Hafen der Träume: Roman (German Edition)
zu Ihrer Information: Ich weiß nicht, was ich im Augenblick von Ihnen halte.«
»Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
»Ja, Sie haben mir Fakten genannt. Sie haben mir nicht gesagt, wie Sie sich fühlen, welche Wirkung diese Fakten auf ihre Gefühle hatten.«
»Das ist nicht das Thema.«
»Ich mache es zum Thema. Wir sind ineinander verstrickt, Sybill, ob uns das gefällt oder nicht. Seth ist Ihr Neffe und meiner. Mein Vater und ihre Mutter hatten eine Affäre. Und wir sind drauf und dran, eine zu beginnen.«
»Nein«, widersprach sie mit Bestimmtheit. »Sind wir nicht.«
Er wandte sich ihr zu. Die Sonne blitzte auf seiner Brille. »Das wissen Sie doch besser. Sie gehen mir nicht aus dem Sinn, und ich spüre es, wenn es einer Frau genauso geht.«
»Und wir beide sind alt genug, um unsere Triebe unter Kontrolle zu halten.«
Er sah sie einen Augenblick an, dann lachte er. »Klar, das sind wir. Und es ist nicht der Sex, der Ihnen zu schaffen macht. Es ist die menschliche Nähe.«
Damit traf er voll ins Ziel. Und das ärgerte sie weniger, als es ihr Angst machte. »Sie kennen mich nicht.«
»Ich fange an, Sie kennen zu lernen«, entgegnete er gelassen. »Und auch ich gehöre zu den Menschen, die das zu Ende führen, was sie begonnen haben. Ich bin grade dabei.« Seine Stimme war weich geworden. »Vorsicht, Baum.«
Sie wich aus und setzte sich. Dann erkannte sie die kleine Bucht, wo sie Wein getrunken und Pastete gegessen hatten. Vor einer Woche, dachte sie benommen. Seither hatte sich so viel geändert. Alles hatte sich geändert.
Sie durfte nicht hier mit ihm sein, durfte kein Risiko eingehen. Der Gedanke, ihn auf Distanz zu halten, erschien ihr mittlerweile absurd. Dennoch wollte sie es versuchen.
Sie beobachtete ihn kühl, glättete sich das glänzende Haar, das der Wind zauste. Mit einem ätzenden Lächeln spottete sie: »Kein Wein heute? Keine Musik, keine leckeren Delikatessen?«
Er holte die Segel ein und sicherte das Boot. »Sie haben Angst.«
»Sie sind arrogant. Und Sie bringen mich nicht aus der Fassung.«
»Jetzt lügen Sie.« Er trat auf den leicht schaukelnden Planken auf sie zu und nahm ihr die Brille ab. »Ich bringe
Sie sogar ziemlich aus der Fassung. Sie denken, Sie hätten mich im Griff, und dann verhalte ich mich anders, als es in Ihrem Drehbuch steht. Ich glaube, die meisten Männer, die Sie in Ihrem Leben an sich herangelassen haben, waren ziemlich vorhersehbar. Das machte die Sache einfacher für Sie.«
»Verstehen Sie das unter Ablenkung?« konterte sie. »Ich sehe darin eher eine Konfrontation.«
»Sie haben Recht.« Er nahm seine Sonnenbrille ab und warf sie auf die Bank. »Analysieren können wir später.«
Sybill wusste, dass er blitzschnelle Reaktionen hatte, ahnte aber nicht, dass er sich von einer Sekunde zur anderen vom Zyniker in einen Liebhaber verwandeln würde. Sein Mund legte sich heiß, hungrig und fordernd auf ihre Lippen. Seine Hände umfingen ihre Arme und pressten sie an seinen sehnigen Körper. Hitze, Verlangen entströmten ihm und gingen auf sie über.
Es stimmte, als er ihr gesagt hatte, sie gehe ihm nicht aus dem Sinn. Ob sie jedoch für ihn Gift oder Rettung bedeutete, zählte im Moment nicht. Er war von ihr besessen, und er war machtlos dagegen.
Er schob sie eine Winzigkeit von sich, löste seine Lippe von ihr, so dass ihre Gesichter einander sehr nah blieben. Seine Augen leuchteten goldbraun und warm. »Sag mir, dass du mich nicht willst, dass du das nicht willst. Und wenn du es auch wirklich meinst, höre ich augenblicklich auf.«
»Ich …«
»Nein.« Ungeduldig rüttelte er sie, bis sie ihren Blick wieder hob. »Nein. Sieh mich an und sag es.«
Sie hatte bereits gelogen, und die Lügen lasteten wie Blei auf ihrer Seele. Sie konnte nicht noch eine Lüge ertragen. »Dadurch wird alles nur schwieriger, komplizierter.«
Triumph flackerte in seinen Augen. »Da hast du verdammt
Recht«, murmelte er. »Und im Augenblick ist mir das völlig einerlei. Küss mich«, befahl er.
Sie verlor die Kontrolle. Dieses primitive, ungezügelte Verlangen war neu für sie und machte sie hilflos. Ihr Mund vereinigte sich mit seinem in einem hungrigen, fordernden Kuss. Und ihr kehliges Stöhnen war ein Echo auf das fiebernde Pochen zwischen ihren Schenkeln.
Sie hörte auf zu denken, atemberaubende Empfindungen schwappten über sie hinweg, süßes, kribbelndes Sehnen durchrieselte sie. Der Kuss wurde beinahe schmerzhaft, als seine Zähne an ihren Lippen
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