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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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fürchten.
    Ein Satz, der ihm verblüffender Weise jedes Mal in den Kopf kommt, wenn ihn seine Arbeit in eine Pathologie führt. Glücklicherweise kommt das, seit er seinen Dienst in Husum angetreten hat, wesentlich seltener vor als zu seiner Zeit in Hamburg. Auf der anderen Seite hatte ihn der Aufenthalt in diesen Räumen auch immer wieder fasziniert. Da war jedes Mal so ein zwingendes und unausweichliches Gefühl, das ihn am Anfang völlig verunsicherte. Erst viel später erkannte er, dass der Schrecken des Todes seine eigene Todesangst mobilisierte, eine Angst, die offensichtlich in uns allen steckt und immer erst dann ins Bewusstsein tritt, wenn der Tod zum Greifen nah vor einem liegt.
    Als Dr. Jürgen Riemschneider, der gerade das Herz gereicht bekommen hat, Swensen in der Tür nach Luft schnappen sieht, gibt er ihm ein Zeichen doch draußen zu warten. Doch der schüttelt den Kopf und tritt entschlossen an den Sektionstisch. Mit einem kurzen Blick überzeugt er sich von den leeren Augenhöhlen. Es ist die Tote von den Fotos. Die beiden Gerichtsmediziner unterbrechen ihre Arbeit, ziehen sich den Mundschutz herunter und streifen sich die blutigen Handschuhe ab.
    »Na, Jan! Musst du dir das mal wieder antun?«, sagt Riemschneider und deutet dann mit einer Kopfbewegung zu seinem Kollegen. »Dr. Markgraf kennst du noch nicht, ist erst seit kurzem bei uns.«
    »Hallo, Hauptkommissar Jan Swensen, Kripo Husum!«
    Markgraf schüttelt Swensen die Hand.
    »Dr. Helmut Markgraf!«, sagt er und sieht Swensen bedeutungsvoll an. »Das Übliche, denk’ ich? Zeitpunkt des Todes. Natürlicher oder nicht natürlicher Tod. Anhaltspunkte für Fremdeinwirkung.«
    »Das auch. Aber als Erstes würde mich interessieren, ob die Tote Edda Herbst ist.«
    »Es scheint Edda Herbst zu sein!« antwortet Riemschneider bevor Markgraf den Mund aufmacht. »Wir haben gehört, dass heute Vormittag ein Kollege von dir mit einem Videothekbesitzer hier war, der die Leiche identifizieren konnte.«
    Riemschneider deutet auf den unteren Halsansatz der Leiche.
    »Hier das Muttermal.«
    Dann nimmt er die rechte Hand der Toten und hebt sie etwas in die Höhe. An den Fingernägeln sind Reste roten Nagellacks zu sehen.
    »Und hier eine kleine, zirka 2 cm lange Narbe auf dem Handrücken.«
    Nachdem Swensen sich die Merkmale angeschaut hat, wendet er sich erleichtert von dem Gruselszenario ab. Sofort glaubt Dr. Markgraf, dass jetzt seine Stunde gekommen wäre. Wie für einen Bühnenauftritt bringt er sich vor ihm in Stellung.
    »Trotz der avitalen Beschädigungen ist eine Fremdeinwirkung auf den ersten Blick nicht festzustellen. Alles deutet auf Ertrinken hin. Die genaue Bestimmung der Todeszeit ist nach so langer Zeit im Wasser durch die starke Wärmeableitung kaum noch möglich. Das gilt auch für eine Bestimmung über supravitale Reaktionen, die sind genauso temperaturabhängig.«
    Swensen kneift die Augen zusammen und Riemschneider übersetzt darauf das Fachchinesisch mit knappen Worten.
    »Es gibt nur Verletzungen, die erst nach dem Tod durch Tierfraß, in diesem Fall Vögel, verursacht wurden. Zur Todeszeit können wir noch nichts sagen. Aber eins scheint sicher, wenn die Frau ertrunken ist, dann ist sie nicht vor Ort ertrunken. Auf der Vorderseite der Toten haben sich sehr starke Totenflecken gebildet.«
    »Ja, und?« Swensen schaut die Gerichtsmediziner fragend an.
    »Nun«, erklärt Markgraf mit Genugtuung, »Leichenflecken bilden sich nach dem Tod durch das Absinken des Blutes in tiefer liegende Gewebezonen.«
    »Schwerkraft, alles fällt zu Boden«, erklärt Riemschneider. »Die Leiche muss also ziemlich lange auf dem Bauch gelegen haben. Wer nach dem Ertrinken im Wasser treibt, bildet keine Totenflecken.«
    »Und was heißt das?«, fragt Swensen.
    »Nun, die Frau ist mit Sicherheit nicht im Meer ertrunken. Sie muss gleich nach dem Tod längere Zeit auf festem Boden gelegen haben und erst viel später ins Wasser geraten sein. Das würde bedeuten, sie ist vorher ermordet worden!«
    »Wann wissen Sie das genau?«
    »Wir schauen uns als nächstes die Lungen näher an.«
    »Ich gebe Ihnen meine Handynummer. Rufen Sie mich bitte sofort an.«
     
    * * *
     
    Susan raunt in ihrem typischen Singsang gerade ein »ich dich auch« ins Telefon und küsst geräuschvoll die Sprechmuschel, als sie Swensen neben sich wahrnimmt. Sie errötet bis unter die Haarwurzeln. Hastig legt sie auf und spielt nervös mit dem Kugelschreiber. Swensen zieht eine Folie mit Negativen

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