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Hände weg vom Abendschatten!

Hände weg vom Abendschatten!

Titel: Hände weg vom Abendschatten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Mayer-Skumanz
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Geheim-Mappe lese ich, dass dieser Weingarten der katholischen Pfarre gehört und an einen gewissen Sebastian Lemb verpachtet ist.“
    Markus nickte Marie-Theres zu. „Aha, das ist der Opa von der Kusine deiner —“
    Marie-Theres winkte ab. „Alles erfunden. — Markus, hol uns das Telefonbuch.“ Viel zu spät fügte sie ein „Bitte“ hinzu. Er kam sich vor wie ein Lehrbub, der von der Meisterin herumkommandiert wird.
    Tante Mona telefonierte mit Herrn Lemb . Ohne Umschweife fragte sie ihn, ob der an das Trockental grenzende Weingarten verkäuflich sei. „Ach so, Sie sind der Pächter... Und wem — Aha, aha. Gerade getauscht. Und wer ist der neue Eigentümer? — Firma Morthand, was Sie nicht sagen. — Verstehe. Ja. Nein, nein. Entschuldigen Sie, dass... Alles Gute.“ Sie legte den Hörer auf und schnaufte. Rote Flecken erschienen auf ihrem Hals, auf den Wangen, auf der Stirn. „Jetzt hat sich sogar die Pfarre breitschlagen lassen, ihren Bornheimer Weingarten gegen einen anderen, viel weiter im Westen liegenden einzutauschen. Dem Lemb hat man versprochen, dass er dort wieder Pächter sein darf, falls der Bornheimer Weinberg dem neuen Steinbruch weichen muss.“ Sie fuhr sich mit allen zehn Fingern durch das graue Haar. „Wie geht das mit dem Anti-Stress-Augenrollen, Marie Theres?“
    Sie übten zwei Minuten lang, dann sagte Tante Mona zu Markus: „Das Werk hat zuerst den alten Gutshof auf der Anhöhe gekauft, nun kauft es alle Äcker ringsum oder tauscht andere dagegen ein. Und die Leute sind so kurzsichtig und verkaufen und helfen fleißig mit, die Landschaft zu ruinieren und die Wasser- notvorräte zu gefährden. Ich möchte wissen, was die Firma der Pfarre gespendet hat, damit die in den Tausch einwilligt.“
    Markus schüttelte den Kopf. „Das klingt ja, als würde die Zementfirma die Leute bestechen?! Meinst du das so, Tante Mona?“
    „Ich meine das so.“
    „Aber, Tante Mona, wenn da die Zeitungen draufkommen—“
    „Ha, die Zeitungen!“, rief Tante Mona so zornig, dass Theodor zu winseln anfing. Sie dämpfte die Stimme, angelte sich einen Packen Zeitungen vom Schreibtisch und knallte sie vor Markus auf den Teppich. „Mein allabendliches Lesevergnügen — da! Zähl einmal die ganzseitigen Annoncen. ,Wir nehmen die Sorgen der Bürger ernst!’ Woche für Woche gibt Morthand Unsummen für diese Werbung aus. Darauf sollen die Zeitungen verzichten? Wenn ein mutiger Journalist die Wahrheit über die Morthand -Pläne schreiben will, wird er von seinem Chef niedergebügelt. Aber alles, was der Werksleiter rülpst, wird brav niedergeschrieben. ,Nur eine verschwindend kleine Minderheit’, sprach der famose Herr im neuesten Interview, ,nur eine verschwindend kleine Minderheit in der Bevölkerung ist gegen die Erweiterung des Steinbruchs und damit auch gegen die Erhaltung von Arbeitsplätzen’...“
    „Habt ihr denn keinen Stadtrat für Umwelt-Angelegenheiten oder wie das heißt?“, fragte Markus.
    „Haben wir“, sagte Tante Mona. „Unser Umweltdezernent schweigt und hofft, dass er die nächste Kommunalwahl übersteht.“ Marie-Theres zupfte Tante Mona am Ärmel. „Pause, bitte! Ihm ist schon schlecht, siehst du?“
    Tante Mona erschrak. Sie packte Markus an den Schultern und schob ihn auf die Terrasse hinaus. „Da, ein Liegestuhl im Schatten. Und ein spannender Krimi. ,Der Diamant im Aquarium’. Entspanne dich.“
    Aber Markus lief lieber mit Theodor durch den Garten. Das T-Shirt von Marie-Theres flatterte von einer Wäscheleine, daneben hing ihre Jeanshose. War sie schon trocken? Markus streckte die Hand aus, um den Stoff zu befühlen, aber aus irgendeinem Grund schaffte er es nicht, die Kleidungsstücke zu berühren. Sie sahen so seltsam aus ohne Mädchen drin.
    Später saß er mit Theodor auf der vorderen Terrasse mit Blick auf die Rosenbüsche und versuchte, Chiara einen Brief zu schreiben. Er hatte Chiara in Italien kennen gelernt. Das war nun schon drei Wochen her. „Ich vermisse San Nicola, die Fledermäuse und die leeren Etruskergräber“, schrieb er ihr. „Und ein bisschen auch dich, naturalmente. Ciao!“
    Der Dackel knurrte leise. Markus hob den Kopf. „Was ist los, Theodor?“
    Mit einem Satz sprang Theodor zur Seite, genau in dem Augenblick, als ein großer Lehmbrocken neben Markus auf der Terrasse landete. Der Brocken zerstob beim Aufprall in zahllose Erdkrümel. Theodor rannte an den Zaun und bellte wie von Sinnen. Nach dem ersten Schreck rappelte sich auch Markus auf

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