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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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nicht mit rein gezogen werden.«
    »Nicht rein gezogen werden?« Swensen setzt eine nachdenkliche Mine auf. »Ich verstehe nicht ganz, Herr von Wiggenheim. Sie haben eine Leiche gefunden und das nicht sofort den Behörden gemeldet? Da besteht aber schon Erklärungsbedarf.«
    »Meine Frau weiß nichts von meinem Aufenthalt in St. Peter-Ording.«
    »Ja, und? Dann erfährt sie das eben jetzt.«
    »Sie haben mir volle Vertraulichkeit zugesichert.«
    »Was ist daran so überaus vertraulich, Herr von Wiggenheim?«
    Von Wiggenheims Blut weicht aus seinem Gesicht. Seine Augen treten hervor und die Stimme scheint mit einem Mal belegt zu sein.
    »Ich hab mich mit einer Geliebten in St. Peter getroffen.«
    »Wie rührend!«, zischt Hassanzadeh. Swensen bringt seinen Kollegen mit einem unmissverständlichen Blick zum Schweigen.
    »Ich hätte jetzt gern die ganze Wahrheit.«
    »Das ist die ganze Wahrheit. Ich war mit meiner Geliebten in St. Peter. Am 16. bin ich allein zum Fotografieren ins Watt raus. Dort hab ich die Leiche gefunden, die Fotos gemacht und sie Ihnen geschickt. Was hätte ich denn machen sollen? Ich bin da ohne mein Zutun in eine ziemlich missliche Lage hineingeraten. Wenn ich gleich zur Polizei gegangen wäre, hätte meine Frau mit Sicherheit von meinen Verhältnis erfahren. Das musste ja nicht sein.«
    »Und Ihre Geliebte, haben Sie ihr etwas davon gesagt?«
    »Natürlich nicht!«
    »Gibt es sonst noch etwas, was wir nicht wissen?«
    »Nein!«, sagt von Wiggenheim schroff.
    »Waren das alle Bilder, die wir bekommen haben?«
    »Nein! Ich hab die Besten ausgewählt. In meinem Layoutschrank liegen noch einige.«
    »Worauf warten Sie? Die Bilder bitte!«
    Von Wiggenheim öffnet eine Schublade, nimmt einige Fotos heraus und legt sie auf einen Arbeitstisch.
    Schon auf den ersten Blick erkennt Swensen, dass seine persönliche Anreise sich gelohnt hat. Da liegen Fotos, auf denen deutliche Reifenabdrücke im Sand zu erkennen sind.
    Geländewagen, denkt Swensen und fragt: »Warum haben Sie uns diese Aufnahmen denn nicht mitgeschickt?«
    »Ehrlich gesagt, der Briefumschlag war einfach zu schmal. Ich hätte die da sonst so richtig reinquälen müssen. Ich hab die Besten ausgewählt.«
    »Diese Beurteilung sollten Sie lieber uns überlassen!« knurrt Hassanzadeh, und im Wort ›Sie‹ klingt ein drohender Unterton mit. Swensens Worte wirken dagegen eher loyal.
    »Herr von Wiggenheim, ich hätte gerne sämtliche Negative, die Sie in St. Peter-Ording gemacht haben. Und hinterher verraten sie mir noch den Namen und die Adresse ihrer Geliebten.«
    »Muss das sein?«
    »Ja, das muss sein.«
     
    * * *
     
    Die kalten Neonleuchten werden von den Fliesenwänden in hunderten von grellen Lichtpunkten widergespiegelt. Die beiden Gerichtsmediziner, Dr. Helmut Markgraf und Dr. Jürgen Riemschneider, binden ihre grünen Schutzkittel zu und streifen sich Mundschutz und Latex-Handschuhe über. Sie sind am Nachmittag, mit dem Auftrag eine Wasserleiche in Husum zu obduzieren, aus Kiel angereist. Auf dem Sektionstisch aus blankem Edelstahl liegt ein Frauenkörper. Der penetrante Geruch von Fäulnisgas liegt in der Luft, doch der hochgewachsene Markgraf nimmt ihn, wie immer nach einer gewissen Zeit, nicht mehr wahr. Ein Gerichtsmediziner entwickelt bei seiner Tätigkeit auf die Dauer eine gesunde Immunität gegen alles Verweste, Verbrannte und Blutige. Wegen seiner schlaksigen Körpermotorik hat sich Markgraf von seinen Kollegen den Spitznamen Pinocchio eingehandelt. Doch im selben Moment, in dem er das Skalpell ansetzt, widerlegt er diesen Anschein sofort. Mit ruhiger Hand schneidet er ein sauberes Y in die bleiche Haut, ungefähr fünf Zentimeter vom Halsansatz entfernt bis hinunter zum Nabel.
    Weich wie Marzipan, denkt Markgraf und setzt zwei weitere Schnitte vom Nabel jeweils zum linken und rechten Hüftansatz. Danach faltet er die Hautlappen auseinander. Das Innere des Rumpfs wird freigelegt. Markgraf schaltet die elektrische Knochensäge ein. Das runde Sägeblatt beginnt mit einem sirrenden Geräusch zu rotieren. Der Gerichtsmediziner setzt es am Brustbein an und lässt es von oben nach unten durch die Knochen fräsen. Das kreischende Geräusch erwischt Swensen, als er den Raum betritt. Er merkt, wie sich seine Nackenhaare aufstellen und bleibt erst mal in der Tür stehen um noch einmal tief durchzuatmen. Das Ekelgefühl hat sich aber bereits im Magen festgekrallt.
    Wer ein Leben voller Weisheit führt, muss auch den Tod nicht

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