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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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betrachte er einen exotischen Vogel. Dann sprach er langsam: »Sie wissen noch nicht, mit wem Sie es zu tun haben. Worauf … worauf vertrauen Sie?«
    Als er nicht antwortete, fragte Robert Funk mit tiefem Bass: »Wo waren Sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag letzter Woche?«
    »Zu Hause, wie ich es Ihrem Kollegen bereits gesagt habe«, kam es gelangweilt.
    »Und Sie haben keine Zeugen dafür?«
    »Für gewöhnlich brauche ich keine Zeugen, wenn ich alleine zu Hause bin.«
    »Für gewöhnlich werden Ihre wichtigsten Mitarbeiter nicht im Lindauer Hafenbecken ersäuft«, sagte Schielin mit lauter Stimme, »Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Worauf vertrauen Sie? Auf Ihren Anwalt, auf Ihr Alibi, das keines ist … auf Ihre Firma …?«, er holte Atem und ließ eine Pause entstehen, nach dem Wort Firma. Etwas war noch zu sagen, was damit in Zusammenhang stand, doch Schielin sprach nicht weiter. Adrian Zuger, der starr die Tischplatte fixiert hatte, um den Blicken der Polizisten auszuweichen, war auf diesen plumpen dramaturgischen Trick hereingefallen und hatte den Blick erwartungsvoll gehoben. »Vertrauen Sie vielleicht Ihren Kumpels vom Geheimdienst, die Ihnen die Kohle für die Firma und noch einiges dazu gegeben haben? Vertrauen Sie wirklich darauf, dass die, ausgerechnet die Sie aus dieser Sache raushauen – ein Mord? Ich muss Ihnen sagen, da sollten Sie lieber auf den Teppichhändler vertrauen, der an der Tür klingelt, oder dem Uhrenverkäufer, der die echte Rolex im Mantelrevers vorführt.«
    Adrian Zuger ließ keine äußerliche Reaktion erkennen. Das bestätigte Schielin in der Vermutung, die er gehabt hatte.
    Er erinnerte sich wieder an ihr Zusammentreffen im Büro in Bregenz, als Zuger aufgestanden und an die Glasfront seines Büros getreten war. Tja, dachte er nun – hier in diesem Raum kann niemand sein Gesicht zu verbergen, kann niemand geheim halten, was Erinnerung, Gewissen, Gefühle im eigenen Gesicht veranstalten, lesbar veranstalten. Hier waren nur bleiche, brüchig verputzte Wände. Wer vom Stuhl aufstand, fand sich in einer Ecke wieder.
    Wenzel sagte kumpelhaft: »Also auf die Typen ist genau dann kein Verlass, wenn man sie braucht, aber das wissen Sie doch, das stand doch im Kleingedruckten.«
    Schielin sprach weiter: »Sie hatten eine geniale Idee und einen genialen, wenn auch schwierigen Typen an der Hand. Ihre Software ermöglichte zwei Dinge – den Zugang zu Firmennetzwerken und den Zugang zu höchst sensiblen, persönlichen Daten von unzähligen Menschen, womöglich in Schlüsselindustrien. Für Schlapphüte eine unwiderstehliche Gelegenheit. Für Sie war es eine fantastische Chance. Tolle Hotels und Restaurants, Geld – spielte alles keine Rolle. Nicht die hässlichen Büros der Banken, in denen die start-ups abgewickelt werden und die Jobanfänger um ihre Karriere feilschen und den großen Ideen im Wege sind. Klingt im ersten Augenblick unwirklich und banal, aber so war es, nicht wahr? Die goldene Zukunft vor sich, verkauft man schon mal seine Seele, Herr Zuger, nicht wahr! Irgendwann ist Zahltag. Was ist geschehen?
    Weshalb ist Ihr Mastermind ausgestiegen? Ich vermute, er hatte einfach keine Lust mehr. Der unberechenbare Jochen Drohst. Oder hat er rausbekommen, was da getrieben wurde? Und so einfach, wie er sein Dasein führte, war er ja mit nichts zu ködern – nicht mit Geld, Autos, Reisen, Frauen …«
    Adrian Zuger war bleich geworden. Er antwortete nicht, sondern schüttelte nur den Kopf.
    Robert Funk übernahm, als nach einer Weile keine Antwort kam, um eine Abwechslung zu erzeugen. »Ist ja auch egal, dieser Geheimdienstkäse. Die zwei entscheidenden Fragestellungen sind für uns beantwortet: Sie hatten ein Motiv, um Jochen Drohst zu töten, und Sie waren zum Tatzeitpunkt im Lindauer Hafen …«, er sah kurz hinüber zu Schielin, der mit einer Körperdrehung sein Okay gab. Er wusste, was Funk wollte. »… man hat Sie mit Ihrem schwarzen Audi dort gesehen. Ein auffälliges Auto, ein begehrtes zumal und vor dem Bahnhof gibt es auch mitten in der Nacht wache Augen.«
    Zuger unternahm einen Versuch. »Es ist das Auto meiner Frau.«
    Schielin antwortete sofort: »Sie hat uns berichtet, mit dem Zug nach Tübingen gefahren zu sein. Stellen Sie sich darauf ein, sie für längere Zeit nicht zu sehen.«
    Das hatte gesessen. Zum ersten Mal geriet Adrian Zugers Mimik außer Kontrolle. Der rechte Backenmuskel zitterte heftig, so wie das geschah, wenn die Backenzähne im

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