Hafen der Träume: Roman (German Edition)
zusehen, wenn Sie und ihre Brüder bei der Arbeit sind.«
»Jederzeit. Wie lange bleiben Sie in St. Christopher?«
»Das steht noch nicht fest. Es war nett, Sie alle kennen zu lernen.« Zeit zum Rückzug, beschloss sie. Ihre Kehle war trocken, und der Puls ging unregelmäßig. »Viel Glück mit Ihren Booten.«
»Kommen Sie doch morgen vorbei«, schlug Phillip vor, als sie das Grundstück verließ. »Dann treffen Sie alle vier Quinns bei der Arbeit.«
Sie warf ihm einen knappen Blick über die Schulter zu und hoffte, dass ihre Augen nicht mehr als amüsiertes Interesse verrieten. »Vielleicht mache ich das wirklich.«
Seth, dachte sie, sorgfältig darum bemüht, nur nach vorn zu sehen. Phillip hatte ihr soeben in Aussicht gestellt, Seth morgen zu treffen.
»Ich muss wirklich sagen«, brummte Cam anerkennend, »die Frau hat einen hübschen Gang.«
»Ja, hat sie.« Phillip hakte die Finger in die Hosentaschen und genoss den Anblick. Sie hatte schmale Hüften und schlanke Beine, die in einer luftigen, maisgelben Hose steckten. Darüber trug sie eine figurbetonte zartgrüne Bluse, deren Enden unter dem engen Hosenbund verschwanden. Das geschmeidige nussbraune Haar war gerade lang genug, um ihre kräftigen Schultern zu berühren.
Ebenso attraktiv wie ihre Figur war das Gesicht mit seinem klassischen Oval und der pfirsichzarten Haut, die wie frische Sahne leuchtete. Ihr beweglicher Mund mit dem ausgeprägten Schwung war nur leicht geschminkt, in hellem Rosa. Sexy Augenbrauen, dachte Phillip, dunkel und gewölbt. Die Augen hatte er nicht sehen können wegen der modischen Sonnenbrille mit Metallrand, die sie trug. Vielleicht waren sie dunkel, passend zur Haarfarbe, oder hell, als Kontrast.
Die weiche Altstimme schließlich verlieh der überaus angenehmen Erscheinung die besondere Note.
»Wollt ihr den ganzen Tag dastehen und einem Frauenhintern nachstarren?« fragte Ethan.
»Klar. Als hättest du das nicht selbst getan«, schnaubte Cam.
»Hab’ ich. Aber ich mache keine Dauerbeschäftigung daraus. Ich dachte, wir wollten noch einiges schaffen heute.«
»Sofort«, murmelte Phillip und lächelte in sich hinein, als sie um die Ecke bog und verschwand. »Sybill. Ich hoffe doch sehr, dass sie eine Weile in St. Christopher bleibt.«
Sybill wusste nicht, wie lange ihr Aufenthalt dauern würde. Über ihre Zeit bestimmte sie allein. Sie konnte arbeiten, wo sie wollte, und im Augenblick hatte sie sich für diesen kleinen Hafenort an der südöstlichen Küste von Maryland entschieden. Sie hatte beinahe ihr gesamtes Leben in Städten verbracht, denn ihre Eltern zogen die Stadt vor, und bislang war sie diesem Beispiel gefolgt.
New York, Boston, Chicago, Paris, London, Mailand, diese Namen standen für das, was Sybill Urbanität nannte. Dort kannte sie sich aus, in Kultur und Lebensweise, dort verstand sie die Menschen. Genauer gesagt, hatte Dr. Sybill Griffin das Studium urbaner Lebensformen zu ihrem Beruf gemacht. Sie besaß akademische Grade in Anthropologie, Soziologie und Psychologie. Dazu hatte sie vier Jahre an der Harward-Universität studiert, ein Postgraduiertenstudium in Oxford absolviert und schließlich von der Columbia-Universität den Doktortitel verliehen bekommen.
In diesem wissenschaftlichen Umfeld war Sybill gut gediehen. Heute, sechs Monate vor ihrem dreißigsten Geburtstag, war sie in der Lage, selbst zu bestimmen,
wie sie ihr Geld verdiente. Und sie hatte sich für eine Karriere als Buchautorin entschieden.
Ihr erstes Buch, Urban Landscape , war gut aufgenommen worden. Die Kritik äußerte sich lobend, und die Verkaufszahlen sicherten ihr ein bescheidenes Einkommen. Bereits ihr zweites Buch, Familiar Strangers , hatte die Spitzen der nationalen Bestsellerlisten erklommen, und plötzlich sah Sybill sich in einen Wirbelwind von Reisen, Autorenlesungen und Talkshows gezogen. Jetzt, als der PBS, das nicht-kommerzielle Radio und Fernsehen, eine auf ihren Beobachtungen und Theorien basierende Dokumentarserie über das Leben und die Gewohnheiten von Städtern produzierte, war ihre finanzielle Situation mehr als abgesichert. Sybill war unabhängig.
Ihr Verleger hatte ihren Vorschlag, ein Buch über Handlungsmuster und Traditionen in ländlichen Ortschaften zu schreiben, gern angenommen. Ursprünglich war dieser Auftrag für sie nur ein Vorwand gewesen, eine Art Rechtfertigung, um nach St. Christopher zu fahren und den Aufenthalt für persönliche Angelegenheiten zu nutzen.
Dann hatte sie das Thema noch
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