Hafen der Träume: Roman (German Edition)
musste ihr Leben lang kellnern. Versteht sich, dass sie dazu keine Lust mehr hat. Möchten Sie tanzen?«
»Was?« Dann war das auch nicht Grace, dachte Sybill und bemühte sich, den Faden wieder zu finden. »Tut mir Leid. Was haben Sie gesagt?«
»Die Band spielt gerade etwas Langsameres, auch wenn der Krach nicht weniger geworden ist. Würden Sie gern tanzen?«
»Ja, warum nicht.« Sybill erlaubte Phillip, ihre Hand zu nehmen und sie zwischen den Tischen hindurch auf die Tanzfläche zu führen, wo sie sich zwischen die anderen Paare zwängten.
»Das soll wohl eine Interpretation von ›Angie‹ sein«, murmelte Phillip.«
»Wenn Mick und seine Jungs hören könnten, was diese Kerle daraus machen, würden sie die gesamte Band erschießen.«
»Mögen Sie die Stones?«
»Sie etwa nicht?« Es herrschte großes Gedränge, und sie konnten nur auf der Stelle tanzen. Sybill neigte den Kopf nach hinten, um Phillip anzusehen. Es störte sie keineswegs, dass ihre Gesichter einander ganz nahe waren. Auch nicht die Tatsache, dass sie gezwungen war, sich eng an ihn zu pressen. »Vulgärer schmutziger Rock ’n’ Roll, ungekünstelt und ehrlich. Purer Sex.«
»Sie mögen Sex?«
Sybill musste lachen. »Sie etwa nicht? Trotzdem habe ich nicht die Absicht, mich heute Abend damit zu beschäftigen.«
»Morgen ist auch noch ein Tag.«
»Ganz richtig.« Sybill überlegte, ob sie ihn küssen oder sich von ihm küssen lassen sollte. Das kleine Vergnügen würde ihr Experiment mit Sicherheit beleben. Stattdessen wandte sie den Kopf ab, so dass sich nur ihre Wangen streiften. Phillip Quinn war viel zu attraktiv. Spontan ihrem Impuls zu folgen, würde ein unkalkulierbares Risiko bedeuten.
Vorsicht war die Mutter der Weisheit, ermahnte sich Sybill.
»Ich überlege, ob ich Sie morgen Abend zum Essen einladen soll.« Gekonnt glitt Phillips Hand ihr Rückgrat hinauf und auf gleichem Weg zurück zur Taille. »In der Stadt gibt es ein nettes Restaurant. Fantastischer Blick auf die Bucht und die besten Fischspezialitäten der Gegend.
Wir können uns in normaler Lautstärke unterhalten, und Sie erzählen mir ihre Lebensgeschichte.«
Phillips Lippen berührten sie am Ohr, und ein schockierendes Prickeln durchlief Sybill vom Kopf bis zu den Zehenspitzen. Sie hätte es wissen müssen, dachte sie. Jemand, der aussah wie er, verstand sich verdammt gut auf sexuelle Verführungsmanöver.
»Ich werde es mir überlegen«, murmelte Sybill und fuhr mit den Fingern an seinem Nacken entlang. Wenn Phillip sie verführte, konnte sie schließlich das Gleiche tun. »Und sage Ihnen Bescheid.«
Als das Lied zu Ende war und die Band mit gleicher Lautstärke und schnellerem Tempo zum nächsten Song überging, entglitt sie Phillip. »Ich muss gehen.«
»Was?« Er beugte sich herab, damit sie in sein Ohr rufen konnte.
»Ich muss gehen. Danke für den Tanz.«
»Ich bringe Sie nach draußen.«
Wieder am Tisch, zog Phillip ein paar Scheine aus der Tasche, und Sybill raffte ihre Sachen zusammen. Beim ersten Schritt in die kühle ruhige Nacht musste sie lachen. »Ein interessanter Abend. Danke, dass Sie dazu beigetragen haben.«
»Wenn nicht, wäre mir etwas entgangen. Es ist noch nicht spät«, fügte er hinzu und nahm ihre Hand.
»Für mich ist es spät genug.« Sybill zog ihre Wagenschlüssel aus der Tasche.
»Kommen Sie morgen zur Werft. Dann zeige ich Ihnen alles.«
»Ja, vielleicht komme ich vorbei. Gute Nacht, Phillip.«
»Gute Nacht, Sybill.« Er machte sich nicht die Mühe, der Versuchung zu widerstehen, sondern hob ihre Hand an die Lippen. Über ihre Finger hinweg sah er ihr tief in die Augen. »Ich bin froh, dass Sie St. Christopher gewählt haben.«
»Ich auch.«
Sybill stieg in ihren Wagen und war dankbar, sich darauf konzentrieren zu müssen, das Licht und den Motor einzuschalten und die Bremse zu lösen. Autofahren war nicht ihre Stärke, nachdem sie ihr Leben lang öffentliche Verkehrsmittel oder Wagen mit Chauffeur benutzt hatte.
Es kostete sie ihre gesamte Aufmerksamkeit, den Rückwärtsgang einzulegen, zu wenden und in die Straße einzubiegen. Dabei ignorierte sie bewusst den Nachhall der Berührung von Phillips Lippen auf ihrem Handgelenk.
Einem Blick in den Rückspiegel, um ihn noch einmal zu sehen, bevor sie wegfuhr, konnte sie allerdings nicht widerstehen.
Phillip kam zu dem Schluss, dass es enttäuschend sein würde, jetzt in den Pub zurückzukehren. Auf dem Nachhauseweg dachte er an Sybill, an ihre Art, die Brauen zu
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