Hafenweihnacht
die Fragen immer intensiver das Verhältnis ihres Mannes zu Drohst behandelten und sich dann auf ihren Mann festlegten. Wie das Verhalten ihres Mannes in letzter Zeit gewesen sei, warum er ihr nicht vom Tod seines Mitarbeiters erzählt hatte, ob es Schwierigkeiten gab – familiär, beruflich?
Sie wurde einsilbig und fragte, was ihr Mann mit dem Tod von Jochen Drohst zu tun haben sollte. Als die beiden Polizisten vielsagend schwiegen, stellte sie die kluge Frage, wo ihr Mann sich derzeit befinde. Mit Lydia Nabers Auskunft, er befände sich auf der Dienststelle in Lindau, war das Gespräch für Viviane Zuger beendet. Sie verbarg ihren Ärger hinter der geschäftsmäßigen Höflichkeit, welche Menschen eigen ist, die über Optionen des Handelns verfügen, und als die beiden Polizisten die Galerie verließen, wählte sie schon die Nummer der Kanzlei, die sie in allen Angelegenheiten vertrat. Ihre Blicke folgten den beiden Polizisten, die draußen in ihr Auto einstiegen und einen Augenblick in den bereits geöffneten Türen innehielten und über das Autodach hinweg einige Worte miteinander tauschten. Sie sah die Gesichter und konnte darin weder Genugtuung oder Triumph feststellen. Es war immer noch neblig und wie benommen verfolgte sie, wie die roten Rückleuchten des Passats im Grau verglommen.
Lydia Naber informierte Schielin umgehend: Der schwarze Audi war zur Tatzeit für Adrian Zuger in Lindau verfügbar gewesen. Das war die wichtige Nachricht. Jetzt war sie auf diesen Typen gespannt.
*
Schielin öffnete die Tür zum Vernehmungsraum ohne anzuklopfen. Adrian Zuger fuhr zusammen. Die Begrüßung fiel knapp und distanziert aus. Schielin formte umständlich den Stapel Papier, den er dabeihatte, und leitete mit der Erklärung ein, dass es noch einige offene Fragen zu erläutern gäbe. Adrian Zuger saß in lockerer Haltung auf dem einfachen Holzstuhl, den er so weit vom Tisch weggerückt hatte, dass er seine Beine überschlagen konnte. Sein Oberkörper fand Halt an der Lehne und die Hände lagen gefaltet im Schoß. Eine Haltung, die Souveränität und Gelassenheit demonstrieren sollte.
Schielin blätterte nervös im Papierstapel. »Sie haben diese Firma BIS gegründet?«
Adrian Zuger lächelte. »Ja, das wissen Sie aber doch schon.«
Schielin nahm den Blick nicht von seinen Unterlagen.
»Wir haben inzwischen einige Nachforschungen angestellt, Herr Zuger. Die Firmengründung in Bregenz erfolgte einige Jahre nach Ihrem Studium. In der Zeit dazwischen hatten Sie einige Jobs, haben einige Auslandsreisen unternommen. Sie haben das Haus in Lindau kurz nach der Firmengründung erworben. Es gibt keine Eintragungen über eine Grundschuld für das Anwesen. Woher stammte das Geld?«
Adrian Zuger veränderte seine Haltung nicht. Als er antwortete, klang seine Stimme etwas tiefer. »Ich möchte zur Finanzierung der Firma keine Auskünfte geben. Das geht niemanden etwas an. Ich dachte, es geht hier um den Tod von Jochen Drohst.«
Schielin nahm den Blick von den Unterlagen und fixierte Zuger. »Genau darum geht es. Noch mal die Frage. Woher hatten Sie das Geld, um das Anwesen auf der Bäuerlinshalde zu erwerben und die Firma in Bregenz zu gründen? Diese Frage steht in Zusammenhang mit dem Tod von Jochen Drohst.«
Adrian Zuger lächelte kühl. »Ich halte es bedauerlicherweise für erforderlich einen Anwalt zu dem Gespräch hinzuzuziehen, denn es nimmt einen Verlauf, den ich so nicht erwartet hatte. Ich war bisher kooperativ. Die Fragen, die Sie hier stellen, überschreiten Ihre Kompetenzen.«
Schielin streckte die rechte Hand aus und seine Finger vollzogen eine aggressive, fordernde Bewegung. »Geben Sie her! Auf! Kommen Sie schon! Die Telefonnummer Ihres Anwalts, wir werden ihn verständigen! Nun zu, kommen Sie schon, geben Sie her!«
Das rücksichtslose Drängen Schielins setzte Adrian Zuger unter Druck und er war gezwungen die lässige Position aufzugeben. Er nannte Namen und Adresse seines Anwalts.
»Ulm?«, krächzte Wenzel wie ein alter Mafiosi, »Ulm? Das wird eine Weile dauern, bis er da ist, der Herr Anwalt.«
»Ja. Das wird eine Weile dauern«, stellte Adrian Zuger fest und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück.
»Wir werden warten«, sagte Schielin.
Adrian Zuger beugte sich nach vorne und drohte: »Sie wissen gar nicht, mit wem Sie sich angelegt haben, Herr Schielin, das können Sie sich gar nicht vorstellen.«
Schielin sah ihm ruhig ins Gesicht, neigte seinen Kopf von rechts nach links, so als
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