Haeppchenweise
Kochbuchautorin tupft versonnen ein paar Krümel vom Teller.
„Das bedeutet ... wir haben durch das Zuschauervoting gewonnen?“
Julius fühlt sich wie betäubt. Unmöglich, den Blick von dem auf und ab wedelnden Fax zu lösen.
„Wir ...“, die Worte purzeln in seinem Hirn durcheinander wie eine Tüte Buchstabennudeln. Die Liesch lächelt bis über beide Ohren.
„Mensch Julius! Wir haben gewonnen!“, kreischt Katta los. Dann fliegt ein schwitzendes, nach Vanille und Mohn riechendes Etwas um seinen Hals.
„Katta, wenn ich nicht schon eine Tochter hätte, die mich jeden einzelnen Nerv kostet, würde ich dich glatt adoptieren. Das wollte ich dir schon immer mal sagen“, murmelt er mehr zu sich selbst als zu ihr.
Einen Wimpernschlag später, als er spürt, dass er nun doch das Bewusstsein verliert, hört er den Begeisterungssturm, der im Studio losbricht.
*
Julius´ Fondant au Chocolait
Man nehme für 6 Personen:
250 g. Schokolade (70 % Kakaoanteil), 175 g. Butter,
125 g. Puderzucker, 75 g Mehl, 5 Bioeier.
Die Butter und die Schokolade in einem hochwandigen Gefäß im Wasserbad schmelzen lassen. Das Mehl und den Puderzucker in eine Schüssel geben, die Eier hinzufügen und verrühren, bis der Teig glatt ist. Vorsichtig die Butter und die Schokolade unterziehen. Die Innenseiten von 6 feuerfesten Förmchen (5 cm hoch und 7,5 cm Durchmesser) mit Butter bestreichen und mit Mehl bestreuen. Die Förmchen zu jeweils 3/4 mit Teig füllen. Den Ofen auf 200 Grad vorheizen, dann die Küchlein für genau 7 Minuten backen, sodass der Kern flüssig bleibt. Noch warm auf einem Fruchtspiegel und/oder Vanilleeis anrichten und servieren.
Julius Tipp: Etwas zerstoßenen rosa Pfeffer unter den Teig rühren. Überraschend!
Runde, süße Dinger
Poseidon, der Gott der Meere, und Athene, die Göttin des Krieges, stritten einst über die Vorherrschaft über Griechenland. Sieger sollte der größere Wohltäter sein. Poseidon spendete der Menschheit das Pferd. Athena stiftete den Menschen den ersten Olivenbaum und wurde dafür zur Stadtgöttin Athens ernannt. Seither glauben die Griechen daran, dass sie unter dem Olivenbaum auf die Welt gekommen seien.
Muhs Gebimmel klingt merkwürdig laut in meinen Ohren und noch im Türrahmen halte ich mit weichen Knien inne. Die ehemals lackblättrige Holzfläche der alten Ladentür wurde geschliffen und türkis gestrichen. Jemand hat Cook & Chill auf den Glaseinsatz gemalt, einmal richtig herum und darunter in Spiegelschrift. Meine Fingerkuppen streicheln über die Farbschicht, ein Gefühl zupft an meinen Mundwinkeln, unentschlossen, ob es ein Lächeln oder ein Schluchzen sein möchte. Überdeutlich spüre ich, wie jeder Atemzug meine Rippenbögen spreizt, damit mein Brustkorb mehr Platz für mein Herz hat, das einfach nicht aufhört, zu wachsen. Nach fast zweimonatiger Abwesenheit übertrete ich endlich die Schwelle meines Kochbuchladens.
Im Gang betrachte ich minutenlang Louises Foto. Natürlich ist das Funkeln, das ich in ihren Augen entdecke, reine Einbildung. Ich glaube mittlerweile, dass mir die alte Dame nie erschienen ist. Mein Gewissen hatte sich Louises einschüchternder Persönlichkeit bedient, um mir mal so richtig die Meinung zu fiedeln. Genau deshalb nehme ich den Rahmen behutsam von der Wand, um der Schriftstellerin einen neuen Ehrenplatz in meinem Leben zu schenken. Gleich neben der Kaffeemaschine, wo ich sie jederzeit sehe – und sie mich.
Im Bistro begrüße ich Johannes´ Frau und ihre Freundinnen, lächle Julia zu und mache es mir auf der grünen Chaiselongue mit einem Kriminalroman gemütlich. Die Gipsweißwurst bin ich seit ein paar Tagen los und musste Dr. Wellnessressort versprechen, meine Seele öfter mal baumeln zu lassen.
„Kruzifix noch mal!“ In der Küche poltert und scheppert es.
Julius hat den kleinen Fernseher auf den Sperrmüll geworfen und damit alle Kochsendungen aus dem Cook & Chill verbannt. Gegenwärtig arrangiert er sich mit der tief greifenden Veränderung in seinem Leben, die Henrys Namen trägt. Ihm war bestimmt nicht klar, wie ähnlich seine Tochter ihm ist und bereut es nun zutiefst, dass er das Angebot des Senders abgelehnt hat, um mehr Zeit mit ihr zu verbringen.
Vivo TV hat die Sendung „Starcooks“ abgesetzt, da eine neue Kochshow mit Anne Liesch (du ahnst es nicht!) granatige Einschaltquoten verzeichnet. Man munkelt, der Däne setze keinen Fuß mehr aus seinem Restaurant, wo er versucht, seinen
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