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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Anwesens merken Swensen und Hassanzadeh wie sie auf das Format von zwei lästigen Schnüfflern zusammenschrumpfen, was durch den Gesichtsausdruck des Hausmädchens noch bestätigt wird, als sie sich als Kripobeamte vorstellen.
    »Bitte warten Sie hier, meine Herren. Ich werde Frau von Wiggenheim benachrichtigen.«
    Hassanzadeh schielt den davoneilenden Beinen hinterher, während Swensen entzückt den flachen, rechteckigen Holzkopf an der Wand betrachtet. Über dem waagerechten Mund glotzen zwei eng stehende Löcher als Augen. Aus der Stirn ragt ein langschnäbliger Vogelkopf.
    Wahrscheinlich eine afrikanische Schamanenmaske, denkt Swensen beeindruckt. Während die Beine, diesmal von vorn, wieder in Hassanzadehs Blickfeld schreiten, fragt er sich, welcher exklusive Innenausstatter wohl diese Ritualskulptur zweckentfremdet an diese Wand verbannt hat.
    »Meine Herren, würden Sie mir bitte folgen!«
    Die Dame des Hauses sitzt in einem engen rosa Kostüm auf einem grauen Kanapee und bittet Swensen und Hassanzadeh mit einer Handbewegung Platz zu nehmen.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Wir hätten gerne Sylvester von Wiggenheim gesprochen?«
    »Mein Mann ist in seinem Atelier. Kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    »Nein, Frau Wiggenheim! Wir müssen schon …«
    »Von Wiggenheim, bitte!«
    »Frau von Wiggenheim, wir müssen ihren Mann schon persönlich sprechen.«
    »Fräulein Else, bringen Sie die Herren bitte zur Tür und geben Sie ihnen die Adresse vom Atelier meines Mannes. Auf Wiedersehen meine Herren!«
    Swensen bemerkt den wütenden Ausdruck auf Murat Hassanzadehs Gesicht und stoppt ihn mit einem beruhigenden Augenkontakt. Dann beugt er kurz seinen Kopf in Richtung der Dame des Hauses.
    »Moin, Moin, Frau von Wiggenheim«, verabschiedet er sich demonstrativ.
    Ein vernichtender Blick verfolgt die Beamten.
     
    * * *
     
    Ein pfeifendes Geräusch erfüllt den abgedunkelten Raum. Es kommt vom Rotor einer großen Windanlage. Weißer Nebel quillt aus einem Behälter mit Flüssigeis und wabert knöchelhoch über den Boden. Mehrere Scheinwerfer färben die filigranen Wirbel goldgelb. Aus einem Lautsprecher hämmert Trommelmusik. Mittendrin verändert eine blutjunge Frau mit ruckartigen Bewegungen unentwegt ihre Körperhaltung. Sie trägt eine weinrote, rundausgeschnittene Samtbluse und einen schwarzen Superminirock. Der makellose Körper wirkt auf Swensen wie eine Fata Morgana. Neben der Frau hält ein Afghane seine Schnauze stoisch in Richtung Windanlage. Sein langes Fell flattert im künstlichen Luftstrom. Davor fuchtelt ein Mann mit dem linken Arm besessen in der Luft herum, während seine rechte Hand ununterbrochen den Auslöser einer Kamera betätigt. Dazu stößt er unverständliche archaische Laute aus, die sich ab und zu in grunzende Wortbrocken verwandeln.
    »Yeah, Woman, look at me! Yeah! Look here! Yeah!«
    Swensen und Hassanzadeh, dessen Blick sich nach dem Eintreten sofort an die ellenlangen Gazellenbeine des Modells geheftet hat, stehen etwas abseits im Raum. Ein Mann mit feminin tänzelndem Gang hatte sie hierher geführt und ihnen zugeflüstert, hier bitte so lange mucksmäuschenstill zu warten bis der Meister, wie er es ausdrückte, seinen kreativen Schub hinter sich gebracht hätte. Swensen starrt beeindruckt auf das surrealistische Schauspiel vor sich. Er fühlt sich wie ein Auserwählter, der exklusiv in den Kulissen stehen darf und hautnah dem Trubel einer Inszenierung zusehen kann.
    Irgendwie hat der Job eines Kripobeamten etwas für sich, denkt er. In welchem Beruf bekommt man schon einen Einblick in alles, was unsere Welt so antreibt? Und immer, wenn Swensen sich im Sinnieren verloren hat, lösen sich über kurz oder lang alle Grenzen um ihn herum auf. Es ist wie ein Blick hinter die Wirklichkeit. Das ins Licht getauchte Modell und ihr dunkler Gegenpart verschwimmen zu einem pulsierenden Organismus. Jede Zelle wirkt in ihrer Tätigkeit mit jeder anderen Zelle zusammen, als wenn sich all ihre Bemühungen nur so im Gleichgewicht halten können.
    Ja, genauso ist es! Jede meiner Handlungen, jede Aktion, jeder Gedanke, jedes Wort, schießt es ihm wie eine plötzliche Erkenntnis durch den Kopf, hat nicht allein Auswirkungen auf mich persönlich, sondern hält auch das gesamte Zusammenspiel im Gange.
    Da stoppt abrupt die wilde Aktion auf der Bühne vor ihm. Sylvester von Wiggenheim schnippt mit den Fingern und einer der Gehilfen stürmt zu ihm hin, nimmt die benutzte Kamera entgegen und drückt ihm eine

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