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Hahn im Korb.

Hahn im Korb.

Titel: Hahn im Korb. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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auch den Fliegen! Und auch den Malariamücken!«
      »Ist ja in Ordnung, doch da die Faschisten den Krieg verloren haben, sieht es so aus, daß die Schnaken …«
      »Was heißt, ›ist ja in Ordnung‹! Die Schnaken haben damit überhaupt nichts zu tun! Die Schnaken schießen nicht mit der lupara m itten im Dorf!«
      Mit einem Schlag herrschte Schweigen im Café. Die Gesichter derjenigen, die vergnügt dem Wortgefecht beigewohnt hatten, nahmen einen ernsten und leicht abwesenden Ausdruck an.
    »Es wurde geschossen?« fragte Vasalicò ehrlich
    überrascht. Und da er sah, in welche Richtung sich das Wortgeplänkel entwickelte, schlug er dem Cavaliere gegenüber einen anderen Ton an.
      »Hören Sie, Sie sollten sich zweimal überlegen, was Sie sagen. Was hat mein Bruder denn damit zu tun? Wischen Sie sich erst einmal das Maul ab, bevor Sie so über meinen Bruder reden, haben Sie verstanden?!«
      »Ich rede, wie es mir paßt! Sie sind es, der hier provoziert!« Der Cavaliere war aufgestanden und hielt den Mürbeteigkeks drohend in der Faust.
      »Sie können mich mal am Arsch lecken! Kümmern Sie sich lieber mal um Ihren Enkel!«
      Das war ein knallharter Schlag unter die Gürtellinie. Die Tochter des Cavaliere hatte genau ein Jahr nach der feindlichen Besetzung ein Kind zur Welt gebracht, das eine sehr viel dunklere Hautfarbe hatte, als die Sizilianer sie für gewöhnlich haben. Mutter und Sohn waren sofort nach der Niederkunft zu einer Schwester des Cavaliere geschickt worden, die in Taranto lebte, doch für die Hebamme war die Sache ein gefundenes Fressen und damit bald in aller Munde. Der Cavaliere, längst nicht mehr rot, sondern gewitterblau im Gesicht, warf hundert Lire auf den Tisch und ging hinaus; es hatte ihm buchstäblich die Sprache verschlagen.
      Vasalicò näherte sich der Theke und blickte Masino, der ihm eine Tasse Kaffee reichte, durchdringend in die Augen. Masino antwortete auf die stumme Frage mit einem kaum vernehmbaren Murmeln: »Auf Vito.«
      Vasalicò wäre, wie vom Schlag getroffen, beinahe die Tasse aus der Hand gefallen.
    »Auf Vito?«
    Bei dem unablässigen Klopfen an der Haustür wurde Vito langsam wach; es dauerte einige Zeit, bis er den bleiernen Schlaf, der ihn kurz nach dem Morgengrauen übermannt hatte, verscheucht hatte.
      »Jesus Christus, es ist schon spät«, dachte er, kaum war er bei Bewußtsein, dann sprang er aus dem Bett und ging Richtung Tür. Die Erinnerung an das, was am Vorabend geschehen war, schlug wie aus dem Hinterhalt zu, und für einen Augenblick bekam er weiche Knie. Sollte er aufmachen? Andererseits konnte er sich ja nicht auf Lebzeiten in der Wohnung einschließen.
      »Wer ist da?« fragte er mit einer Stimme, die ihm nicht wie die seine vorkam.
    »Ich bin's, Pinuzzo.«
      Er machte auf. Pinuzzo, der Gehilfe, der ihm für zwei Eier pro Tag und fünfzehntausend Lire im Monat im Hühnerstall unter die Arme griff – dreitausend Hühner, die außer seiner einzigen Verdienstquelle auch sein ganzer Stolz waren –, stand auf der Schwelle und sah ihn fragend an.
    »Was stehst du da herum? Komm rein.«
    »Gehen Sie heute nicht aufs Land?«
    »Komm rein«, drängte Vito ihn und trat beiseite.
      »Nein, heute nicht. Ich habe diese Nacht nicht geschlafen.« Er biß sich auf die Zunge, weil ihm diese Worte entschlüpft waren: Pinuzzo würde keine Zeit verlieren und sie den Lästermäulern zuspielen.
      »Geh du. Hier sind die Schlüssel. Gib den Hühnern das Futter und sammel die Eier ein. Du kannst sie im Schuppen lassen, ich gehe später hin, um sie abzuholen.«
      Das Rasieren machte ihm einige Mühe, und er schnitt sich viermal.
    Als der Maresciallo Corbo sich um acht Uhr den Bauern vorführen ließ, begriff er sofort, daß die Nacht dem Mann zu einem klaren Kopf verholfen hatte. Mit anderen Worten: Er brauchte bei ihm nur das begonnene Zeremoniell mit der Übernachtung in Sicherheitsverwahrung, den Drohungen und Versprechungen fortzusetzen, damit der Bauer sich nicht wie ein Verräter vorkam, wenn er sich entschied, den Mund aufzumachen. Er ließ ihn Platz nehmen, bot ihm einen Cappuccino und eine Zigarette an, sagte ihm, daß er ja verstehe, wie unbequem es sein müsse – besonders für jemanden, der nicht daran gewöhnt war –, auf der Holzpritsche zu schlafen. Er sah sich bemüßigt zu erklären, daß er nicht wie der Maresciallo Cangemi von der Sondereinheit in Masàra sei, dessen Methoden, mit denen er selbst Taubstumme

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