Haeppchenweise
nicht, Herr Zander.“ Die Sanitäterin lächelt charmant, wenn auch ungerührt, und packt ihr Verbandsarsenal ein. Er wird die Sympathie, die er vor einigen Minuten noch für sie empfunden hat, überdenken.
„Nehmen Sie bitte alle vier Stunden ein Aspirin und essen Sie die nächsten Tage viel Obst und Gemüse, die Vitamine helfen bei der Zellerneuerung. Und wagen Sie es bloß nicht, die Brandschutzverbände zu entfernen, sonst handeln Sie sich eine Entzündung ein!“ Sie hebt einen Finger.
„Jawoll Mutti!“ Julius beißt die Zähne zusammen, denn seine Haut brennt wie Hölle. Nicht seine erste Verbrennung, aber mit Abstand die zum allerdämlichsten Zeitpunkt.
„Sofern Ihnen nicht schwindlig ist, können Sie jetzt gehen. Am besten ohne Umwege nach Hause und direkt ins Bett.“
„Sie haben ja Nerven, Fräulein. Da draußen geht meine Lebensgrundlage vor die Hunde und Sie schicken mich Schäfchen zählen.“
Er stemmt sich nach oben und stellt die Beine auf den Boden. Eine schlechte Idee, denn der winzige Sanitätsraum beginnt sofort, sich zu drehen. Außerdem leidet er an Wahnvorstellungen, denn in der Tür steht diese oberlehrerhafte Kochbuchautorin. Samt Teller und Kamera.
„Wie geht es Ihnen?“, trällert sie fröhlich, während der Kameramann sich an ihr vorbeidrückt und das Objektiv so nah an sein Gesicht hält, dass er fast mit der Nase gegen das Glas stößt.
Also keine Halluzination. Er beißt sich auf die Lippen, ehe sich sein Verdruss an der Falschen entlädt, und gibt ein Grunzen von sich. Hinter der Liesch erspäht er eine ernste Katta, das Karpfenkinn von Novela und einen sichtlich mies gelaunten Mats.
„Ist der Wettbewerb entschieden?“ Kostet ihn Mühe, die Frage so zu stellen, als gehe er davon aus, dass die Antwort erfreulich ausfiele. Die Liesch deutet unwirsch auf ihren Teller.
„Herr Zander, Sie sind sich hoffentlich im Klaren darüber, dass das hier die mühselige Arbeit von Monaten zunichtemacht!“
Julius starrt auf die krümeligen Reste, die er seinem Fondant zuordnet.
„Das ... es tut mir leid, Katta.“
Ein dicker Kloß klemmt in seiner Kehle, den er nicht runterschlucken kann, egal wie sehr er sich bemüht. Kattas Gesicht ist völlig ausdruckslos.
„Sollte es auch“, antwortet die Liesch ungnädig. Er kann sich nicht erinnern, wann ihn ein Frauenzimmer zuletzt derart eingeschüchtert hat.
„Dank Ihnen werde ich nun genötigt, diese unverschämten Schokoladenküchlein meiner Familie und wahrscheinlich allen Verwandten und Bekannten vorzusetzen. Ich hatte sieben Kilo abgenommen. Sieben!“
„Heißt das ...“ Julius schluckt nochmal heftig. Keine Chance, der Kloß sitzt fest.
Im Gang ertönen Laufschritte, Novelas Assistentin stürzt herein, mit geröteten Wangen, einen Faxausdruck in der Hand.
„Frau Liesch? Das hier soll ich Ihnen geben. Mit herzlichen Grüßen von Frau Weiss von der Sendeleitung!“ Lena japst und hält sich die Seite.
Die Kochbuchautorin rückt ihre Brille gerade und greift nach dem dünnen Papierbogen. Liest und runzelt die Stirn. Wedelt sich mit dem Fax Luft zu und schnalzt mit der Zunge. Er fühlt sich wie damals, kurz vor seiner Meisterprüfung.
„Da steht, 94 Prozent der Fernsehzuschauer sind der Meinung, Sie sollten ihr Siegerrezept auf die Internetseite des Senders setzen.“
Er öffnet den Mund und schließt ihn wieder.
„Na, da hast du uns ja was eingebrockt.“ Katta schüttelt bekümmert den Kopf, ihre Augen funkeln. Er versteht nur noch Bahnhof.
„Lächerlich!“
Mit einem ohrenbetäubenden Knall schmettert Jørgensens´ Faust in die Türverkleidung. Seine Sommersprossen glühen regelrecht in dem mehlweißen, schweißtriefenden Gesicht. Wutentbrannt bindet der Däne seine Schürze ab und schmeißt sie auf den Boden. „Das ist doch ein abgekartetes Spiel! Ich werde meinen Laden nicht schließen!“
„Müssen Sie auch nicht, Herr Jørgensen. Bis auf den Geldgewinn ist der Wetteinsatz ohnehin rechtswidrig. Sie dürfen das Starcooks also behalten. Übrigens steht unter dem Text ein Post Scriptum. Frau Weiss teilt Ihnen mit, dass sie und Herr Novela morgen um acht einen Termin in der Vorstandsetage haben.“
„Sie können mich!“ Mats spuckt aus und sieht Julius hasserfüllt an. „Das war noch nicht alles, Zander!“
Dreht sich um und stapft türenknallend davon.
„Schade. Dabei wollte ich ihm noch ein Kompliment für seinen Gewürzkuchen machen. Wir haben nämlich ein Unentschieden seitens der Jury.“ Die
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