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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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sich bei anstehenden Entscheidungen immer mit ihm abgesprochen hat.«
    »Wie eng war die Beziehung der Männer? Waren Sie per Du oder per Sie?«
    »Wo denken Sie hin. Mein Mann legte viel Wert auf Distanz. Er war mit allen Menschen per Sie, die ich kenne.«
    »Noch eine Frage. Könnte es sein, dass Dr. Bonsteed die Beziehung zu Ihnen nicht nur als Karrieresprungbrett benutzt hat?«
    Frederike Kargel wirkt plötzlich wie ausgewechselt. Sie schaut apathisch an die Decke. Auf ihren Lippen liegt ein bitteres Lächeln, das Lächeln einer verschmähten Frau, der es nicht gelingt, ihre Rachegedanken zu unterdrücken.
    »Karsten ist ein Riesenarschloch!«, bricht es mit unerwarteter Heftigkeit aus ihr heraus. »Jetzt, wo er mich nicht mehr gebrauchen kann, möchte er, dass wir unser Verhältnis auf Eis legen, nur vorübergehend natürlich. Aber nicht mit mir. Für mich ist jetzt Schluss. Das habe ich ihm auch schon gesagt.«
    Eine Träne kullert aus ihrem rechten Auge.
    Nicht schlecht, denkt Swensen, echt gekonnt. An der Frau ist eine große Schauspielerin verloren gegangen.
    Er dreht unauffällig seinen Kopf zu Seite, zieht seinen Notizblock heraus und blättert ihn durch.
    »Hat Ihr Mann mit Ihnen über diesen neu entdeckten Storm-Roman gesprochen?«
    »Nicht direkt.«
    »Was heißt das?«
    »Er war sehr empört über die Entdeckung. Ich hab ihn vorher noch nie so wütend erlebt. Er hat auf Gott und die Welt geschimpft, auf Bonsteed, diesen Storm-Experten Wraage, den Journalisten von der Husumer Rundschau.«
    »Rüdiger Poth?«
    »Ja, genau. Rüdiger Poth heißt der. Und besonders auf den Entdecker hat er geschimpft, diesen Peters.«
    »Hajo Peters?«
    »Ja. Einen nichtsnutzigen, dummen Videoheini hat er ihn genannt. So jemand findet doch nicht mal im Traum einen Storm-Roman. Der kann nicht echt sein. Und diesen Peters würde er schon so richtig auflaufen lassen. Und er wünschte sich, er könnte sein Gesicht sehen, wenn endlich rauskommt, dass der Roman gefälscht ist.«
    »Hat Ihr Mann Peters mal persönlich getroffen?«
    »Getroffen? Das kann ich nicht sagen! Glaub’ ich aber nicht! Peters war ein rotes Tuch für ihn. Es dürfe keinen Roman von Storm geben, weil nichts davon in seinen gesamten Schriften und Briefen steht. Ein Roman wäre von ihm doch irgendwo erwähnt worden, er hat immer alles Autobiographische akribisch genau aufgezeichnet.
    Storm hat zeitlebens nur Novellen geschrieben, hörte ich ihn einmal nachts auf dem Flur brüllen. Ich dachte schon, jetzt ist er wahnsinnig.«
    »Aber er hat trotzdem das Gutachten für die ›Husumer Rundschau‹ übernommen?«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Können Sie sich vorstellen, dass Ihr Mann aus persönlichen Gründen ein falsches Gutachten schreiben würde?«
    »Nein, mit Sicherheit nicht. Selbst wenn etwas nicht in seinen Kram passte, hat er immer redlich gehandelt. Dazu war er viel zu gewissenhaft.«
    »Wie sind Ihre finanziellen Verhältnisse nach dem Tod Ihres Mannes, Frau Kargel?«
    »Meinen Sie etwa, ich hätte meinen Mann wegen seines Geldes umgebracht?«, zischt sie mit einer Stimme, die vor Erregung schrill klingt. »Warum sollte ich? Ich bekam doch sowieso alles, was ich wollte.«
    »Wo waren Sie am Abend des 30. November?«
    »Ich habe ihn nicht umgebracht!«
    »Wo waren Sie am Abend des 30. November?«
    »Na, hier im Haus, wo denn sonst?«
    »Haben Sie Zeugen?«
    »Mich!«
    »Ich muss das fragen. Ich finde das auch nicht immer schön, aber es muss sein. Hatte Ihr Mann eine Waffe?«
    »Ich glaube, ich hab mal eine im Nachtschrank seines Schlafzimmers gesehen.«
    »Sie haben kein gemeinsames Schlafzimmer?«
    »Nein, natürlich nicht. Wir hatten schließlich keine intime Beziehung.«
    »Sie waren verheiratet.«
    »Aber das habe ich Ihnen doch schon alles erklärt.«
    »Dann habe ich das missverstanden. Können Sie mir die Waffe zeigen?«
    Frederike Kargel erhebt sich ohne zu zögern vom Sofa, eilt die Treppe hinunter, so dass Swensen ihr kaum folgen kann. Auch die Schlafzimmereinrichtung von Herbert Kargel stammt vorwiegend aus der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts, nur das Bett passt überhaupt nicht in diesen Raum, das könnte er bei ›Ikea‹ gekauft haben.
    Beim Schlaf hört jeglicher Stil auf, denkt Swensen und folgt Frederike Kargel bis zum antiken Nachtschrank. Doch als sie die Schublade aufzieht, ist sie bis auf ein paar Bücher leer. Die Frau blickt Swensen sichtlich erstaunt an.
    »Sie ist weg!«
    »Sind Sie sicher, dass es der richtige Platz

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