwei. Das gibt drei Striche.“ Er zog ein kleines Heft aus der Jackentasche und zeichnete mit einem Bleistift langsam drei Strichlein hinein.
„Was soll das?“, fragte Michi. „Was treibst du da, Hans?“
„Mein Sommerjob“, sagte der Junge stolz. „Krieg Geld dafür, dass ich hier Leute zähle. Sehr gemütliche Arbeit. Viel Zeit zum Essen.“ Er griff in die andere Jackentasche und holte ein Brötchen hervor. „Leberwurst! Magst abbeißen? Nein? Hast dir doch immer Leberwurst bestellt in der Werkskantine.“ Kopfschüttelnd sah er von einem zum andern. „Dich kenn ich“, sagte er zu Marie-Theres. „Du steckst immer bei der alten Veith. Aber dich kenn ich nicht.“ Er streckte die Hand mit dem Brötchen aus und deutete auf Markus.
„Die Frau Veith ist meine Tante“, sagte Markus. „Ich bin nur für ein paar Wochen da.“
„He, he“, keckerte der Blonde erstaunt. „Nur für ein paar Wochen. Und kennst schon den Michi.“ Er presste die Augen zu dünnen Schlitzen zusammen. „Gehst du auch zur Veith, Michi? Na, sag schon, gehst du vielleicht auch dorthin?“
Markus ärgerte sich. „Warum? Willst du’s ihm vielleicht verbieten? Der Michi und ich, wir —“
„Ach, lass doch“, brummte Michi. „Für wen zählst du denn die Leute hier, Hans? Wer bezahlt dich dafür?“
„Das Werk“, sagte der Junge. „Sie wollen wissen, ob hier wirklich so viele Leute rumlaufen, zur Erholung, wie es heißt.“ Marie-Theres fuhr auf. „Mensch, und da lassen die dich im August zählen, mitten in den Ferien, unter der Woche? Sehr schlau. Im Herbst wimmelt es hier nämlich von Müttern mit Kinderwagen, von Spaziergängern, Hunden und Radfahrern. Und von Kindern, die Drachen steigen lassen.“
Hans grinste. „Guter Tag heute. Wenig Arbeit. Die Kinder sind heute alle unten beim Stadtfest. Ich wollte erst auch hin, aber sie haben gesagt, sie werden böse, wenn ich nicht zählen geh.“
„Das Stadtfest“, murmelte Marie-Theres. „Stimmt! Mit Musik und Zauberern... Das ist ja wirklich ein besonders feiner Tag, um auf der Bornheimer Höhe die Erholungssuchenden zählen zu lassen. Kommt! Das müssen wir Tante Mona erzählen!“ Sie riss ihr Rad herum. „Sie wird bestimmt schon mit dem Essen auf uns warten.“
Markus sah Michi an. Der machte keine Miene, Marie-Theres zu folgen, sondern schob Markus das Steinzeit-Rad hin. „Bergab schaffst du’s leichter!“
„Ja, danke“, sagte Markus. „Kommst du nicht zum Essen?“
„Wie?“, fragte Michi. „Zu welchem Essen?“ Er sprang auf sein Rad und fuhr in die entgegengesetzte Richtung davon.
Hans schüttelte den Kopf. „Er hält mich für blöd“, sagte er. „Bin ich aber nicht.“
Markus wusste nicht recht, was er tun sollte. Da ließen sie ihn einfach neben dem fremden Jungen stehen und strampelten davon, so schnell sie konnten, aber in verschiedene Richtungen? Er sah Marie-Theres nach. Ihr blaublondes Haar hob sich kaum von den Sonnenblumen und dem Himmel darüber ab.
„He, Marie-Theres, warte auf mich!“, schrie
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