Hafen der Träume: Roman (German Edition)
heben, wenn sie etwas betonen wollte oder sich über eine Bemerkung amüsierte. Er dachte an ihren dezenten feinen Duft und das darin enthaltene Versprechen. Wenn ein Mann ihr nahe genug kam, um einen Hauch davon zu spüren, könnte er ihr vielleicht wirklich ein wenig näher sein.
Phillip war überzeugt, dass Sybill eine Frau war, die näher kennen zu lernen und dafür mehr Zeit zu investieren sich lohnte. Sie war schön, klug, gebildet und kultiviert.
Und sie besaß genug sexuelle Ausstrahlung, um seine Hormone in Habachtstellung zu versetzen.
Phillip mochte Frauen, und seit er mit seiner Zeit haushalten musste, fehlten ihm die Gespräche mit ihnen. Nicht, dass es ihm keinen Spaß machte, sich mit Anna und Grace zu unterhalten. Aber, ehrlich gesagt, das war nicht das Gleiche wie mit einer Frau zu reden, bei der er sich vorstellen konnte, wie es mit ihr im Bett sein würde.
Gerade dieser Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen hatte in letzter Zeit sehr gelitten. Nach zehn oder zwölf Stunden Arbeit kehrte er meist erschöpft in seine Wohnung zurück und wollte nur noch schlafen. Seit Seth zur Familie gehörte, war sein früher interessantes und abwechslungsreiches gesellschaftliches Leben beinahe zum Erliegen gekommen.
Die Woche war angefüllt mit Terminen bei Kunden und Anwälten. Die Versicherungsgesellschaft wehrte sich noch immer gegen die Auszahlung der Lebensversicherung seines Vaters. Außerdem würde in den nächsten drei Monaten über die Erteilung des endgültigen Sorgerechts für Seth entschieden werden. Es war Phillips Aufgabe, beide Fälle voranzubringen und die Berge an Papierkram sowie die Telefonate zu bewältigen. Detailarbeit war seine Stärke.
An den Wochenenden wurde er von Haushaltspflichten beansprucht, die Werft forderte seine Zeit, und er musste sich um liegen gebliebene Akten aus dem Büro kümmern.
Alles in allem, resümierte Phillip traurig, blieb nicht viel Zeit für romantische Abendessen mit hübschen Frauen und noch viel weniger für das vertraute Ritual, mit diesen Frauen zwischen die Laken zu schlüpfen.
Das erklärte die rastlose und niedergeschlagene Stimmung, die ihn neuerdings befiel. Wenn sein Sexualleben buchstäblich brachlag, wurde ein Mann unausgeglichen.
Als Phillip in die Zufahrt bog, lag das Haus im Dunkeln. Nur die Lampe an der Veranda warf einen schmalen Lichtschein. Freitagabend, weit vor Mitternacht, dachte Phillip seufzend. Wie sich das Leben änderte. Früher wären er und seine Brüder um diese Zeit unterwegs gewesen, auf der Suche nach Unterhaltung. Den widerstrebenden Ethan hatten Cam und er zwar jedes Mal mitschleppen müssen, doch wenn er einmal überredet war, machte er jeden Spaß mit.
Die drei jungen Quinns hatten nur wenige Freitagabende verschlafen.
Heute war Cam sicher brav zu Hause, oben im Zimmer bei seiner Frau, dachte Phillip und stieg aus dem Geländewagen. Und Ethan hatte es sich mit Grace in ihrem kleinen Haus gemütlich gemacht. Beide mit zufriedenem Lächeln, daran zweifelte Phillip nicht.
Verdammte Glückspilze.
Phillip wusste, dass er noch nicht schlafen konnte. Er ging um das Haus zum Wasser, wo die Bäume bis ans Ufer reichten.
Der Mond stand voll und rund am Nachthimmel. Sein mattes weißes Licht fiel auf das dunkle Wasser und tauchte das Schilfrohr und die Wasserpflanzen in einen bleichen Schimmer.
Zikaden sangen ihr helles monotones Lied, und weiter hinten in den Bäumen schrie eine Eule.
Phillip liebte die Geräusche der Stadt vielleicht mehr, die menschlichen Stimmen und den gedämpft durch die Scheiben hereindringenden Verkehrslärm. Aber dieser Platz am Wasser übte immer wieder seinen Reiz auf ihn aus. Er vermisste das hektische Stadtleben, die Theater, Museen, die vielen Restaurants und die Menschen unterschiedlichster Herkunft, und gleichzeitig schätzte er den Frieden und die Sicherheit, die dieser Ort ihm schenkte. Seit er zum ersten Mal hierher gekommen war.
Hätte es dies alles nicht gegeben, wäre er mit Sicherheit wieder in der Gosse gelandet. Und dort gestorben.
»Du hast immer mehr als die Gosse für dich gewollt.«
Ein Frösteln packte ihn, von den Eingeweiden bis in die Fingerspitzen. Dort, wo vorher nur das Mondlicht durch die Bäume geschimmert hatte, stand jetzt sein Vater. Phillip starrte ihn an. Es war Ray Quinn, den sie vor sechs Monaten begraben hatten.
»Ich habe nur ein Bier getrunken«, hörte Phillip sich sagen.
»Du bist nicht betrunken, mein Sohn.« Ray trat vor. Das helle Mondlicht
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